Willi

 



 

Meine Mutter nannte ihn Willi. Sie wurden beide im gleichen Jahr geboren. Mein Vater Willi (Wilhelm) am 29. Juli 1913, 21:15 Uhr MEZ in Heiligenhafen in der Fischerstrasse 6 und meine Mutter Martha am 10. Mai 1913 um 8 Uhr 10 in Blomenburg bei Selent. Sie hat nicht viel über ihn erzählt, aber etwas hat sie mehrere Male erzählt. Er sagte ihr wohl Ende des World War II 'Und wenn ich 12 Jungs hätte, keiner von ihnen dürfte Soldat werden'. Meine Mutter hat immer gut von ihm gesprochen. Er kannte sich mit Autos und Motoren aus, ging wohl 1934 zum Militär.

Ich wurde am 12. Juni 1943 um 1 Uhr 30 Sommerzeit (DSZ) in Ellwangen geboren. Da hatte mein Vater einige exakte Transite:


12.06.1943 Sohn               | 29.07.1913 Vater               Winkel
=====================================================================
JUP Sohn 26°  4' 57" Krebs    | NEP Vater 26°  7' 49" Krebs        0°
M.C Sohn 22° 42' 38" Schütze  | M.C Vater 22° 16'     Schütze      0°
SAT Sohn 16° 33' 48" Zwillinge| MON Vater 16° 44'  1" Zwillinge    0°

PLU Sohn  5° 33'  2" Löwe     | SON Vater  6°  3' 36" Löwe         0°

MER Sohn 28° 47' 56" Stier    | MAR Vater  0° 16' 26" Zwillinge    1°
SAT Sohn 16° 33' 48" Zwillinge| SAT Vater 14° 49' 50" Zwillinge    1°

ASC Sohn 12° 59'     Fische   | ASC Vater  7° 27'     Fische       5°

URA Sohn  5° 35' 39" Zwillinge| URA Vater  5° 32'  2" Wassermann 120°

MON Sohn  0°  4' 16" Waage    | MAR Vater  0° 16' 25" Zwillinge  120°
Nep Sohn 29° 16' 39" Jungfrau | MAR Vater  0° 16' 25" Zwillinge  120°
PLU Sohn  5° 33'  2" Löwe     | URA Vater  5° 32'  2" Wassermann 180°

M.C Sohn 22° 42'     Schütze  | VEN Vater 22° 12' 29" Zwillinge  180°

VEN Sohn  4° 44'  4" Löwe     | URA Vater  5° 32'  2" Wassermann 180°

=====================================================================



Dass eine Geburt eines eigenen Kindes mit exakten Transiten verbunden ist, ist sicher nichts Ungewöhnliches. Was es im Einzelnen genau bedeutet kann ich immer noch nicht sagen. Aber dass er in meinem bewussten Leben nicht hier war, hat schon eine karmische Bedeutung. Ich habe keine Erinnerungen an ihn. Meine ersten Erinnerungen sind aus dem Jahre 1946, als meine Mutter, meine Schwester und ich nach Tesperhude kamen in das Haus von einem Onkel, der dort die Poststelle inne hatte. Dann habe ich nur eine kurze Erinnerung an die Weihnachtsfeier in Ellwangen 1944, wo ich einen kleinen Barrenturner aus Sperrholz mit einem Metallstab geschenkt bekam, der lange auf den gebogenen Barren hin und her rollte.

Mit Mutter Anfang 1944 in Ellwangen.

Ich habe oft geträumt, dass er wieder gekommen ist, aber er galt als vermisst und es gibt keine Informationen über seinen Tod, der wahrscheinlich ein Freitod war.  
Es gibt noch ein Bild von ihm (ganz links im Bild) aus dem Dezember 1944 in der Kaserne in Ellwangen mit seinen Kameraden.
 

 


 

Stationen

 

1934

Am 9. November 1934 war er zur Vereidigung in München

1935
Jüterbog
 

1936
Am 11. November 1936 wohnte er in Altona, Gr. Flottbek, Moltkestrasse 75 III.


 

Stationiert war er an der
'Kaserne der Waffen-SS in der Tangstedter Landstrasse 400 - dieser Komplex entstand 1937-38 für das 1. Bataillon der SS-Standarte, Germania',

 

 

1937
Am 20. Februar 1937 erstellte er in Gr. Flottbeck seine Ahnentafel.



 

1938
 

1939
Am 25. April 1939 überführte er den Horch mit dem Kennzeichen IA 1291 von Berlin nach Hamburg. Peter Paulsen gab ihm ein Schreiben mit.
Meine Kusine erzählte mir, dass er damit in der schmalen Fischerstrasse in Heiligenhafen bei seinen Eltern war.   
Der Horch war bestimmt für Curt Wittje, der auch im Haus Nr 75 in Gr. Flottbeck wohnte.


