Interview mit Bernd Farwick

Sieger von Gay Games 1998 Amsterdam und Eurogames 2000 Zürich

Frage: Es geht nicht anders, ich muss mit Gratulationen und Komplimenten anfangen: Zusammen mit Klaus Padberg bildest Du das erfolgreichste Männertanzpaar par excellence. Ihr habt nicht nur beide Disziplinen Standard und Latein bei Gay Games in Amsterdam 1998 gewonnen und unlängst die Eurogames in Zürich, aber Ihr gewinnt überhaupt immer, wenn ihr an den Start geht... Welche von diesen Erfolgen sind für Dich, Bernd, am wichtigsten, welche am angenehmsten?

Antwort: Das schönste Erlebnis war ohne Zweifel das Gewinnen der GayGames 98. Allein die Erinnerung an das Finale und an mehrere tausend begeisterter Zuschauer verursacht bei mir immer noch eine Gänsehaut. Zürich war sicher ein erfolgreiches Turnier, aber ich war mit mir und meiner Leistung nicht einverstanden. Man sollte nicht ohne Vorbereitung auf eine Meisterschaft gehen.

F: Ich habe gehört, dass Du bereits seit vielen Jahren Turniere tanzst. Früher auch als "konventionelles" Paar mit einer Frau. Mit welchen Ergebnissen?

A: Ich habe in beiden Disziplinen S-Klasse getanzt, 10-Tänze Turniere und früher auch Standard- und Lateinformation..tja und dann war ich noch mal Deutscher Meister in der Senioren 1-Klasse.

F: Und wie war es für Dich, dann mit einem Mann zusammen zu tanzen?

A: Ich fand Männerpaare, die zusammen tanzten blöd...es war viel zu ungewohnt für mich. 18 Jahre Heterotanzen prägen schon. Aber dann wurde ich zu den Eurogames 96 nach Berlin  eingeladen, wo ich das erste mal aus Spaß mit einem Mann getanzt habe...und was soll ich sagen...es war so schön, dass ich es seit dem nicht mehr missen möchte.

F: Klaus wohnt jetzt in England und Ihr könnt nicht regelmäßig trainieren. Trotzdem seid Ihr weiter in Spitzenform. Wie funktioniert das?

A: Spitzenform?!? Ich habe das Video von Zürich gesehen. Es war schrecklich... nicht austrainiert... viel zu kurz in der Bewegung. Was uns gewinnen lässt ist die Topline und viel Turniererfahrung.

F: Wie hat sich die Tanzszene der gleichgeschlechtlichen Paare in Deutschland entwickelt? Bereits bei Eurogames 1996 in Berlin gab es tolle Paare. Hat man also noch früher angefangen?

A: Die Anfänge liegen wohl in den späten 80ern in Köln und Nijmegen. Seit ungefähr 3 Jahren boomt schwullesbisches Tanzen in Deutschland und Holland. England und Österreich kommen nach... aber es ist noch ein weiter Weg....

F: Deutschland hat jetzt besonders viele gute Tanzpaare, sowohl Männer als auch Frauen. Es gibt einige starke Klubs, in Berlin, Düsseldorf, Köln usw. Bitte um Dein Kommentar dazu.

A: Stärkstes Potential liegt zur Zeit in Berlin, wo der dortige Club an einen Heteroclub angegliedert ist mit entsprechender Trainerunterstützung. Die meisten anderen Clubs leiden unter einem Trainingsstätten- und Trainerproblem.

F: Wie siehst Du prinzipiell die Entwicklung im Tanzsport? Tanzen ist nicht so wie z.B. Volleyball, verlangt ein hartes (und ziemlich kostspieliges) Training, vor allem aber setzt einen genauso fleißigen und begabten Tanzpartner voraus, was nicht einfach ist. Bleibt der Turniertanz von gleichgeschlechtlichen Paaren immer ein elitäres Hobby?

A: Elitär finde ich unser Tanzen überhaupt nicht. Es verlangt allerdings Einsatz und Trainingsfleiß, wenn man wirklich Spaß am Tanzen bekommen will. Das fängt ungefähr nach 10 Jahren Training an. Kostspielig? Die meisten Paare sind Dinkis... da ist etwas Geld wohl übrig.

F: Kannst Du Dir vorstellen, dass im Zuge der Emanzipation gleichgeschlechtliche Paare irgendwann auch zu Turnieren mit den konventionellen Mann/Frau-Paaren zugelassen werden? Ist das bestrebenswert?

A: Nein, ich glaube es ist ein falscher Weg. Wir müssen uns erst einmal darum kümmern Männer- und Frauenpaare nebeneinander bewerten zu können. Dann sollte man sich einmal paar Neuerungen im Standard einfallen lassen, damit der Equalitygedanke deutlicher wird. Im Latein geht das schon ganz gut....Standard hat's noch nötig.

Fr: Es gibt Stimmen, dass man jetzt eine Koordinierungsstelle braucht, um diverse Anliegen der Tänzer (Turniertermine, technische Bestimmungen betr. Durchführung der Vorrunden oder Klassenzugehörigkeit usw) zu bearbeiten. Warum kommt es in Deutschland doch nicht dazu? Gab es ernste Versuche?

A: Natürlich gibt es Versuche....aber alle Leute, die dazu befähigt sind, sind zum Einen ziemlich berufstätig und zum Anderen über ganz Deutschland verteilt. Dann kommt noch dazu, dass ja jeder gefragt werden möchte....also passiert zur Zeit nichts!

F: Schwule und lesbische SportlerInnen organisieren sich zunehmend in verschiedene Verbände, sowohl national, als auch international. Ich habe gehört, dass es eigentlich seit Jahren eine "Technische Kommission Tanzen" bei EGLSF gibt, aber es ist mir nicht gelungen zu erfahren, was diese Gruppe tut und wer sie bildet. Weißt Du darüber mehr?

A: Frag einfach mal Carsten Putzke vom Tanzart Hannover.

F: Welche Ratschläge gibst Du den TänzerInnen, die bereits keinen Mut gefunden haben, um beim Turnier zu starten?

A: Es ist schon ein tolles Gefühl...so ein Turnier...laßt euch das bloß nicht entgehen....ach ja, tanzt ordentlich, macht euch nett zurecht ....und die anderen Paare sind keine Gegner sondern Opfer!

F: Planst Du mit Klaus auch an den Gay Games 2002 in Sydney teilzunehmen?

A: Wenn Klaus zu diesem Zeitpunkt in Südafrika oder Tokio ist...dann wird’s schwierig!

F: Ich wünsche Dir/Euch nach wie vor viele Erfolge und bedanke mich für das Gespräch.