Taiwan-Info

Schüler aus Taiwan erstmals zu Gast

 

Ein Novum in Baden-Württemberg
SINDELFINGEN, Kreis Böblingen. Ein Schüleraustausch mit Schulen in Frankreich oder Italien ist für viele Schulen längst Routine. Neue Wege beschreitet das Gymnasium Unterrieden in Sindelfingen: Als erste Schule im Lande bahnt es eine Partnerschaft mit einer Schule in Taiwan an. 16 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren und drei Lehrkräfte von der Yung-Ping High School bei Taipeh sehen sich zur Zeit im Schwabenland um. Manche der vielen neuen Eindrücke wirken auf die jungen Gäste von der zwanzig Flugstunden entfernten Insel am Rande des Südchinesischen Meeres geradezu "exotisch''.

Doch nicht immer sind es nur die taiwanischen Schüler, die in Sindelfingen hinzulernen. Dann und wann bringen sie auch ihren deutschen "Kollegen'' von der Jahrgangsstufe 9 etwas bei, chinesische Kalligraphie zum Beispiel. Zuerst nur mit einem Bleistift, dann aber auch mit dem Tuschepinsel, der ganz anders gehalten werden muß als gewohnt, malen die Sindelfinger Gymnasiasten einfache Schriftzeichen auf große Bögen weißen Papiers. Die Zeichen für Sonne und Mond bereiten noch keine Probleme. Nebeneinandergestellt ergeben sie das Schriftzeichen für Helligkeit, lernen die deutschen Schüler.

Nur sehr wenige Schulen in Deutschland unterhalten Kontakte zu Schulen in Taiwan. Daß nun auch ein Sindelfinger Gymnasium dazu zählt, geht auf persönliche Kontakte von Ulrich Siegrist zurück, der bis zum vergangenen Schuljahr am Gymnasium Unterrieden unterrichtet hatte. Von 1973 bis 1978 war er als Dozent an einer Universität in Taiwan tätig gewesen, und aus jener Zeit stammt die Bekanntschaft mit Tsan Ching Lo. Der ist der Initiator dafür gewesen, daß an der Yung-Ping High School über die allgemein übliche Fremdsprache Englisch hinaus seit einigen Monaten wahlweise auch Deutsch als zweite Fremdsprache unterrichtet wird. Da war es dann naheliegend, daß Siegrist bei der Suche nach einer Partnerschule in Deutschland zunächst an seine langjährige Wirkungsstätte in Sindelfingen dachte. Oberstudiendirektor Josef Maier war von der Idee sofort angetan: "Das ist eine sehr gute Gelegenheit für unsere Schüler, mit anderen jungen Leuten in Kontakt zu treten, die aus einem ganz anderen Kulturkreis kommen.'' Umgekehrt unterstützt auch Jung C. Y. Hsu, der Leiter der Yung-Ping High School, den Austausch nach Kräften. Deshalb ist er gleich mit der ersten Austauschgruppe nach Sindelfingen gereist.

Während ihres zehntägigen Aufenthalts sind alle Mitglieder der Besuchergruppe bei Schülern und Lehrern aus Sindelfingen untergebracht. Normalerweise verständigt man sich in Englisch. Wenn Probleme mit der Sprache oder anderer Art auftauchen, stehen Yi-Choh Chiu, der Leiter des Taipeh-Handelsbüros in Stuttgart, und seine Frau, die beide sehr gut Deutsch sprechen, hilfreich zur Seite.

Wie kommen die chinesischen Gäste mit dem deutschen Essen zurecht? Für sie ist es ungewohnt, daß es nicht dreimal am Tag eine warme Mahlzeit gibt. Und so viel Brot müßte nicht sein, sagen sie übereinstimmend. Aber immerhin: An einen Makkaroniauflauf hat die 16jährige Yu-Ju Tseng gute Erinnerungen. Dem 14jährigen Wen-Hsiang Liu ist aufgefallen, daß die Schüler "mehr Freiheit'' haben, als in Taiwan gewohnt. Und Hsin-Chieh Hsieh (17) findet die tägliche Schulzeit in Sindelfingen zu lang und bemängelt, daß die Geschäfte allzu früh schließen.

Schon im kommenden Frühjahr soll es ein Wiedersehen geben. Während der Osterferien 1999 will eine Gruppe von Schülern und Lehrern aus Sindelfingen zum ersten Gegenbesuch in den Fernen Osten aufbrechen.

 

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