Am 22. Mai 1939 war er in Berlin Lichterfelde.
Bis zum 23. Juli 1939 war er auf einer Spanienreise.
Vorher war er Fahrer für Heinrich Schacht, Hamburg, Rödingsmarkt 52, 
Ab dem 23. July 1939 war er Fahrer für Curt Wittje.
Am 1. August 1939 Einberufung: Polen Feldzug, Krakau, Glatz, Prag.
Am 27. November 1939 war er in Theresienstadt  (Terezin)
im Lazarett wg. Gelbsucht.



Am 15. Dezember 1939 wieder in Heiligenhafen bei den Eltern, Fischerstrasse 6 

1940
Am 17. Januar 1940 war er in Hamburg Langenhorn im UFA Kino mit seinen Kamaraden



Er und meine Mutter heirateten am 2. März 1940 in Hamburg im Standesamt 6 in Mundsburg und bezogen eine neue Wohnung in der Finkenau.
Am 6. September wurde er versetzt in die Kaserne nach Ellwangen an der Jagst. Meine Mutter folgte ihm etwas später nach.



Das war auch sein Standort bis zum Ende des World War II

1941
Fahrschule
 

1942


 

1943
Finnland 



1944



Treffen mit Kameraden im Dezember 1944 in Ellwangen


 

1945



Ohne Willi

Ohne meinen Vater zog meine Mutter mit uns beiden Kindern nach Tesperhude, wir wohnten aber 1945 noch einige Zeit in Lütjenburg bei ihren Eltern, Markt 11.

Haus in Lütjenburg, Mark 11 im Jahre 1964
 

1946
In dem Haus, das auf einem Hang am Ende des Dorfes Tesperhude lag, bekamen wir unten 2 kleine Zimmer, von wo aus man die Elbe sehen konnte auf der viele Raddampfer ihre Kähne zogen. Tante Mimi hatte noch ein paar Hühner, aber an sie kann ich mich nicht gut erinnern. Es führte eine Treppe hinunter an den Strandweg bis dahin 1947  das Hochwasser der Elbe reichte.  

Ganz oben auf dem Hang in der großen Villa waren Flüchtlige aus Ostpreußen untergebracht. Das Haus war etwas beschädigt.
Zu Weihnachten 1946 gab es Schokolade aus den USA für die Flüchtlinge.
Wenn nach dem Eisgang im Februar 1947 die Eisberge auf den Wiesen liegen blieben, konnte man darauf gut klettern.

 

1948
Von Tesperhude fuhr täglich ein Raddampfer nach Hamburg.



Meine Mutter nahm mich manchmal mit und wir fuhren mit der U-Bahn vom Baumwall nach Mundsburg, wo es noch ein Karstadt gab an der Hamburgerstrasse.
Dass sie 1940 gegenüber in der Finkenau gewohnt hat mit meinem Vater, hat sie nie erwähnt.

 

1949

Als Walter Gustav Meyer,  ein reicher Kaufmann aus Hamburg, 1949 erfuhr, dass ich noch nicht getauft war, musste ich das Taufwasser mit einer Milchkanne aus der Elbe holen und es hochtragen in die Villa, wo provisorisch ein Gemeindesaal eingerichtet war und ich wurde am 13. März 1949  getauft. Der Pate war der reiche Kaufmann aus Hamburg.


Im April 1949 schickte mich meine Mutter in die Volksschule in Grünhof. Man drückte mir eine geliehene Tafel und eine geliehene Schultüte in die Hand.

 

1960
Im Sommer 1960 konnte ich mir ein kleines Moped mit 1 PS kaufen und fuhr mit einem Freund in Etappen auf Campingplätzen nach Ellwangen.
Wir zelteten an der Jagst.

 

Ich habe nichts gesucht; ich wollte nur den Ort einmal bewusst sehen, an dem ich geboren wurde und wo mein Vater, den ich nicht kenne, Soldat war.
Meine Mutter hat mir auch nichts über ihre Zeit in Ellwangen erzählt.



Weil ich der einzige Sohn war, musste ich nicht zur Bundeswehr. Ich hätte den Dienst sonst auch verweigert. Trotzdem hatte ich mit der Bundeswehr zu tun.



Im April 1970 wurde der Kompass PL41, an deren Entwicklung ich bei C.Plath beteiligt war, in den Jahren 1968 bis Juni 1970, rund um Helgoland auf einem Schnellboot (>39 Knoten) mit der Erprobungsstelle Eckernförde mit mehreren Schulerperioden ~84 Minuten getestet. Ich war als Tester des Computers des PL41 der einzige Zivilist an Bord.


 

Der
Kompass wird immer noch gebaut.



 Eine Kindheit ohne einen Vater ist sehr schwer, aber es ist auch eine Herausforderung zur einer Selbstständigkeit mit der Freiheit einen eigenen Weg zu gehen.



1962 nach der Flut im Februar in Hamburg ging ich meinen eigenen Weg. Ich hatte ein kleines Zimmer in Wellingsbüttel im Farmsener Weg 50. Ich liebte den tiefen Sessel, den Willi  wohl 1940 gekauft hatte für die Wohnung in der Finkenau, und der derweil wohl acht Umzüge mitgemacht hatte.

Sein Schicksal nimmt man immer mit. Auch in ein anderes Leben.

Mitakuye Oyasin







volker doormann    -  2011