Mantiq al-tair
 'Die Logik der Vögel' 

Farid ud-Din cAttar



Painting: "Habib Allah: The Assembly of the Birds:
Page from a manuscript of the Mantiq al-tair (The Language of the Birds)
of Farid al-Din
cAttar  (63.210.11)".
In
Timeline of Art History. New York:
The Metropolitan Museum of Art,
2000– http://www.metmuseum.org/toah/ho/08/wai/hod_63.210.11.htm (October 2006)
 

Miniature painting: the hoopoe speaks to the peacock.
Mantiq al-tayr of  'Attar. Persian MS. Add. 7735, f. 30v.
Courtesy of the British Library.



 



 



 

Farid ud-Din Abu Hāmid Muhammad ben Ibrāhīm
'Farid ud-Din cAttar'


Farid lebte im 12. Jahrhundert C.E. und schrieb viele Bücher in persischer Sprache. Das 'Mantiq al-tair' [1], das 'Musibat-name', oder das 'Asrar-name'. Das 'Mantiq al-tair'  ist bekannt als  Die Konferenz der Vögel  oder Vogelgespräche. Man kann es aber auch Die Logik der Vögel nennen, denn dasMantiq ist nicht nur das Sprechen, sondern auch die Logik. Attar schrieb darin viele einzelne Geschichten, in welchen der grosse erkennbare Zusammenhang verborgen ist.




Mantiq al-tair
 'Die Logik der Vögel' 

Farid ud-Din cAttar

 

Epilog

"Oh Attar! Du hast die Inhalte des Fasses der Düfte des Verborgenen über die Welt verstreut.
Die Horizonte der Welt sind gesättigt mit Deinen Parfümen und Liebende sind erregt durch Dich.

Deine Verse sind Deine Siegel;
und sie sind bekannt als Mantiq al-Tair und Makamat ut-Tiyur.

Diese Konferenzen, Gespräche und Reden der Vögel sind die Schauplätze des Weges der Verwirrung;
oder, man könnte sagen, sie sind der Diwan der Berauschung.

Betrete diesen Divan mit Liebe.
Wenn das Pferd Deiner Liebe lossprengt und Du etwas begehrst, so handle in Übereinstimmung mit Deinen Wünschen.

Liebe ist das Heilmittel für alle Krankheiten,
und es ist das Heilmittel für die Seele in den zwei Welten.

Oh, Du, der Du den Weg der inneren Erkenntnis betreten hast,
lies mein Buch nicht nur als ein poetisches Werk, oder ein Buch der Magie,

sondern lies es mit Einsicht; und dafür muss man hungrig sein auf etwas,
unzufrieden mit sich selbst und dieser Welt.

Der, der nicht am Wohlgeruch meiner Reden gerochen hat,
hat den Weg der Liebenden nicht gefunden.

Aber der, der es aufmerksam liest, wird belebt werden,
und wird würdig sein den Weg zu betreten von dem ich sprach.

Jene der äußeren Welt werden hinsichtlich meiner Reden wie ertrinkende Menschen sein;
doch die Menschen der inneren Welt, werden meine Geheimnisse verstehen.

Mein Buch ist die Zierde seiner Zeit; es ist zum Einem ein Geschenk für besondere Menschen
und eine Gabe für die gewöhnlichen Menschen.

Wenn ein Mann, kalt wie Eis, dieses Buch liest,
wird er fort geschossen wie Feuer aus einem Schleier der das Mysteriöse vor ihm verbirgt.

Meine Schriften haben eine erstaunliche Besonderheit -
sie geben mehr Gewinn, je nachdem wie und auf welche Weise sie gelesen werden.

Wenn Du oft über sie nachdenkst, werden sie Dir jedes Mal mehr geben.
Der Schleier dieser Haremsfrau wird für
 Dich nur allmählich beiseite gezogen am Ort der Ehre und Barmherzigkeit.

Ich habe Perlen des Ozeans der Meditation verstreut;
dadurch bin ich frei zu sprechen, und dieses Buch ist mein Beleg.

Aber wenn ich mich selbst zuviel lobe, mögest Du das nicht gut heißen;
obwohl der, der unparteiisch ist, meinen Verdienst erkennen wird,
das 'Licht meines Vollmondes' ist nicht verborgen.

Wenn ich nicht erinnert werde für mein Selbst,
so sollte ich doch erinnert werden bis zum Wiedererwachen der Perlen der Poesie,
welche ich über die Köpfe der Menschen verstreut habe.

Die Himmelgewölbe werden sich auflösen bevor dieses Gedicht vergehen wird.
Leser! Wenn Du etwas Wohlbehagen erfährst durch das Lesen dieses Gedichtes mit Aufmerksamkeit,
erinnere Dich an den Schreiber in Deinen Andachten.

Ich habe hier und da Rosen aus dem Garten ausgestreut.
Denkt gern an mich, Oh meine Freunde!

Jeder Lehrer offenbart seine Gedanken auf seine eigene spezielle Weise, und dann verschwindet er wieder.
Wie meine Vorgänger habe ich den Vogel meiner Seele offenbart für jene, die schlafend sind.

