III
DAS BUCH DER AMEISE

Das ist die Ameise. Unermüdlich ist ihr Schaffen
Keinen Widerstand kennt sie. Gewaltige Hügel hau
sie. Große Reiche errichtet sie. Zahllos ist sie. Alle
zerstört sie. Bis auf die Knochen nagt sie das Fleisc
des waidwunden Jaguars ab.


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1. Kapitel
DIE WEISSEN BARBAREN IM REICH
DER INKAS

1492 bis 1534:

Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit ist gekennzeich-
net durch die Entdeckungen der Portugiesen und Spanier. Sie
führen die westeuropäischen Nationen auf den Ozean. In der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts traben kühne Seefahrer
bereits die Atlantischen lnseln erreicht, 1492 entdeckt Chri-

stoph Kolumbus Amerika. Er unternimmt insgesamt vier Rei-
sen in die Neue Welt und gründet die erste spanische Kolonie
auf Haiti. Im Jahre 1500 entdeckt der portugiesische Seefahrer
Cabral Brasilien. 1519 beginnt Cortez mit der Eroberung von
Mexico. Nach dreijährigen Kämpfen kapituliert der Aztekenkö-
nig Montezuma 11. und wird von den Spaniern ermordet. Eifrige
christliche Missionare vernichten die altmexikanische Kultur.

1531 setzt Pizarro zur Eroberung von Peru an. Das durch einen
blutigen Bruderkrieg geschwächte Großreich der Inkas erliegt
in einem dreijährigen Kampf den besser gerüsteten spani-
schen Truppen. Ihr Sonnenkönig Ataualpa, der durch Verrat in
Gefangenschaft geraten ist, wird 1533 erdrosselt. Nur wenige
Reste der hochentwickelten Kultur, in der vor allem die Archi-

tektur, die Knotenschrift und die Bearbeitung von Gold her-
ausragend sind, überleben die Zerstörung. Die von zeitgenös-
sischen Geschichtsschreibern auf zehn Millionen geschätzte
Bevölkerung des lnkareiches sinkt in wenigen Jahren auf drei
Millionen ab. Der Wert der von den Spaniern aus Peru abtrans-
portierten Goldbarren beträgt in moderner Währung rund fünf
Milliarden Dollar.

I 19
DIE ANKUNFT DER WEISSEN BARBAREN

DIE CHRONIK voN AKAKOR ist ([ie Kunde von den uglia
Mongulala, wie unsere Früheren Herren mein Volk ge-
nannt haben. Hier steht alles geschrieben, der Anfang und
((er Ursprung von allem, alles, was im Stamm der Auser-
wählten Diener geschah. Hier wird enthüllt, erklärt und
berichtet, was den Weißen Barbaren verborgen ist; die
Herrschalt unserer Früheren Herren auf der Erde, die
Großen Katastrophen Inder Geschichte der Menschen und
die Heldentaten unserer Krieger. Alles ist in ihr enthalten,
in guter Sprache, in deutlicher Schrift. Ich aber berichte das
schon am Ende der Zeiten. Ich gebe preis das Buch der
Weisheit Lind das Leben meines Volkes nach dem Ver-
mächtnis der Götter, um Rechenschalt abzulegen über das
Vergangene und Zukünftige. Denn die Ugha Mongulala
sind dem Untergang geweiht. Immer mehr Bäume fallen,
ihrer Wurzeln beraubt. Immer zahlreicher sind die von den
unsichtbaren Pfeilen der Weißen Barbaren getroffenen
Krieger. Ein Strom von Blut zieht sich durch die Wälder
am Großen Fluß, endlos, bis zu den Ruinen von Akakor.
Verzagtheit und Mutlosigkeit haben mein Volk ergriffen,
seit die Weißen Barbaren in unser Land eingedrungen sind,
so wie es in der Chronik niedergeschrieben steht:

Da erreichte den Hohen Rat eine seltsame Kunde
von fremden, bärtigen Männern und von gewaltigen
Schiffen, die lautlos über die Wasser gleiten und de-
ren Masten bis in den Himmel reichen. Es kam die
Kunde von weißen Fremden, stark und mächtig wie
die Götter. Wie unsere Altväter waren sie. Und der
Hohe Rat ließ Freudenfeuer entzünden. Der Frühe-
ren Herren gedachte er. Opfergaben spendete er für
die Götter, die endlich zurückgekehrt waren. Und

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die fohe Kunde lief von Mann zu Mann. von Stamm
zu Stamm verbreitete sich die Nachricht, wie Lias
Tromiiielschlagen bei Tag und bei Nacht. Und das
ganze vulk brach in Freudentränen aus. Denn die
Prophezeiung hatte sich erfüllt. Die Götter kehrten
zurück.


