Der Sozialstaat

Norwegen gilt in der ganzen Welt als vorbildlicher Sozialstaat. Die Grundlage für dieses System wurde nach dem Krieg von den sozialdemokratischen Regierungen gelegt. Von ausländischen Kritikern werden die hohen norwegischen Steuern oft als Nachteil angeführt - aber in diesen Steuern ist alles enthalten, was in anderen Ländern zusätzlich gezahlt werden muss und nicht als "Steuer" gilt. Krankenkassen- und Rentenbeiträge z.B. sind Bestandteil der Steuer, die vom Lohn abgezogen wird, und das erspart den Norwegern immer eine Menge Papierkram.

Die Krankenversogrung weist aber auch einige Kuriositäten auf. Zahnziehen z.B. wird von der staatlichen Krankenversorgung bezahlt, regelmässige Vorsorgeuntersuchungen, Füllungen und Plomben dagegen nicht. Weswegen in Norwegen nur zum Zahnarzt gegangen wird, wenn es wirklich schrecklich wehtut oder der Zahn gezogen werden muss. Protesen und Brücken müssen ebenfalls selbst bezahlt werden; nicht wenige junge Menschen ziehen daher Zahnlücken vor. Auch Brillen müssen selber bezahlt werden.

Rein finanziell gesehen ist Norwegen ein kinderfreundlicheres Land als andere. Das monatliche Kindergeld liegt wesentlich höher als z.B. in der BRD. Alleinerziehende werden durch besondere Gesetze unterstützt. Eine ledige Mutter steht in Norwegen nicht vor der Alternative, entweder die Vormundschaft für ihr Kind dem Jugendamt zu übertragen oder selber mit dem Vater des Kindes um Alimente kämpfen zu müssen. Was er zu bezahlen hat, wird gerichtlich festgesetzt. Ist er nicht in der Lage, die festgesetzte Summe zu bezahlen, bekommt die Frau das Geld vom Staat und der verbucht es als Schuld des Mannes. Der Mann gilt fortan als Schuldner des Staates. Wenn Kindergeld und Alimente nicht ausreichen, kann frau zum Sozialamt gehen. Hier wird zwar genau untersucht, wieviel sie "wirklich" braucht, aber meistens erhält sie das Geld sehr schnell und der Betrag liegt ebenfalls höher als in vergleichbaren Ländern.

Auch das Arbeitslosengeld liegt höher als anderswo - es ist allerdings vom letzten Lohn abhängig; wer vorher einen schlechtbezahlten Job hatte, erhält als Arbeitsloser auch nicht viel. Arbeitslose, deren Geld nicht ausreicht, können zum Sozialamt gehen und erhalten, ebenfalls meistens schnell und unbürokratisch, zusätzliche finanzielle Unterstützung. Dieser Betrag richtet sich nach der Höhe des Arbeitslosengeldes.

Das heisst aber nicht, dass das norwegische Sozialsystem die reine Idylle ist. Die Rentner, die ältesten Bürger Norwegens werden am schlechtesten behandelt. Die Mindestrente ist im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten ungeheuer niedrig. Hinzu kommt, dass sich gerade die alten Menschen immer noch schämen, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Die Höhe der Rente oder Pension richtet sich nach dem Verdienst während der Arbeitsjahre. Und wie in anderen Ländern bekommen Witwen, die nicht berufstätig waren, am wenigsten, denn auch in Norwegen gilt die Versogrung von Mann und Kindern nicth als gesellschaftlich notwendige Arbei, sondern als "Privatsache", die zu keinerlei Renten- oder sonstigen Ansprüchen gegenüber dem Staat berechtigt. Das ist der Grund, warum nicht nur Penner auf den Strasse des ölglänzenden Norwegens leere Flaschen aus den Mülleimern fischen...