EUROGAMES 2004 München
Turnierbericht von Irene Hanke

Auf dieses Tanzturnier war ich sehr neugierig und habe die Einladung zum Werten ohne zu zögern zugesagt. Es würden dort sicher auch die besten Paare am Start sein! Und so war es dann auch! Vorher aber gab es die Eröffnungsfeier in der Olympiahalle. Beeindruckend war der Einmarsch der Athleten aus allen Nationen der Welt! Über 5.500 Sportler in den verschiedensten Disziplinen hatten sich für diese Spiele genannt. Diese Feier wurde dann auch noch mit einem Rahmenprogramm und Ansprachen verschiedener Politiker, u.a.  auch vom Münchner Oberbürgermeister, der außer Standing Ovations auch noch drei Mal die Welle bekam, komplettiert. Als Gaststar trat Uwe Kröger mit seinen neuesten Liedern auf. In der Nacht leistete dann das Organisationskomitee Tanzsport großartiges. Unter der Leitung von Gabi Dietmann, an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für die Einladung, wurde aus der Showbühne am Donnerstag, eine Tanzfläche für Freitag gebaut!

Mit 273 Paaren im Tanzsport fand in der Olympiahalle in München das bisher größte Latein- und Standardturnier der Eurogames statt. Das Wertungsgericht setzte sich aus internationalen Wertungsrichtern aus Deutschland, USA, Kanada, Grossbritanien, Österreich und der Schweiz zusammen.

Am Freitagvormittag begannen dann die Spiele. Damen Standard und Herren Latein war für diesen Tag geplant.

Der Beginn war etwas langatmig und langwierig, da der General Look sehr, sehr lange dauerte. Unverständlicherweise wurden für den General Look 3 Tänze ausgewählt und in Kleingruppen auf der doch großen Fläche der Olympiahalle (22mx19m,  418m²) getanzt. Danach wurden dieselben Tänze mit denselben Kleingruppen für die Sichtungsrunde nochmals geboten! Bis dann das tatsächliche Turnier beginnen konnte, war die erste Ermüdungsphase schon eingetreten, sowohl bei den Wertungsrichtern als auch bei den Paaren. Der General Look ist für mich nur notwendig um zu sehen: wie tanzen die Besten, wie tanzen die nicht so guten. Ich brauche nur einen ungefähren Überblick über das Niveau, um danach zu sehen, welche Paare in welche Klasse einzustufen sind.

Die D-Klasse bei den Herren und Damen in beiden Disziplinen war meiner Meinung am Schwierigsten zu werten. In dieser Klasse findet man ausschließlich Hobbytänzer, die oft mit viel Freude, aber wenig „Taktgefühl“ unterwegs sind. Richtige Technik, gute Haltung, Schwung waren in dieser Klasse eigentlich nicht zu finden. Also versuchte sich der Wertungsrichter am Takt festzuhalten. Das war aber keine leichte Sache, weil auch dieser nur zeitweise bei den Paaren zu finden war. Ich gebe zu, dass ich manchmal die Augen schloss um den Takt zu zählen, sie wieder öffnete um zu schauen, wer im Takt ist. Ich musste die Augen schließen, denn wenn von 7 Paaren auf der Fläche 7 verschiedene Takte getanzt werden, und keiner davon passt in den eigenen, dann kann es schon sein, dass man als Wertungsrichter kurzzeitig verunsichert ist!

In der C-Klasse konnte man schon mehr „Turniertanz“ sehen. Barbara Biegl und Barbara Hufnagl aus Wien konnten mit einer ansprechenden Leistung im Finale in den Lateinamerikanischen Tänzen den 2. Platz erreichen und sich somit eine Silbermedaille in der C-Klasse sichern. Herzlichen Glückwunsch! In der B-Klasse Latein konnten Roswitha Wetschka und Helga Eberherr das Finale erreichen, um dort den 5. Platz zu belegen. Allerdings lässt hier vor allem die Programmgestaltung etwas zu wünschen über. Die sollte noch mal überdacht werden, denn ein Programm sollte rund ablaufen und zu dem Paar passen, dann ist die Chance auch groß, die Technik unterzubringen! Das Herrenpaar Andrzej Selerowicz - John Clark erreichte in der Standard B-Klasse das Semifinale und belegte dort den 8. Platz. 7 Paare waren im Finale und die beiden waren das Anschlusspaar zum Finale. Schade, denn sie brachten eine saubere Leistung mit klaren Linien und diversen Role-changes. Einzige Kritik: die beiden könnten mehr Dynamik auf die Fläche bringen, um sich besser von den Gegnern abzuheben. Aber, wenn die beiden weiter so effektiv arbeiten, sollte eigentlich bei den nächsten Turnieren ein Platz ganz vorne möglich sein!

