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Die deutschen Gäste in
Taipeh kamen mit leeren Händen. Die Gespräche mit der
Regierung begannen höflich, doch dann baten die Herren
um Fristverlängerung. Nicht zum ersten Mal. Schon einmal
hatten sie Aufschub verlangt und erhalten. Kein Wunder,
dass die Verhandlungen eine frostige Wendung nahmen. Immerhin geht es um ein High-Tech-Geschäft im
100-Millionen-Mark-Bereich. Die Verantwortlichen für die
Verzögerungen saßen allerdings nicht mit am Tisch. Die
sitzen in Berlin. Seit Monaten lässt die Bundesregierung
die Dasa-Tochter Dornier Satelliten Systeme in
Friedrichshafen schmoren. Nun sickerte durch, dass
Dornier den Satelliten Rocsat 2 nicht nach Taiwan
exportieren darf. Die Bundesregierung werde die Ausfuhr
des Geräts nicht genehmigen, war in Berlin am Montag zu
erfahren. Eine taiwanesische Zeitung hatte gemeldet, die
Regierung in Taipeh wolle den Satellitenauftrag an
Deutschland stornieren. Das Projekt sei auf Eis gelegt
worden, nachdem sich die Bundesrepublik mehrfach
geweigert habe, Dornier die notwendige Exportgenehmigung
auszustellen.
Dabei ist eine Exportlizenz gar nicht nötig, denn im
Zentrum des Geschäfts standen die Entwicklung und der
Bau eines Erderkundungssatelliten. 142,9 Millionen Mark
sollte Rocsat 2 kosten. Dornier hatte in einem
internationalen Wettbewerb den Zuschlag erhalten und
renommierte amerikanische und französische Firmen übertrumpft.
Das war im Februar und alles schien gut. Dann aber trat
die Politik auf den Plan und baute Stoppschilder auf. Im
März wusste die Fachzeitschrift ¸¸Space News'' von
ersten Rückschlägen zu berichten. ¸¸Normalerweise ist
diese Art der Technologie zur Ausfuhr in ein befreundetes
Land wie Taiwan geeignet'', wurde ein Regierungssprecher
zitiert. ¸¸Aber wir müssen auch an unsere
Wirtschaftsbeziehungen zu China denken.''
An dieser Stelle wäre zu fragen, was der Satellit kann
und was er nicht kann. Rocsat2 ist kein Aufklärungssatellit
im militärischen Sinn. Seine Kameras mit einer Bodenauflösung,
die Gegenstände erst zwischen sechs und zehn Metern zu
erfassen vermag, ist sicherheitspolitisch weithin
unbedenklich. Zudem arbeitet Rocsat 2 auf optischer
Basis, nicht aber radargestützt, so dass eine nächtliche
Überwachung mit diesem Flugkörper nicht möglich wäre.
Bei Dornier herrscht kein Zweifel daran, dass Taiwan den
Satelliten tatsächlich für das braucht, was als
Zielsetzung offiziell ausgeschrieben ist: zur Kartierung,
zur Beobachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen und zur
Erkundung von Katastrophengebieten nach Erdbeben und Überschwemmungen.
Auch bei der Bundesregierung gibt es daran keine
ernsthaften Zweifel. Aber es gibt die Empfindlichkeiten
des Regimes in Peking, und die wollen berücksichtigt
sein. Von Monat zu Monat wurde eine Entscheidung vertagt.
Schließlich legte man den endgültigen Termin auf Ende
September fest. Danach, so kündigte die Regierung in
Taipeh an, werde man mit der französischen Firma Matra-Marconi
Kontakte knüpfen.
¸¸Wir fürchten'', sagte ein Dornier-Sprecher Ende
vergangener Woche, ¸¸dass dieses erste Geschäft, das für
uns den Durchbruch auf dem Weltmarkt der
Satellitensysteme bringen würde, scheitert.'' Kritik an
der Haltung der Bundesregierung wird nicht geäußert.
Verwundert ist man allerdings darüber - und so viel
klingt dann doch durch -, dass man über den jeweiligen
Stand der regierungsinternen Meinungsbildung nicht
informiert wurde.
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