Taiwan-Info

Bericht der "WELT" zum Ausgang der Wahlen vom 1.12.2001
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Kuomintang ist künftig auf eine Minderheitenrolle beschränkt Taiwans Präsident Chen gewinnt Parlamentswahl Von Johnny Erling |
| Peking -
Taiwans Präsident Chen Shui-bian und seine Demokratische
Fortschrittspartei (DPP) haben die Parlamentswahlen
unerwartet deutlich für sich entscheiden können. Chen,
der erst vor 18 Monaten als Oppositionspolitiker zum
Staatspräsidenten gewählt wurde und die 50-jährige
Vorherrschaft der nationalistischen Kuomintang-Partei (KMT)
beendete, gelang es, jetzt auch noch die KMT auf eine
Minderheitenrolle im Parlament degradieren. Die
Kuomintang fiel von 110 Sitzen auf 68 zurück. Chens
Partei gewann 21 Mandate hinzu. Mit 87 der 225 Sitze
stellt sie die stärkste Fraktion. Vom Einbruch der
Kuomintang profitierte mit 46 Sitzen auch die KMT-Abspaltung
Volkspartei (PFP) unter James Soong. Die Wahlbeteiligung
lag bei 66 Prozent, für taiwanesische Verhältnisse eine
eher niedrige Zahl. Die USA priesen die Wahlen als
Beispiel für "Stärke und Lebenskraft der
Demokratie auf Taiwan". Angesichts der zerstrittenen und sich aufspaltenden Kuomintang hatte sich Peking im Vorfeld auf Gewinne für Präsident Chens Partei eingestellt. Sie vermuten, dass Chen - gemeinsam mit dem Ex-Präsidenten Lee Teng-hui - Taiwan in die Unabhängigkeit führen will. Pekings Regierung wurde aber von der Höhe des Votums für Chens Partei überrascht, die diesen zugleich noch stärker demokratisch legitimiert. Frustrierend und ein Misserfolg für Chinas Propaganda sind auch die Gewinne der neu gegründeten Solidaritäts-Union von Taiwan (TSU), die von dem in Peking gehassten Ex-Präsidenten Lee Teng-hui unterstützt wird. Die TSU schaffte aus dem Stand 8,5 Prozent und erhält 13 Sitze. Die von Peking politisch umworbene Neue Partei (NP), die sich für eine Pro-China-Politik in der Wiedervereinigungsfrage ausspricht, wurde dagegen vom Wähler abgestraft. Sie fiel von einst acht auf nur noch einen Sitz. Chinesische Politikforscher glauben dennoch nicht, dass das Wahlergebnis zu neuen politischen Spannungen führen wird. Chen Shui-bians Partei sei zwar stärkste Fraktion geworden. Sie könne aber auch mit der TSU zusammen noch keine Mehrheit im Parlament bilden. Präsident Chen müsste weiterhin Kompromisse eingehen und eine Koalition bilden. Chen hat sich nach den Wahlen bereits für eine breite Zusammenarbeit ausgesprochen, um die bisherige Blockade im Parlament für die Durchsetzung von Reformen, Maßnamen für den Wirtschaftsaufschwung Taiwans, für die Verbesserung der Beziehungen zu China und zur Sozialpolitik durchsetzen zu können. |
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