Vielleicht hat der Schlaf, der Dein Leben füllt, Dich ferngehalten von diesen Reden;
aber wenn Du ihnen begegnest, wird Deine Seele aufgeweckt durch das Geheimnis das es offenbart.

Jetzt raucht mein Kopf, wie der Platz in der Nische, an dem eine Lampe steht.
Ich habe zu mir gesagt . Oh Du, der soviel redet, solltest statt viel zu reden, dich selbst an den Kopf fassen und die Geheimnisse suchen.

Was ist der Zweck aller dieser Erzählungen für die Menschen, die mit Egoismus korrumpiert sind?
Was kann aus den Herzen kommen, das mit Eitelkeit und Stolz eingenommen ist?

Wenn Du möchtest, dass der Ozean Deiner Seele in einen Zustand einer heilsamen Bewegung verbleibt,
musst Du sterben zu Deinem alten Leben, und dann die Stille wahren." ²


"Wenn Du nach Deinem Gesicht siehst, Dein Gesicht ist weder ewig noch vergänglich.
Du siehst niemals Dein eigenes Gesicht, nur eine Spiegelung, nicht das Gesicht selbst.

So seufzest Du vor Spiegeln und trübst sie mit Deinem Hauch.
Es ist besser Deinen Atem zurückzuhalten.

Halte ihn an, wie ein Taucher es macht im Meer.
Eine geringe Bewegung und das Spiegelbild verschwindet.

Sei nicht tot oder schlafend oder erwachend.
Sei nicht irgendetwas.

Das, was Du am meisten willst, weswegen Du umherläufst es zu finden,
Löse Dich selbst, wie Liebende sich selbst lösen, und Du wirst das sein." ²


Frage von einem Schüler an seinen Scheich


"Ein Mann, der sich mühte seine Unvollkommenheit zu überwinden, fragte Nuri eines Tages:

"Wie soll ich jemals imstande sein, die Einigkeit mit Gott zu erreichen?"

Nuri erwiderte: "Für dieses musst Du sieben Ozeane aus Licht und sieben aus Feuer überqueren und einen sehr langen Weg gehen.

Wenn Du diese zweimal sieben Ozeane überquert hast, wird ein Fisch Dich zu ihm ziehen, ein Fisch, der, wenn er atmet, zieht er das Erste und das Letzte in seine Brust hinein.

Dieser erstaunliche Fisch hat weder einen Kopf noch einen Schwanz; er hält sich selbst in der Mitte des Ozean, still und losgelöst; er räumt die zwei Welten fort und zieht alle Wesen, ohne Ausnahme, an sich." ²


Das siebte und letzt
e  Tal der Entbehrung und des Todes 

"Als letztes kommt das Tal der Entbehrung und des Todes, welches fast unmöglich ist zu beschreiben.

Das Wesen des Tales ist Vergessenheit, Stummheit und das 'von Sinnen sein'; die tausend Schatten welche Dich umgeben  verschwinden in einem einzigen Strahl der Sonne am Himmel.

Wenn sich der unermessliche Ozean empor hebt, verliert die Form seiner Oberfläche ihre Gestalt; und diese Form ist nichts anderes, als die gegenwärtige Welt und die kommende Welt.

Wer auch immer erklärt, dass er nicht existiert, erlangt einen großen Wert.

Der Tropfen, der Teil dieses großen Ozeans wurde, verbleibt dort für immer und in Frieden.

In dieser stillen See erfährt der Mensch als erstes Demütigung und Vernichtung; aber wenn er auftaucht aus diesem Zustand, wird er es verstehen als Kreation und viele Geheimnisse werden ihm offenbar werden." ²


   Farid ud-Din cAttar
 



² Übertragung ins Deutsche by Volker Doormann  

Literatur:


[1]
Nishapuri, Shaykh Farid al-Din Muhammad Attar. Mantiq al-Tayr (Maqamat Tuyur). Ed. Seyyed Sadeq Gowharin. Trans. Hamid Dabashi. Tehran: Sherkat Entesharat-e Elmi va Farhangi, 1342/1963.
Attar, Farid ud-Din: The Conference of The Birds, Mantiq al-tair, S.C. Nott, London, 1954
Attar, Farid ud-din, Vogelgespräche, Ansata, Interlaken, 1988, ISBN 3-7157-0107-2 (Übersetzung aus der englischen Übertragung von C.S. Nott).
Attar, Farid al-Din. Muslim Saints and Mystics: Episodes from Tadhkirat al-Awliya'. Trans. A.J. Arberry. London: Routledge and Kegan Paul, 1966. Persian Heritage Series.
Attar, Farid ud-Din. The Conference of the Birds. Trans. Afkham Darbandi and Dick Davis. London: Penguin, 1984

Weitere Werke
:

Elahi Nameh, Asrar Nameh, Javaher Nameh, Khosrow Nameh, Sharhol Laghab, Mosibat Nameh  ('Das Buch der Leiden'), Maghamant Tiour oder Manteghol Teir, Mokhtar Nameh.




volker doormann    -  2007