Andersrum

Dieses 1991 ursprünglich von Regisseur Rosa von Praunheim unter dem Namen "Schrill, Schräg, Schwul" ins Leben gerufene und vom Berliner Lokalsender FAB ausgestrahlte Magazin war das erste Homo-Magazin im Deutschen Fernsehen. Mangels finanzieller Mittel musste billig produziert werden, ein rechtes Konzept war nicht vorhanden, und als nach etwa einem halben Jahr das Geld ausging, wurde das Magazin von David Wilms übernommen, der es in "Andersrum" umbenannte und auch gemeinsam mit BeV StroganoV und Laurent moderierte. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde die Sendung nun professioneller produziert. Das erfolgreiche einstündige Monatsmagazin war auf kulturelle Themen ausgerichtet, z. B. schwule Künstler, Gedichte, Erotikclips. Politische Beiträge fehlten dagegen weitgehend.

Da Wilms versuchen wollte, das Projekt an einen großen Fernsehsender zu verkaufen, um überregional senden und damit Geld verdienen zu können, fand er in der Produktionsfirma "Bundfilm" einen Sponsor. Obgleich RTL zunächst Interesse zeigte, scheiterte der Plan, so dass auch Wilms 1993 schließlich aufgeben musste, weil ihm das Geld ausging. (Wie lange Laurent in dieser Zeit dort tatsächlich mitgemischt hat, entzieht sich meiner Kenntnis; in Quellen tauchte lediglich das Jahr 1991 auf.)

Doch noch war das Magazin nicht ganz tot: Es wurde von drei Journalisten (u. a. Micha Schulze) übernommen und nach einer mehrmonatigen Pause mit neuem, politischer ausgerichteten Konzept wieder ausgestrahlt, diesmal allerdings im Offenen Kanal, denn überraschenderweise war FAB von diesem Projekt zurückgetreten. (Trotz anders lautender offizieller Begründung munkelt man, dass FAB "Andersrum" nicht mehr senden wollte, weil sich der Sender zu dem Zeitpunkt um eine terrestrische Sendelizenz bewarb, für die aber zusätzliche Gebühren zu zahlen waren, die man durch Werbung wieder hereinholen musste. Als großen Werbekunden wollte man die Berliner Bank gewinnen, die aber Schwulenfernsehen ablehnte...).

Da die Ausstrahlung im Offenen Kanal nur eine Notlösung darstellte, bemühten sich die Macher weiterhin, das Magazin bei einer großen Fernsehanstalt unterzubringen. Eine fast schon unter Dach und Fach befindliche Zusammenarbeit mit dem ORB scheiterte aber letztlich an der Ablehnung durch den Intendanten. Der bisherige Sponsor "Bundfilm" musste aus finanziellen Gründen seine Unterstützung einstellen, und ein neuer Sponsor konnte nicht gefunden werden, weil "Andersrum" noch keinen festen Vertrag mit einem großen Fernsehsender vorweisen konnte. Aus diesem Grund musste das Projekt 1994 endgültig eingestellt werden.

(Quelle: Howard Vickers, Alternatives Fernsehen in Berlin, Thames Valley University, Berlin/London 1995, Anhang 2)

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