WA DES KOSCHD! (WAS? NUR SPRIT IST TEUER!)

Nach der Schule hiess es erstmal ran an die Kreidler, oder was man auch immer fuer ein "Krad" hatte. Das war eine Hass-Liebe, das sage ich euch. Einerseits bedeutete es Die Grosse Freiheit, andererseits wurde ein alternativer, von der kostenintensiven Fortbewegung durch zwei Raedern unabhaengiger Freizeitvertreib (schlicht "Hausaufgaben") fast ausgeschlossen. Wenn das Mofa im Keller blieb war es ein schwarzer Tag fuer mich. Wie erwaehnt, gab ich mein ganzes Geld dafuer aus, dann investierte ich all meine Freizeit ES zu hegen und pflegen, putzen und polieren, schrauben und schmieren, streicheln und frisiern (in rein technischer Hinsicht). Der Moped Rap.
Bevor ich meine Maschine in- und auswendig kennenlernte, brachte ich meine Zuendapp brav zum ersten Kundendienst nach Urach, ins Zweirad-Fachgeschaeft Fischer. Die hatten es gar nicht eilig damit, was bei mir Entzugserscheinungen ausloeste. Ohne Telefon musste ich jeden Tag vor der Heimfahrt mit dem Bus vorbeijoggen (d.h. ich joggte nicht "mit" dem Bus - ihr wisst ja..) und nachfragen. Idiot. Als ich meine ZD25 dann abholte, zahlte ich brav den diensthabenden Machheniker (haha! das war "guenstig", denn ich bekam noch Wechselgeld zurueck) machte den Benzinhahn auf, tippte den Kaltstarter, trat mit rechts auf das Pedal und schnatterte los. Ja, ein bisschen besser fuehlte sie sich an, hoerte sich an, ein bisschen anders roch sie gar.
Kaum war ich beim Kino fing der Bock an zu qualmen. Ich hielt sofort an und sah wie Benzin an der Verkleidung ueberm Vergaser auf den Auspuff stroemte - nicht tropfte - stroemte. Panik. Mein fluessiger Goldschatz floss davon. Schnell den Hahn abgewuergt und nach der Ursache geschaut. Hm. Der Benzinschlauch war fest, der Vergaser musste dicht sein (bitte, bitte, bitte), der Benzinhahn konnte doch nicht einfach so kaputtgehen? Aufmachen. Da! Schon fing er an zu lecken. Und mich leckst am Arsch! Das war gar nicht mein Benzinhahn! Bei diesem war das zylindrische Klarsichtfenster schon total gelb, trueb, aufgeweicht und die Dichtung wirkungslos. Ich schob mein Mofa zurueck zum Fischer, wartete bis der Machheniker auftauchte und sagte: "Mein Benzinhahn ist kaputt!"
Er bueckte sich, runzelte die Stirn machte den Hahn auf und gleich wieder zu.
"Tja, Dein Hahn ist defekt."
Das wusste ich, danke, aber wie konnte ihm dies denn entgangen sein, wenn er das Ding doch gewartet hatte? "Probefahrt" gemacht, usw? Ganz einfach war seine Handhabung des Problems: Er tat so, als ob ich noch nie zuvor in seinem Laden gewesen waere. Als ob ich mein Mofa nicht vor 10 Minuten aus dem Laden abholte.
"Ich hol Dir einen neuen. Kostet DM 8 rum." Ich war sprachlos, gar sprachloser als im Geschichtsunterricht, geistig voellig gelaehmt, stand da. Der Gute kippte mein Mofa geschwind auf die Seite, drehte den neuen Hahn hinein, nahm mir das Geld ab und ward verschwunden.

Langsam, gaaanz langsam verlangsamte sich der Herzschlag, der Atem flachte ab, das Rauschen in den Ohren liess nach, der Mund schloss sich wieder und schliesslich fanden sich Worte zu Saetzen zusammen. Englisch, Deutsch, Schwaebisch, Esperanto, Computer-BASIC, alles was ich im Hirn so zur Verfuegung hatte. So eine Drecksau. So eine gotts-#$2#@*&4, granadamaessige Drecksau! Fucking cocksucker! Drecks-Seggl um da ganza Ranza rum! Mir den Hahn austauschen, dann einen neuen andrehen, mir dabei das ganze (Wechsel-) Geld klauen und meinen original-Hahn auch noch womoeglich "weiterverkaufen" war so eine richtig liadrige Schandtat. Das war doch wieder typisch fuer einen Erwachsenen.

