DOKUMENTATION
| Kunsthalle Nürnberg - Alan Frederick
Sundberg Kunstausstellung - Museum [15.Juni - 19.August 1984]
Alan F. Sundberg,
"Walking In The Rain", 1984
Die
kleine und die große Welt von A.F. Sundberg
Dr.
Curt Heigl
Direktor
Kunsthalle
Nürnberg
Alan Frederick Sundberg ist, obwohl
noch nicht lange in unseren Breitengraden, kein unbekannter Maler mehr.
Mit seinen hochsensiblen Zeichnungen, Aquarellen und Gouachen hat er sich
eine erkennbare Position erarbeitet, die ihn als eigenwilligen Künstler
innerhalb der heutigen Kunstszene ausweist.
Papier ist sein Material, das manchmal
vor der Verarbeitung gewaschen und präpariert wird. Dabei versucht
er die Oberfläche speziell für seine nachfolgenden Zeichnungen und
Aquarelle zu bearbeiten. Bleistift, Feder, Aquarellpinsel, Farbe und Tusche
sind seine Materialien, die er wie ein erfahrener Handwerker gekonnt einsetzt
und in vielen Techniken verarbeiten kann.
Die Zeichnung ist der historische
Anfang und die elementare Grundlage aller Bildnerei, und neben und vor
aller künstlerischen Äußerung ist sie das elementarste
Ausdrucksmittel des Menschen, kann sie selbst für Alltagsbelange als
Sprach- und Arbeitsinstrument dienen. Alan F. Sundberg hat seine eigene
"Zeichensprache" entwickelt, deren Verwandtschaft mit Paul Klee und Lyonel
Feininger manchmal spürbar ist, was ihn zugleich in den großen
Kontext der Zeichnungsinterpreten einreiht.
Doch seine Zeichnungen sind seine
persönlichen Zeichen und Kürzel, Linien, Punkte, Quadrate, Dreiecke
und Kreise, die wie eine Geheimschrift nur von ihm selbst völlig entschlüsselt
werden können, soweit er überhaupt bereit ist, dies zu tun. Für
den Betrachter bleibt ein Stück Geheimnis bei seinen Blättern
erhalten, das wiederum den Reiz seiner Arbeit steigert.
Bis vor kurzem war A.F. Sundberg
für mich ein Meister des Kleinformates, was durch einen Aufenthalt
in Südchina und die Begegnung mit dessen Kunst wesentlich bestimmt
wurde. Er betonte auch damals: "Meine Welt ist die kleine Welt", die sich
aber in der Zwischenzeit verändert und vergrößert hat.
Seine Ausstellung
in 1981 hat mich überrascht: Die Grenzen des Formats sind in den neuen
Arbeiten überschritten, die kleine Welt ließ sich widerspruchslos
in die großformatige Zeichengeste übertragen.Die Gestaltung
eines ganzen Raumes und eines environments mit zeichnerischen Mitteln setzt
das Spiel von Mikrokosmos und Makrokosmos fort. So bewegt sich die begonnene
Linie in einer kleinformatigen Zeichnung weiter über den Rand fort
und sprengt dadurch den Rahmen, läuft weiter und bewegt sich selbständig
über die Wand.
Die Handschrift des Künstlers
bleibt dabei erkennbar, nur das Format hat sich verändert, was als
künstlerische Befreiung aus dem engen Rahmen gelesen werden kann.
Der nächste Schritt bewegt sich in den plastischen Bereich, in das
"Raumgreifende". Damit füllt sich nicht nur ein gestalteter Raum für
den Künstler, sondern zugleich erweitert sich sein Lebensraum, aus
dem er immer wieder neu schafft.
Für Joseph Beuys ist das Zeichnen
eine Art zu denken oder eine Denkfolge ... Fragen des Stiles stellen sich
nicht mehr: das Können kann nur an seiner Fähigkeit zu wachsen
gemessen werden. Formen und Material entwickeln und weitern sich gleichzeitig
mit dem Gedanken aus.
Bei Alan Frederick Sundberg sehe
ich ähnliche Tendenzen, deren künstlerische
Grenzen noch nicht erkennbar sind, da sein Konzept noch wesentlich
erweiterungsfähig ist. Für seine Weiterentwicklung begleiten
ihn meine guten Wünsche.
Dr. Curt Heigl, Direktor
der Kunsthalle Nürnberg
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1. [vgl. Karin
Thomas Monografie - "Alan Frederick Sundberg" - Verlag Galerie Utermann,
1983, Dortmund], dort S. 183ff.: "Dokumentation: Wandzeichnungen, Raumgestaltung,
Projekte"
2. [vgl. "DuMont's
Künstler Lexikon: von 1945 bis zur Gegenwart". Karin Thomas u. Gert
de Vries. 3.überarbeitete Auflage 1981, Köln], dort S. 316
3. [vgl. Ausstellungskatalog
"Alan Frederick Sundberg", Galerie Thomas, 1981, München, (Ausstellung
vom 6.11.1981 bis 18.1.1982, mit Vorwort von Raimund Thomas) und Ausstellung
"Zeichnungen bei Thomas" (vom 24.11.1983 bis 30.1.1984)]
4. [vgl. Heinrich
Hahne - "Wort und Bild: 100 Künstler in der Kritik", Wienand Verlag,1990,
Köln], dort S. 202
5. [vgl. Hans
Bolliger Katalog 9, 1983, Zürich], dort S.85ff.: A.F.Sundbergs
Illustrierte Bücher und Graphik