Taiwan-Info

 

Die "Stuttgarter Nachrichten" vom 26.10.1999 zum geplatzten Satellitengeschäft der DASA mit Taiwan

 

Rot-Grün läßt Satelliten am Boden

Von Bernd Stadelmann

   
  140-Millionen-Auftrag passé: Dornier darf Rocsat 2 nicht nach Taiwan liefern
     
  Die deutschen Gäste in Taipeh kamen mit leeren Händen. Die Gespräche mit der Regierung begannen höflich, doch dann baten die Herren um Fristverlängerung. Nicht zum ersten Mal. Schon einmal hatten sie Aufschub verlangt und erhalten. Kein Wunder, dass die Verhandlungen eine frostige Wendung nahmen.

Immerhin geht es um ein High-Tech-Geschäft im 100-Millionen-Mark-Bereich. Die Verantwortlichen für die Verzögerungen saßen allerdings nicht mit am Tisch. Die sitzen in Berlin. Seit Monaten lässt die Bundesregierung die Dasa-Tochter Dornier Satelliten Systeme in Friedrichshafen schmoren. Nun sickerte durch, dass Dornier den Satelliten Rocsat 2 nicht nach Taiwan exportieren darf. Die Bundesregierung werde die Ausfuhr des Geräts nicht genehmigen, war in Berlin am Montag zu erfahren. Eine taiwanesische Zeitung hatte gemeldet, die Regierung in Taipeh wolle den Satellitenauftrag an Deutschland stornieren. Das Projekt sei auf Eis gelegt worden, nachdem sich die Bundesrepublik mehrfach geweigert habe, Dornier die notwendige Exportgenehmigung auszustellen.
Dabei ist eine Exportlizenz gar nicht nötig, denn im Zentrum des Geschäfts standen die Entwicklung und der Bau eines Erderkundungssatelliten. 142,9 Millionen Mark sollte Rocsat 2 kosten. Dornier hatte in einem internationalen Wettbewerb den Zuschlag erhalten und renommierte amerikanische und französische Firmen übertrumpft.
Das war im Februar und alles schien gut. Dann aber trat die Politik auf den Plan und baute Stoppschilder auf. Im März wusste die Fachzeitschrift ¸¸Space News'' von ersten Rückschlägen zu berichten. ¸¸Normalerweise ist diese Art der Technologie zur Ausfuhr in ein befreundetes Land wie Taiwan geeignet'', wurde ein Regierungssprecher zitiert. ¸¸Aber wir müssen auch an unsere Wirtschaftsbeziehungen zu China denken.''
An dieser Stelle wäre zu fragen, was der Satellit kann und was er nicht kann. Rocsat2 ist kein Aufklärungssatellit im militärischen Sinn. Seine Kameras mit einer Bodenauflösung, die Gegenstände erst zwischen sechs und zehn Metern zu erfassen vermag, ist sicherheitspolitisch weithin unbedenklich. Zudem arbeitet Rocsat 2 auf optischer Basis, nicht aber radargestützt, so dass eine nächtliche Überwachung mit diesem Flugkörper nicht möglich wäre. Bei Dornier herrscht kein Zweifel daran, dass Taiwan den Satelliten tatsächlich für das braucht, was als Zielsetzung offiziell ausgeschrieben ist: zur Kartierung, zur Beobachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen und zur Erkundung von Katastrophengebieten nach Erdbeben und Überschwemmungen.
Auch bei der Bundesregierung gibt es daran keine ernsthaften Zweifel. Aber es gibt die Empfindlichkeiten des Regimes in Peking, und die wollen berücksichtigt sein. Von Monat zu Monat wurde eine Entscheidung vertagt. Schließlich legte man den endgültigen Termin auf Ende September fest. Danach, so kündigte die Regierung in Taipeh an, werde man mit der französischen Firma Matra-Marconi Kontakte knüpfen.
¸¸Wir fürchten'', sagte ein Dornier-Sprecher Ende vergangener Woche, ¸¸dass dieses erste Geschäft, das für uns den Durchbruch auf dem Weltmarkt der Satellitensysteme bringen würde, scheitert.'' Kritik an der Haltung der Bundesregierung wird nicht geäußert. Verwundert ist man allerdings darüber - und so viel klingt dann doch durch -, dass man über den jeweiligen Stand der regierungsinternen Meinungsbildung nicht informiert wurde.

   
   
 
     
     
 

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