Was tat ich, das junge Superhirn? Ich verlangte den alten, defekten Hahn, setzte mich still aufs Mofa und fuhr nach Hause. Auf der Heimfhahrt dachte ich darueber nach, was ich denn tun koennte. Den Eltern den Beweis vorzulegen und sie um Hilfe bitten schien mir eine gute Idee, doch bis ich dann in der Einfahrt abbog, kam ich mir nur noch doof vor )wie sich Vergewaltigungsopfer oft schaemen). So ein Depp, faehrt einfach davon. Blablabla. Ich hoerte meine Mutter schon diese Worte wiederholen, das war ihre Art. Selber schuld. Haettest das Mofa dortlassen und den Chef verlangen sollen. Jawohl, selber schuld. Es hatte keinen Sinn deswegen Aerger zu machen. Ich war tatsaechlich ein Idiot, aber einer mit einem gesunden Mofa. Das naechste Mal geht man halt zum Sauer nach Pfullingen, wenn was mit der Muehle ist. Egal, ob Pfullingen weiter weg ist. Da muss man durch, was nicht diekt zum Tode fuehrt, tralalala.
Zum naechsten - und letzten - Kundendienst lieferte ich mein Mofa beim Sauer ab, der bei den anderen Mofarockern eh mehr Respekt hatte. Man sagte gar genau, an welchem Nachmittag die Arbeit fertig sein wuerde. Der Sauer machte um 18 oder 18.30 Uhr zu. Pech: Mein Vater war nicht, wie sonst, puenktlich zu Hause; JA, WO TRIEB SICH DER SCHON WIEDER HERUM? Und er wuerde mich, laut Mutter, auch ganz bestimmt nicht dorthin fahren, ja-spinn-ich-denn-was- das-kostet. O, nein. Vielleicht wuerde sie am Wochenende zur Abwechselung in Pfullingen einkaufen... So koenne man die sprichwoertlichen zwei Fliegen billiger im Doppelpack mit Coupon erschlagen. Aaaaah, super.
Helm geschnappt, Lederjacke an, Geld in die Tasche gesteckt, zur Strasse vor und den Daumen hoch. Bis nach St. Johann kam ich rasch, aber dann floss der Verkehr nur noch einseitig die Alb hoch. Ich lief, ich trabte, ich nahm hier und da eine Abkuerzung. Nichts. Am Stoibruch war ich und niemand nahm mich mit. Panik, Selbstgespraeche. Hm. Bis zum Suedbahnhof runter gestoppt, dann nach Pfullingen wieder hoch! Wenn das so weitergeht, komm ich nie an. Gut. Kann ich umkehren. Heimgehen. Haha! Bis dann sind die meisten St. Johanner auf der Alb. Maybe kann ich beim Vetter in Sondelbach knacken...
Ich rannte ueber die Wiese zum Feldweg gegenueber vom Stoibruch, lief diesen entlang und sah hinab ins Tal. Ah. Da hinten war mein Mofa. Am "Gipfelkamm" entlang bis zum Ende der Huegel zu laufen und am Felsa rakraxla sah ganz einfach aus.
War es auch. Nur, um ins Tal zu gelangen, war mehr Rutschen und gelegentlich freier Fall angesagt. Gut, dass ich den Sturzhelm und Handschuhe dabeihatte. Ohne Uhr (viel zu teuer, die Batterien) konnte ich freilich nicht wissen wie "schnell" ich war, ob das ganze letztens nur ein schlechter Alp-Scherz sein wuerde, doch ich konzentrierte mich immer wieder nur auf mein Zweirad.
In woertlich letzter Minute kam ich beim Sauer an. Der Chef war gerade dabei, Feierabend zu machen, nahm sich aber noch Zeit, mir die Punkte des Kundendienstes aufzuzeigen. Er hatte mir zudem die Spiegelstange etwas abgewinkelt, ein Loch hinters Auspuffpfeiffle gebohrt, damit das angesammelte Zweitakt-Oel ablaufen konnte. Saubere Loesung. Guter Mann. Ach ja, der Tank war auch gefuellt, randvoll. Lass an schnurra, da Bock.
Aaaaeeeerrrrrrrrgh!!!!!!!!!!!!!! 9 Liter Sprit?!? Mit was, Hosenknoepfe? Haha! Okay, okay, nehmt mir das ganze Geld ab, den letzten Pfennig! Da! Darfs a bissle mehr sein? Hier!! Hahaha!! Aaaaaaeeeeeeerghhhhh!!!!!!!!!!

Das Mofa war ungewohnt schwer mit dem vollen Tank, aber ich gewoehnte mich in der folgenden Woche schnell daran (und leider gleich wieder davon ab). Dem Sauer konnte ich das nicht uebelnehmen, machte er doch seine Arbeit gewissenhaft. Mei, nicht jeder Mercedesfahrer sollte einen Mercedes fahren. Aber zum Heulen war mir trotzdem.

Ich blieb bei meinem Vetter im Efeu lange genug (naemlich bis er ins Bett musste), dass sich meine Mutter wunderte, wo ich so lange steckte (haetten wir ein Telefon, Mutter, wuesstest du das - maybe), ohne sich meinentwegen jedoch direkt kostbare Sorgen machen zu muessen. Um 24 Uhr war ein Mofasitz so bequem wie sonst auch, fand ich.
Alles scheissegal. Ich hatte mein Mofa wieder und kannte den Heimweg. Diesmal war ich schlecht gelaufen und gut gefahren. Nur noch da Hahna uff ond d' Alb nuffbrezla.

Die Moral dieser Geschichte: Halt dich von den Erwachsenen so fern wie nur moeglich.

Mit meinen Rocker-Freunden konnte ich wenigstens was anfangen.

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