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Die Nachricht von der Rückkehr unserer Früheren
Herren erwies sic)] bald als ein grausamer Irrtum, Die
Fremden kamen nicht in guter Absicht. sie kehrten nicht
zurück, um mit Güte und Weisheit die Herrschaft zu über-
nehmen. Statt Glück und inneren Frieden brachten sie Trä-
nen, Blut und Gewalt. In einem wahren Rausch von Haß
und Gier zerschlugen die Fremden das Reich des schwe-
Stervolkes der Inkas. sie brannten ihre Dorier und städte
nieder. Sie ermordeten Männer, Frauen und Kinder. Die
Weißen Barbaren, so nennen wir sie bis heute, verwarfen
sogar das Vermächtnis der Altväter, sie errichteten Tempel
im Zeichen ries Kreuzes und opferten Millionen Menschen
zu seiner Ehre.
Doch zu Beginn des Jahres I20I j, Ti 32 in der Zeitrech-
nung der Weißen Barbaren, wären solche Gedanken noch
wie ein Frevel gewesen. Damals schien es, als würde sich
die Prophezeiung der Altväter erfüllen. sechstausend Jahre
nach ihrem letzten Besuch auf der Erde kehrten sie zurück,
wie sie es versprochen hatten. Und entsprechend groß war
die Freude beim Auserwählten Volk. Eine neue Zeit stand
bevor, die Rückkehr der Tage, in denen die Ugha Mongu-
lala die Welt beherrscht hatten, im Norden, im süden, im
Westen und im Osten. Die einzigen, die den allgemeinen
Jubel nicht teilten, waren die Pries ter. sie zweifelten an der
Nachricht von der Rückkehr der Götter, obwohl das Da-
tum ihren Berechnungen entsprach. Vor zwölftausend
Jahren hatten die Altväter die Erde verlassen, seit dem
Tode Lhasas waren fast sechstausend Jalire vergangen.
Aber die Priester, die alles kennen, die die Zukunft sehen
und denen nichts verborgen ist, beobachteten ani Himmel
bedrohliche Zeichen. Ein gewaltiger stern näherte sich der
Erde und tauchte die Ebenen und die Berge in ein düsteres
Licht. Auch die Sonne hatte sidi verwandelt, so wie es in
der Chronik niedergeschrieben steht:

1 2 2

Wehe uns. Die Zeichen sind unheilvoll. Nicht gelb
und hell ist Llie Sonne, sondern rot, wie von dickem
Blut. so sprachen die Priester. Nicht Frieden bringen
die Fremden. Nicht dem Vermächtnis der Altväter
vertrauen sie, Aus Blut sind ihre Gedanken. Mit Blut
überziehen sie das ganze Reich.

Das von unseren Priestern vorhergesehene Unheil traf
zuerst die Inkas. In ihrem Reich brach ein Bruderkrieg aus.
Die beiden söhne des Huayana Capac kämpften um Lias
Amt des Fürsten. In einer blutigen schlacht auf den Feldern
vor Cusco unterlag der erstgeborene Huiscar seinem jün-
geren Bruder Ataualpa. Der Sieger drang mit seinem Heer
in die Hauptstadt einund errichtete eine blutige Schrek-
kensherrschaft. Ataualpa hätte die Anhänger seines un-
glücklichen Bruders vernichtet, wären nicht die Fremden
Krieger an der Küste des westlichen Weltmeeres gelandet.
Ihre überraschende Ankunft verhinderte seinen endgülti-

gen Sieg.

