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irigenten
Dienstag, den 4. April 2000 - KURIER (Wien)

Von Pathos und Erschütterung

Musikverein: Gergiev und "seine" St. Petersburger

Valery Gergiev ist ein viebeschäftigter Mann: Seit vielen Jahren ist er Chefdirigent des Kirov-Orchester St. Petersburg, seit 1997 amtiert er auch als Intendant des Mariinsky-Theaters. Zudem leitet er das Rotterdam-Philharmonic Orchestra, ist erster Gastdirigent an der New Yorker Met und erhält sehr bald im philharmonischen Abonnementkonzert auch in Wien höchste musikalische Weihen. Im ausverkauften Musikverein war der "Meisterinterpret" an zwei Abenden mit seinen St. Petersburgern zu Gast - nicht nur ein Fest für Freunde des Pompösen.

Sofia Gubaidulinas handwerklich sauberes, aber wenig aufregendes Violakonzert durfte vor allem als Liebeserklärung an die Bratsche und den virtuosen Solisten Yuri Bashmet verstanden werden. Mehr als solide Routine boten die Gäste aus Rußland hier nicht. Pompös und dramatisch auch eine von Gergiev erstellte Fassung der "Nussknacker-Suite", die Tschaikowskij mit zu hehrem Pathos würzte. Gewaltige, ja orgiastische Ausbrüche prägten auch Alexander Skrjabins "Le poème de l`extase", wo Gergiev auf extrem flotte, oft anfechtbare Tempi und höchste Lautstärke setzte. Etliche Details ertranken am Samstag somit in den orchestralen Wogen.

Wie kompakt, wie homogen die St. Petersburger klingen können bewies Gergiev erst am Sonntag: Ungemein vielschichtig und sehr nuanciert seine Interpretation von Gustav Mahlers "Symphonie Nr. 6" in a-Moll, deren Beiname "Die Tragische" drastisch erfahrbar wurde. Präzise Bläser und animierte Streicher entfesselten einen betörenden Kampf mit dem Schicksal, liessen Mahlers Ideen zur erschütternden Existenzfrage werden. Jubel.

Peter Jarolin

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