Die beiden A-Klassen an diesem Tag, Herren Standard und Damen Latein war der absolute Höhepunkt. Immer wieder fasziniert mich die Dynamik, die Männerpaare in der Lage sind zu erzeugen. Alle Paare im Finale waren eine Augenweide, und jedes dieser Paare hatte seine persönlichen Stärken. Doch klar mit allen Einsern gewannen Bernd Farwick und Klaus Padberg, sie holten sich damit die Goldmedaille und den Europameistertitel! Ich freue mich schon sehr darauf, die beiden wieder in Wien beim Blue-Danube-Cup begrüßen zu dürfen! Horst Droste und Pascal Herrbach erreichten den 2. Platz und holten sich verdienterweise die Silbermedaille. Denn an diesem Tag haben die beiden alles gegeben und ihr ganzes Können gezeigt!

Nach dem Finale Standard Herren fand das Finale Latein der Damen statt.

Die ersten drei platzierten Paare Sabine Karko - Beate Fricke, Agnes Schneider-Regina Sterbik und Katrin Kern-Martina Weibel sind in ihren Plätzen austauschbar. Jedes Paar hat einen individuellen Tanzstil, bei jedem Paar sind beide Partner sehr stark, bei jedem Paar ist Technik und Dynamik in gutem Verhältnis sichtbar. Es war nicht einfach zu werten, denn ich hätte für diese drei Paare gerne jedes Mal eine Eins gehoben. Aber das Los des Wertungsrichters: er muss die Plätze 1 – 6 vergeben und darf jeden Platz nur einmal zeigen. Das verstand das Publikum nicht immer und es gab vor allem vom dänischen Lager und leider auch manchmal vom deutschen Lager negative Reaktionen auf die Wertungen. Das fand ich schade, denn ein Wertungsrichter rächt sich nicht an Paaren indem er ihnen keinen Einser gibt. Und ich weiß, dass die meisten Wertungsrichter es sich sehr schwer machen, um ja eine gerechte, aber natürlich persönliche Wertung abzugeben. Der Turnierleiter forderte von den Fans mehr Fairness, aber diese Bitte musste er drei Mal wiederholen.Das österreichische Paar Agnes Schneider und Regina Sterbik sicherten sich den 2. Platz und somit die Silbermedaille und den Vizeeuropameister-Titel in der höchsten Startklasse. Wir Österreicher sind stolz auf die beiden!

Am zweiten Tag der Eurogames stand Damen Standard und Latein Herren am Programm.

Dieses Mal wurde für den General Look nur ein Tanz ausgewählt. Damit stand dem Einhalten des Zeitplans nichts mehr im Wege. Die beiden Turnierleiter Karsten Putzke und Christine Nadwornicek machten sich ihre Aufgabe nicht leicht. Sie schafften es tatsächlich die Stimmung im Saal über viele Stunden lang fantastisch zu halten. Mit viel Energie und Freundlichkeit forderten sie das Publikum und die Paare zu Höchstleistungen. Allerdings machten es ihnen die Paare nicht immer leicht, indem diese entweder gar nicht oder zu früh auf der Fläche erschienen und sich nicht immer an die ausgeschrieben Rundeneinteilung hielten. Obwohl jedes Mal die Startnummern auf Englisch angesagt wurden, überhörten einige elegant ihren Auftritt. Hier würde man sich doch etwas mehr Disziplin bei den startenden Paaren wünschen.

Bei den Damen gab es nur ein österreichisches Paar am Start. Roswitha Wetschka und Helga Eberherr traten in der Klasse B an, konnten aber das Finale nicht erreichen. Hier müssen die beiden noch viel an Haltung und Technik arbeiten und manche störende Figuren aus dem Programm nehmen bevor ein Finale in einem solchen Rahmen möglich wird.

Meine Favoriten auf den Sieg in der B-Klasse Standard waren in der Endrunde plötzlich nicht mehr am Start. Sabine Sommer und Angela Guth waren für mich das beste Paar in dieser Klasse. In der Sichtungsrunde hatte ich die beiden in die A-Klasse gestuft. Ihr Tanzen war ruhig und dennoch schwungvoll. Ihre Technik bestechend und es gab in ihren Programmen kein groteskes Figurenmaterial, wie ich es in beiden Disziplinen bei anderen Paaren häufig gesehen habe.

Es gibt keine Figurenbeschränkung im Equalitytanzen, und somit können Paare alles, was ihnen gefällt ins Programm nehmen. Nur gibt es sehr viele Figuren, die NUR von wirklich guten und erfahrenen TänzerInnen getanzt werden sollten, dann sehen sie auch wirklich gut aus. Ein Anfänger (und beim Tanzen ist man lange ein Anfänger) ist nicht in der Lage mit anspruchsvollen Variationen auch wirklich den gewünschten Effekt erzielen. Also möglicherweise überdenken Paare ihr Figurenmaterial mit ihren Trainern und Betreuern um die Qualität auch schon in den unteren Klassen zu heben!