Gewaltige Schiffe erreichten die Küste, Lautlos ka-
men sie über das Wasser. Und bärtige Männer gingen
an Land, mit mächtigen Waffen und seltsamen Tie-
ren, so schnell und stark wie der Jaguar auf der Jagd.
Und in einem Tag erwuchsen Ataualpa mächtige
Gegner. Grausame Feinde gewann er, falsch und
voller Hinterlist,

DIE ZERSTÖRUNG DES REICHES DER INCAS

Schon kurze Zeit nach ihrer Ankunft in Peru verrieten die
Weißen Barbaren ihre wahren Absichten. Geblendet von
den Schätzen und Reichtümern Cuscos, begannen sie einen
grausamen Eroberungskrieg. Zuerst stürmten sie die

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Städte an der Küste. Sie besetzten das umliegende Land
und unterwarfen die Verbiinöeten Stämme der Inkas.
Dann.iamnielten sich die Weißen Barbaren zu eineni Feld-
zug über die Berge der Anden. Bei dein Ort, ([en fiian Ca-
tamarca nennt, zehn wegstunden von Cuscu entfernt, tra-
fen sie auflas Heer Ataualpas, öes Fiirsten der Söhne Der
Sonne.

Furchtbares berichteten die Kriegsspäher. Schreck-
lich waren ihre Enthüllungen, Ataualpa mußte sei-
nen Hochmut teuer bezahlen. Einer Kriegslist der
Fremden fiel er zum Opfer, Durch Verrat wurde er
gefangengenommen. Gebunden wurde der zweitge-
borene Sohn des Huayana Capac. Getötet wurden
seine Krieger durch die Waffen der Weißen. Die
Ebene war rot von Blut. Knöcheltief stand das Blut
auf den Feldern, als die Inkas die Schlacht verloren.
Und weiter zogen die bärtigen Krieger. Bis nach
Cusco kamen sic, mordend und plündernd. Sie
schändeten die Frauen. Sie raubten das Gold. Sogar
die Gräber brachen sie auf. Not und Verzweiflung
kehrte auf den Bergen ein, wo einst Ataualpa mächtig
war, der Fürst der Söhne der Sonne.

Wie grausam die Weißen Barbaren eigentlich waren, er-
fuhr mein Volk von den zahlreichen Flüchtlingen der In-
kas. Die bärtigen Fremden verübten schlimmere Untaten
als die wilden Stämme. Sie schlugen den Männern den Kopf
ab und schändeten die Frauen. Sie plünderten die Weihe-
stätten und traten die Opfergaben mit Füßen. In ihrer Gier
nach Gold rissen sie sogar die Gräber auf. Nicht einmal die
Ruhe der Toten war ihnen heilig. Kaum zwölf Monde nach
ihrer Ankunft lag über dem Reich der Söhne der Sonne eine
tiefe Finsternis, nur erhellt von den brennenden Städten

124

und Dörfern. Bald mußten die Ugha Mongulala die
schreckliche Wahrheit erkennen. Das Schwesteri>olk war
dem Untergang geweiht. Die Fremden besaßen rätselhafte
Waffen, die flammende Donnerkeile aussandten. Sie hatten
seltsame Tiere mit Silberfüßen, die, von Menschen gelenkt,
Tod und Verderben in die Reihen der Söhne der Sonne
brachten. Vor ihnen flohen die Krieger Ätaualpas in pani-
scher Angst.
Aber die Inkas waren ein starkes Volk, Trotz der Über-
legenheit der Waffen der Fremden kämpften sie verbissen
um ihr Land. Nach der vernichtenden Niederlage bei Ca-
tamarca sammelten sich die Reste des Heeres in den Bergen
um Cusco und an der Grenze des Landes, das man Bolivien
nennt. Die Hauptmacht sperrte die Gebirgspässe zur Kü-
ste. Ausgesuchte Späher fielen dem Feind in den Rücken.
So verhinderten sie über lange ?eit den Vormarsch der
Weißen Barbaren. Erst als sie Ataualpa zur Ehre ihres
Gottes bei lebendigem Leibe verbrannten, damit das
Schicksal erfüllt werde, das ihm unsere Priester vorherbe-
stimmt hatten, gaben sie ihren Widerstand auf. Das Impe-
rium der Inkas ging in einem schrecklichen Feuersturm un-

ter.
Wehe den Söhnen der Sonne. Welch schreckliches
Schicksal hat sie ereilt. Das Vermächtnis der Götter
verrieten sie und wurden jetzt selber verraten. Ge-
züchtigt wurden sie. Blutig geschlagen von den Wei-
ßen Barbaren. Denn keine Gnade kannten die Frem-
den. Die Frauen schonten sie nicht und nicht die
Kinder. Wie böse Tiere benahmen sie sich, wie
Ameisen, alles zerstörend, was sich ihnen in den Weg
stellte. Fürdie Söhne der Sonne brach die Blutzeit an.
Ein ganzes Volk bütte fiir die Sünden öes viracoLha.
Die Hundetage begannen, da die Sonne und der
Mond verdunkelt sind von Blut.

