Bunbury

Das erstmals 1895 in London aufgeführte Werk "The Importance of Being Earnest" ist Oscar Wildes berühmtestes und am häufigsten gespieltes Theaterstück, das mit ungeheurem Wortwitz und einer kräftigen Prise Ironie ein Porträt der englischen High Society zur damaligen Zeit zeichnet. Den sprachlichen Finessen des Stücks kann man (zumindest ich) allerdings mit einer kurzen Inhaltsangabe kaum gerecht werden.
Mit "Algernon" hatte Laurent auch in diesem Stück eine tragende Rolle.

Algernon (Algy) Moncrieff ist ein junger Müßiggänger aus der Londoner Oberschicht. Um ab und zu den langweiligen Verpflichtungen der großstädtischen High Society und seiner nervigen reichen Tante, Lady Augusta Blacknell, entfliehen zu können, aber trotzdem die Etikette zu wahren, hat er sich ein besonderes Hobby zugelegt: das "Bunburysieren". Dieses besteht in regelmäßigen Besuchen bei seinem Freund Bunbury auf dem Land, der ständig kränkelt und deshalb angeblich seiner Hilfe bedarf. Haken an der Sache ist: Dieser Freund ist frei erfunden.

Algys Freund Jack Worthing hingegen, ein von wohlhabenden Eltern adoptiertes Findelkind, lebt auf dem Land und kümmert sich um die Erziehung seines Mündels Cecily Cardew. Auch er verspürt hin und wieder den Drang, dieser Aufgabe zu entrinnen und sich stattdessen dem süßen Leben der Großstadt hinzugeben. Um jedoch sein Ansehen zu wahren, erfindet er zur Rechtfertigung seiner Ausflüge nach London einen jüngeren Bruder namens Ernst, über dessen allzu ausschweifendes Leben er angeblich wachen muss. Praktischerweise nimmt Jack bei seinen Eskapaden auch gleich dessen Identität an.

Nun hat "Ernst" aber ein Auge auf Algys ebenso reizende wie verwöhnte Cousine Gwendolen Fairfax geworfen und möchte diese ehelichen. Gwendolen ist nicht ganz abgeneigt, denn seit jeher wollte sie unbedingt einen Mann namens "Ernst". Ein Mann mit dem profanen Namen "Jack" hingegen wäre keine rechte Alternative für sie, teilt sie Jack auf seine rein theoretische Frage hin mit. Ihre Mutter allerdings zeigt sich von dem Namen "Ernst" wenig beeindruckt. Vielmehr erscheint ihr die Herkunft des Auserwählten, der als Baby in einer Tasche auf dem Bahnhof gefunden wurde, keinesfalls als standesgemäß, so dass sie eine Heirat schlichtweg ablehnt. Jack brütet nun darüber, wie man zumindest das Namensproblem lösen könnte, und entschließt sich, sein Alter Ego Ernst kurzerhand offiziell sterben zu lassen und sich in Gedenken an den armen "Verblichenen" in Ernst umtaufen zu lassen.

Algy plagt derweil die Neugier, einmal Jacks Mündel Cecily kennenzulernen, und er macht sich auf den Weg zu dessen Landsitz. Gerade hatte Cecily ihrer Erzieherin, Miss Prism, den Wunsch kund getan, Jacks Bruder Ernst möge sie einmal besuchen, damit man positiven Einfluss auf ihn nehmen könne, als Algy dort seine Aufwartung macht - aber er stellt sich nicht als Algernon Moncrieff, sondern als Ernst Worthing vor. Darüber ist der in Trauer um seinen angeblich verstorbenen Bruder heimkehrende Jack reichlich entsetzt, zumal sich Algy partout nicht zum Verschwinden bewegen lassen will. Vielmehr versichert "Ernst II.", seinem bisherigen Lebenswandel abgeschworen zu haben, und eilt gleich darauf zu Cecily, in die er sich unsterblich verliebt hat, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Cecily nimmt den Antrag mit Freuden an, da ein Mann namens Ernst schon immer ihr Traum war... Ob sie ihn wohl auch lieben würde, wenn er beispielsweise Algernon hieße, möchte Algy wissen, und bekommt eine abschlägige Antwort, was ihn zu der Überlegung bringt, sich umtaufen zu lassen.

Aber das Theaterspiel nimmt ein baldiges Ende, denn das Schicksal naht in Gestalt von Gwendolen, die zunächst nur Cecily antrifft. Zwei Bräute, die beide mit einem gewissen "Ernst Worthing" verlobt sind - die Verwirrung ist komplett! Nach einigem Hin und Her klärt sich die Lage, und den beiden Herren gelingt es, ihre jeweilige Herzensdame davon zu überzeugen, dass man sich den Namen Ernst nur gegeben habe, um häufiger beieinander sein zu können. Die Damen verzeihen großmütig.

Doch der Aufregung nicht genug: Lady Bracknell betritt den Schauplatz. Schlimm genug, dass sich Tochter Gwendolen einem Mann mit inadäquater Herkunft verschrieben hat, aber nun auch noch Neffe Algernon mit dessen Mündel - was für Zustände. Was Cecily anbelangt, lässt sie sich jedoch bald beruhigen, denn die Tatsache, dass diese Erbin eines nicht unbeträchtlichen Vermögens ist, macht sie in den Augen der Lady recht schnell zu einer sehr attraktiven jungen Dame, so dass sie dieser Verbindung ihren Segen gibt.

Dem Glück von Algy und Cecily stünde nun eigentlich nichts mehr im Wege, wenn sich Jack nicht plötzlich sträuben und aufgrund moralischer Vorbehalte gegenüber Algernon seine Zustimmung zu dieser Beziehung verweigern würde. Schließlich müsse man ja bedenken, dass Algernon Cecily zunächst von vorn bis hinten belogen hat. Wenn allerdings Lady Bracknell bereit wäre, eine Heirat zwischen ihm und Gwendolen zu billigen, wäre auch er großzügig und würde ihrem Neffen und seinem Mündel keine Steine in den Weg legen. Doch dazu kann sich die Lady nicht aufraffen.

Aussichtslos? Nein, denn Rettung ist in Sicht. Miss Prism, die Erzieherin, kommt hinzu und wird sofort von Lady Bracknell wiedererkannt - als die Frau, die vor 28 Jahren das Haus von Lord Bracknell mit einer Kindertragetrasche samt Baby verlassen hat und niemals wieder gesehen ward. Was war passiert, und wo ist das Baby geblieben? Miss Prisms kleinlaute Erklärung, sie habe die Tasche auf einem Bahnhof vergessen und das Kind anschließend nicht mehr wiederfinden können, dürfte zu diesem Zeitpunkt wohl keinen Zuschauer mehr erstaunen. Dem erstaunten Jack jedoch kann Lady Bracknell nun mitteilen, wer er eigentlich ist: Er ist der Sohn ihrer Schwester, Mrs. Moncrieff, und damit der ältere Bruder von Algernon und somit gleichzeitig ihr Neffe - und als solcher trägt er eigentlich den Taufnamen seines Vaters, nämlich: Ernst John.

Als Jack seine neu gewonnene Tante freudig in die Arme schließt, konstatiert diese - stets die Façon wahrend -, dass ihr Neffe wohl zur Albernheit neige, aber Jack wendet ein, er habe zum ersten Mal in seinem Leben gemerkt hat, wie wichtig es ist, ernst zu sein.

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