Jaja, die rauhe Alb. Je nach dem, wo man im Landkreis wohnt, hat man freilich so seine Meinung von ihr. Viele aus dem Tal gehen dort nicht hoch, oder nur am Wochenende um die Wanderwege wieder festzupacken. Der frischen Luft wegen. Mei, es gibt im Tal kaum noch irgendwo Schnitzel mit Pommes zu haben, und wenn, dann zu Yuppiepreisen. Aber sonst? Wie kann man dort oben denn ueberhaupt leben, weitab von Fussgaengerzonen (der "kultivierte Wanderweg"), Verkehrsampeln und dreifachen Kirschernten?
Oft sagt man selbst ueber die sogenannten Aelbler nichts Nettes - "Ha! Kommsch vo Alb ra", oder schlicht "Bauraseggl" - obwohl man persoenlich keinen kennt. Des isch halt so. Ich hatte selbst vor 1977 keine Ahnung von der Alb, noch nie was von ihr gehoert. Und als ich dann unerwartet "oben" ankam, wollte ich nichts von ihr wissen. In der ersten Nacht in Wuertingen wusste ich nur, dass mir die Alb recht egal war. Ich wollte wieder dorthin zurueck wo ich herkam.
Ich lebte zuvor naemlich in den USA als zweites Kind, erster Sohn deutscher Einwanderer. Anno 1968, mit 4 Jahren, war ich mal auf Besuch bei der Verwandtschaft in Reutlingen und Muenchen, dann wieder im Olympiajahr 1972. Mir gefiel es stets, konnte ich das exotische Marzipan essen und Kett-Car fahren. Das deutsche Lego hatte viel mehr Spezialteile als was wir uns haetten traeumen koennen. Gern waere ich geblieben und damit weitergespielt. Aber nach jeder Rueckkehr in die Staaten fiel ich gleich wieder in den alten Trott: Baseball, Hot Dogs, Apple Pie and Chevrolet.
Das idyllische, amerikanische Dasein nahm im Winter 1976 ein jaehes Ende als meine Eltern beschlossen, wieder "nach Hause" zu gehen, in ihre Heimat, zu ihren Wurzeln (wenn sie nicht schon von den Wanderern zertrampelt waren) zurueckzukehren.
Das war fuer mich eine arge Unannehmlichkeit, ich war gar sehr darueber empoert und entruestet. Es war, wie ich es spaeter zu beschreiben lernte, "an Oding". Hatte ich mir just in meiner aufbluehenden Maennlichkeit mit Muehe und Not die erste Freundin geangelt und ein paar gute Freunde gefunden, die mit mir radelten, musizierten und Buecher waelzten, und schien in diesem Augenblick das Leben Stereoklang und Technicolor erlangt zu haben, musste ich Adios sagen. Farben verblassten, ich sah vor allem schwarz, der Soundtrack meines Lebens kam ploetzlich wie aus einem Dosentelefon gekraechzt.
Zudem war es wohl der schlechteste Zeitpunkt fuer uns umzuziehen, und der Umzug war ganz schlecht, sprich gar nicht, vorausgeplant. Keine Bleibe, keine Arbeit, keine Uebereinstimmung, wo wir uns den ueberhaupt niederlassen sollten. Das wurde dann erst spaeter zwischen Tuer und Angel zur Wahl gestellt.
Unter diesen Voraussetzungen und seelischem Druck sollte ich nun ein neues Leben in einem neuen Land anfangen. Nur meine Familie war mir mehr bekannt, und waehrend der turbulenten Umstellungszeit schien sie mir mehr als einmal fremd.

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