125
DER RÜCKZUG DER UGHA MONGULALA

Fünf jähre nach der Ankunft der Weißen Barbaren glich
das Reich der Inkas dem Imperium Akakors nach der er-
sten Großen Katastrophe. Seine Hauptstadt lag in Trüm-
mern. Die Dörfer und Siedlungen waren niedergebrannt.
Die Überlebenden hatten sich in die hohen Berge zurück-
gezogen oder dienten den Weißen Barbaren als Sklaven.
Überall herrschte das Zeichen cles Kreuzes, das gleichbe-
deutend ist mit dem Zeichen des Todes. Die Ugha Mongu-
lala hatten die Tragödie bisher nur aus der Entfernung er-
lebt. Die Weißen Barbaren waren gänzlich mit der
Plünderung der Schätze der Inkas beschäftigt. Ihre Krieger
fürchteten sich vor der dichten Lianenwildnis an den Ost-
hängen der Anden. Nur die fliehenden Krieger des un-
glücklichen Schwestervolkes überschritten die von Lhasa
erbaute Wehrgrenze zwischen den beiden Reichen. Erst im
jähre I20j4 dehnte sich der Krieg auch auf Akakor aus.
Durch verrät erfuhren die Spanier, wie sich die Weißen
Barbaren nannten, von unserer Hauptstadt. Und weil ihre
Goldgier unerschöpflich war, rüsteten sie ein Heer aus.
Nach heftigen Kämpfen mit dem Stamm der Dämonen-
Schrecken stieß es über die Ostflanke der Anden in das Ge-
biet von Machu Picchu vor. Der Hohe Rat stand vor einer
lebenswichtigen Entscheidung - Krieg gegen die Weißen
Barbaren oder Rückzug in das Kerngebiet von Akakor.
Gegen die Stimmen der Feldherren und gegen den Willen
der Krieger beschlossen Fürst Umo und die Ältesten des
Volkes den Rückzug. Sie gahen den Befehl, die Grenz-
städte zu räumen und alle Hinweise auf die Hauptstadt zu
vernichten. Nur kleine Spähtrupps blieben in den aufgege-
benen Gebieten zurück. Sie sollten die Bewegungen der
feindlichen Krieger beobachten, um Akakor vor ihrem
Angriff rechtzeitig zu warnen. So lautete der Beschluß
Umos. Und so wurde er ausgeführt.

1 26

Die späteren Ereignisse bewiesen den W'eitblick des
Fürsten Umo. Seine Entscheidung rettete Llie Ugha &ion-
gulala vor einem Krieg, den sie kaum hätten gewinnen
können. Sie verdammte aber auch die Inkas zum end gülti-
gen Untergang. Der Hohe Rat lehnte das Bittgesuch ihrer
Feldherren ab und bereitete sich auf einen zähen Ab»ehr-

kampi vor. Wenn schon Krieg, dann sollte er dort stattlin-
den, wo die naiiirlichen Hindernisse Liie Weißen Barbären
gefährden konnten, in den Hochtälern der Anden und in
der Lianenwildnis am Großen Fluß. Die Krieger befolgten
die Anordnungen des Hoheit Rates. Sie zogen sich aus den
gefährdeten Gebieten zurück, schweren Herzens und voll
Zorn räumten sie sogar Machu Picchu, Lhasas heilige staLlt,
Lange Kolonnen von Trägern brachten alle Gegenstände,
allen schmuck, alle Opfergaben und alle Vorräte nach
Akakor. Dann rissen die Krieger die Häuser und die lvlau-
ern ein und brachen die Straßen hinter sich auf. Die Priester
zerstörten die Tempel. Die Handwerker verschlossen die
Zugänge mit schweren Steinen. Sie führten den Befehl der
Ältesten so sorgfältig aus, daß selbst die Ugha Mongulala
Machu Picchu heute nur noch anhand der Karten und
Zeichnungen auffinden können. Nur die unterirdischen
Gänge des Mondbergs ließen sie iinberiihrt. Denn nie-
mand, der ((ie Zeichen der Vergangenheit nicht versteht, ist
imstande, das Geheimnis Lies Erhabenen Göttersohns

Lhasa zu enthüllen.