Nun zurück zu dem Paar Sommer/Guth: Die beiden konnten verletzungsbedingt nicht mehr zum Finale antreten. Eine der beiden hatte sich wohl (so wurde es mir erzählt) bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Paar im Semifinale schwere Verletzungen zugezogen und musste mit der Bahre abtransportiert werden. Schade, dass so etwas auf einer so großen Fläche mit doch wenigen Paaren passierte. Ich wünsche gute Besserung und hoffe, die beiden bald wieder auf der Tanzfläche zu sehen. Vielleicht kommen sie ja nach Wien zum Blue-Danube-Cup. Ich würde mich sehr darüber freuen.

Die A-Klasse der Damen in den Standardtänzen gewannen souverän und wirklich sehr verdient Dunja Jansen und Claudia Reger aus Deutschland. Dieses Paar zeigte in keiner Sekunde irgendwelche Schwächen, wirkte sehr kompakt und harmonisch. Das Figurenmaterial war zum Teil von sehr hohem Niveau. Sie trauten sich auch über „nicht übliche“ Figuren, wie zum Beispiel im Tango eine sehr tiefe Pose, die mit dem Knie auf dem Boden endete. Sehr beeindruckend, denn sie verloren auch in diesem Moment nicht den Körperkontakt. Die Silbermedailliengewinner waren Caroline Privou und Petra Zimmermann. Sehr begeistert war ich von ihrem Quickstep, wobei die beiden förmlich über die Fläche flogen. Mit viel Schwung und Dynamik ließen sie den Quickstep dennoch sehr leicht aussehen. Die beiden waren bereits in Wien und haben sich dort viele Fans ertanzt!

Die Latein A Klasse bei den Herren war sehr beeindruckend.

Ein erstaunter, entzückter Aufruf ging durchs Publikum, als Horst Droste und Pascal Herrbach auf die Fläche gerufen wurden. Sie kamen mit einem neuen Outfit zum Finale. Ein weinroter mit Strasssteinen besetzter Anzug, und als sich die beiden umdrehten, war der Anzug rückenfrei! Genial, vor allem, weil die beiden mit ihrem Körperbau es sich auch leisten können. Horst und Pascal wurden Europameister, mussten aber einige Wertungen an das zweitplatzierte Paar aus New York (USA) Guzman Jorge und Russell Halley abgeben, die sich, seit ich sie das letzte Mal in Österreich gesehen habe, sehr stark verbessert haben und sehr viel Dynamik und Power auf die Fläche brachten.

Für Überraschung sorgte ein Paar aus Sofia-Bulgarien Kalin Mitov und Ivailo Krastev. Dieses Paar nahm offensichtlich das erste Mal an einem gleichgeschlechtlichen Turnier teil und stufte sich für die C-Klasse ein. Dort blieb es aber allerdings nicht, sondern fand sich am Ende in der höchsten Startklasse wieder. Die beiden waren anscheinend auf 3 Tänze vorbereitet, also Cha-Cha-Cha, Rumba und Jive. So wurde die Samba von ihnen improvisiert, was dann so aussah, dass sich einer der beiden nach einer kurzen Sequenz „Samba“ in den Spagat begab, der andere in mit einer Hand hielt und dies wiederholte sich etwa sieben Mal. Den Pasodoble im Semifinale ließen sie aus, hatten aber anscheinend doch genug Marks fürs Finale. Im Finale improvisierten sie einen Pasodoble, und ich muss sagen, das gelang ihnen sehr überzeugend. Sie erreichten den 3. Platz und ich denke und hoffe, dass man von diesem Paare noch viel hören wird. Abschließend muss ich sagen, dass mich die guten Leistungen der Paare sehr angesprochen haben.

Ich habe nur noch einen kleinen Kritikpunkt anzubringen: Es gibt zwar keine Kleidervorschrift, was mir gut gefällt, aber vor allem die Damen in den unteren Klassen, teilweise auch bis zur B-Klasse vergreifen sich äußerst oft in ihrem Outfit und Styling. Der Tanzsport ist nicht nur Sport sondern auch elegante Kunst! Dementsprechend ist ein nur sportliches Aussehen (keine Frisur, Haare die ins Gesicht fallen, ungeschminktes Gesicht, etc.) auf der Turniertanzfläche nicht angebracht. Die meisten Herren wissen bei weitem mehr, wie sie sich herrichten um elegant und manchmal auch ausgefallen zu wirken. Die meisten Damen bräuchten dringend eine Stylingberatung, um ihre Vorzüge herzuzeigen und nicht ihre Nachteile zu betonen. Die Damen der A-Klasse zeigen es brillant vor, was Styling sein soll. Also, warum kein Beispiel nehmen an ihnen? Schließlich sind sie es, die den Trend bestimmen, und sie haben alle Geschmack, wie man in München wieder sehen konnte!

Irene Hanke, Wien