UnÄ so verschloß der Hohepriester Li ie Heilige Stallt.
Das Geheimnis des Erhabenen Göttersohns verbärj
er, des Schöpfers und Farmers, Lies Herrschers über
die vier Winde, über die viel Ecken der Welt unLl
über Lias Antlitz cles Himniels. Und mit clieien lll'or-
ten verhüllte urdas Geheminis : Du mußt im Schatten
deines Schattens stehen, wenn sielt das Auge (ler

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Götter erhebt und die Erde noch dunkel ist von der

Nacht. Dann zeigt dir der Schatten deines Schattens
den Weg. Er zeigt dir die Richtung vom Herzen des
Himmels zum Herzen der Erde.

Lange Zeit schien es, als wollten die Götter den Ugha
Mongulala das Schicksal ihres Schwestervolkes ersparen.
Akakoi blieb den WEißen Barbaren verschlossen. Obwohl

sie auf ihren Kriegszügen bis in das Quellgebiet des Roten
Flusses vorstießen, kamen sie nie über die Wälder an den
Osthängen der Berge hinaus. Ihre Krieger starben an den
unbekannten Krankheiten der Großen Wälder. Oder sie
erlagen den Giftpfeilen der verbündeten Stämme. Nur
eine einzige Gruppe erreichte die Umgebung der Haupt-
stadt meines Volkes. Am Berg Akai, drei Wegstunden von
Akakor entfernt, kam es zu einem denkwürdigen Kampf,
der für alle Zeiten in der chronik niedergeschrieben ist:

Am Akai war es, wo die Krieger aufeinanderstießen.
Die Weißen Barbaren mit ihren furchtbaren Waffen
und die Eisenkrieger der Auserivählten Diener.
Lange Zeit blieb die Schlacht unentschieden. Erbit-
tert kämpften die Heere. Dann wagten die Auser-
wählten Diener den Angriff. Bis in das Herz ihrer
Feinde stießen sie. Sie blendeten ihnen die Augen mit
Fackeln. Sie behinderten ihre Beine mit Stricken. Mit
Steinen schlugen sie ihneii aufs Haupt, bis Blut aus
Mund und Nase lief. Und da flohen die Weißen Bar-
baren in panischer Angst, alles hinter sich lassend,
ihre Waffen und ihre Rüstungen, ihre Tiere und ihre
sklaven. Nur ihr Leben wollten sie retten. Aber auch
das gelang ihnen nicht. Kaum einem gelang die
Flucht, und viele wurden als Gefangene nAch Akakor
gebracht.

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Die Gefangenen waren die ersten Weißen Barbaren in
Akakor. Sie wurden von den Ugha Mongulala mit Entset-
zen und Ehrfurcht zugleich bestaunt. Nur die Priester be-
gegneten ihnen mit verichjung. Sie bewarfen die Irrgläu-
bigen mit dem Schmutz der Erde, Zulu Zeichen ihrer
Demütigung. Dann schickte der Hohe Rat die W'eißen
Barbaren als Sklaven in die Gold- und Silberminen. Bis an
ihr Lebensende sollten sie für ihre verbrechen büllen, so
,vie es in der chronik niedergeschrieben steht:

Das ist die Kun(ie. So sprach der Hohepriester zu
den Weißen Barbaren: Wer hat euch geboren, daß ihr
über Tod und Leben bestimmt? Wer seid ihr, daß ihr
das vermächtnis der Götter mißachtet? Woher
kommt ihr, daß ihr unser Land mit Krieg überzieht?
Wahrlich, böse sind eure Taten. Blut habt ihr ver-
gossen. Auf Mdnschenjagd seid ihr gegangen. Die
Stämme der Söhne der Sonne habt ihr vernichtet und
ihr Blut in den Bergen versprengt. So waren die
Worte des Hohepriesters. Schrecklich waren sie.
Doch hartherzig blieben die Weißen Barbaren, und
es dauerte geraume Zeit, bis sie ihr Schicksal erkann-
ten. Ewige Gefangenschaft stand ihnen bevor.
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