Sportabzeichen - Tips zum Erwerb
von Dr. Claus D. Rade, SSG Bonn-Beuel
Der Erwerb eines Sportabzeichens ist kein Selbstzweck. Leider gibt es immer wieder Zeitgenossen, die nur einmal im Jahr den Sportplatz betreten, um alle Übungen auf einmal "abzureißen". Wenn es klappt, fühlen sie sich in dieser ihrer Methode bestärkt ("es reicht ja"), wenn nicht, gehen sie frustriert nach Hause und kommen nicht wieder ("ist ja sowieso zu schwierig").
Ein Sportabzeichen sollte aber nicht erworben werden, um eine Urkunde an der Wand oder eine Anstecknadel am Jackenaufschlag hängen zu haben, sondern um die eigene Fitness zu testen - und sie nach Möglichkeit zu verbessern.
Sportliche Betätigung soll die Gesundheit fördern. Leistungssport tut das bekanntlich nicht; deshalb sind die Anforderungen an das Deutsche Sportabzeichen (und in den höheren Altersklassen auch die des Bayrischen Sportleistungsabzeichens) bewußt so moderat angelegt, daß jedermann (und jedefrau) sie leicht erfüllen kann, vorausgesetzt, einige simple Grundregeln werden beachtet.
Gesunde Lebensführung
Das Sportabzeichentraining sollte nur aufnehmen, wer gesund ist - darauf weisen der Deutsche Sportbund und der Deutsche Leichtathletikverband in ihren Merkblättern immer wieder hin. Um das festzustellen, bedarf es nicht unbedingt einer ärztlichen Generaluntersuchung; in vielen Fällen reicht schon ein Blick auf die Waage oder in den Spiegel. Wer übermüdet, übergewichtig und/oder verkatert auf dem Sportplatz erscheint, wird von dort kein aufmunterndes Erfolgserlebnis, sondern nur Frust mitnehmen. Bevor größere Anstrengungen unternommen werden, sollte also zunächst einmal ein vernünftiges Gewicht angestrebt werden. Als "Ideal-Gewicht" in kg gilt dabei: Körpergröße in cm minus 100, davon 90%, also z.B. bei 2,00 m: 90 kg, bei 1,50 m: 45 kg. (Für Anhänger des neumodischen "Body-Maß-Index": das entspricht in etwa BMI 23.) Was immer gewisse Seelentröster behaupten: Diese Regel gilt für Männlein und Weiblein gleichermaßen und sollte auch bei zunehmendem Alter nicht nach oben überschritten werden - im Alter ist Übergewicht sogar noch gefährlicher als in jungen Jahren. Dem Gerede vom sogenannten "Normal-Gewicht" (Körpergröße in cm minus 100) oder gar "Wohlfühl-Gewicht" sollte man keinen Glauben schenken: Zwar mag es heutzutage "normal" sein, daß die meisten Mitteleuropäer Übergewicht haben, unsportlich sind, an Streß, Allergien und/oder Dauergrippe leiden; allein das macht diesen Zustand noch nicht erstrebenswert; und wer sich mit 10% Übergewicht wohl fühlt, wird sich mit etwas weniger Speck auf den Rippen noch wohler fühlen. (Roland Matthes, einst Weltrekordler und Olympia-Sieger im Rückenschwimmen, inzwischen Arzt für Orthopädie, meinte kürzlich in einer Fernseh-Diskussion, 80% der Deutschen litten heute an Übergewicht und Haltungsschäden infolge von Bewegungsmangel - das ist also die "Norm"?!) Auch die Ausrede "ich habe schwere Knochen" gilt nicht: Die individuellen Unterschiede im Knochengewicht sind in Relation zum Gesamtkörpergewicht minimal, bei Durchschnittsgrößen ca. 1-2 Pfund, bei Körpergrößen über 2 m maximal 3 Pfund. Das richtige Gewicht ist auch keine Frage der Zeitmode: Wer mit Übergewicht Sport treibt, insbesondere längere Strecken läuft, schadet seinem Körper (besonders Gelenken und Wirbelsäule) auf die Dauer mehr als er ihm nutzt. Daher kann nur vor der u.a. in den Werbebroschüren sogenannter Fitness-Studios verbreiteten Einstellung gewarnt werden: Erstmal mit Sport anfangen, je mehr man trainiert, desto mehr nimmt man ab. Das Gegenteil ist der Fall: Muskeln haben ein höheres spezifisches Gewicht als Fett; wenn der Körper also beginnt, Fett in Muskeln umzuwandeln, steigt unser Gewicht an, und wir schleppen noch mehr mit uns herum! Entgegen weitverbreiteter Meinung ist ein Übergewicht an Muskeln auch nicht weniger ungesund als ein Übergewicht an Fett. Viele ehemalige "Leistungs-Sportler", die sich in ihrer aktiven Zeit mit Anabolika-Doping u.ä. riesige Muskelberge zugelegt haben, können ein trauriges Lied davon singen; sie leiden an Spätfolgen, mit denen verglichen sich die gesundheitlichen Probleme eines sportlich nicht aktiven Zeitgenossen mit Bierbäuchlein harmlos ausnehmen. Grundsätzlich halte ich nicht viel vom "Abnehmen durch Sporttreiben": Der Körper schaltet erst nach ca. einer halben Stunde sportlicher Aktivität von der Verbrennung von Kohlehydraten und Eiweiß auf Fettverbrennung um. Dieser Zeitpunkt ist individuell verschieden (man merkt es daran, daß plötzlich das Gefühl der Unterzuckerung weg ist und man die "zweite Luft" bekommt); meiner liegt bei 34 Minuten - auf dem Hometrainer gestoppt, da ich nie so lange am Stück laufe, weil das selbst bei meinem "Idealgewicht" schädlich für die Gelenke wäre - wieviel mehr bei jemandem mit "Normal"- oder Übergewicht! Es hat auch keinen Zweck, die Gewichtsabnahme künstlich beschleunigen zu wollen mit Mittelchen, die zwar grundsätzlich als "Medikamente" anerkannt sind und von Mode-Ärzten gerne verschrieben (aber von den Krankenkassen im allgemeinen nicht bezahlt) werden, indes in ihrer Wirkungsweise äußerst problematisch sind. "Schlankheits-Pillen", die den Fettabbau im Darm verhindern (z.B. Orlistat) können zu Verdauungsstörungen u.a. Nebenwirkungen führen. Noch schlimmer sind "Appetit-Zügler", die das Hunger-Gefühl im Gehirn "bekämpfen". Sie bewirken eine künstliche Erhöhung der Serotonin- und Noradrenalin-Konzentration im Gehirn und täuschen diesem so ein wohliges "Sättigungs-Gefühl" vor. Die beiden gefährlichsten Vertreter dieser Spezies (Fenfluramin und Dexfenfluramin), die überdies noch süchtig machen, wurden 1997 in Deutschland verboten; aber Ersatz-Präparate (z.B. Sibutramin) sind - leider - schon auf dem Markt. Der einzige vernünftige Weg zu einem vernünftigen Gewicht führt über die richtige
Ernährung
Der Mensch ist, was er ißt, das wußten schon die alten Römer (oder waren es die alten Griechen?), und dabei kommt es mehr auf die Qualität als auf die Quantität an - wobei zu wenig essen ebenso schädlich ist wie zu viel essen. Von Hunger-Diäten à la "FDH" ("friß die Hälfte") ist daher grundsätzlich abzuraten, ebenso von den sogenannten "Trenn-Diäten" nach Atkins, Hay, Markert, Mayo usw. (die äußerlich durchaus "Erfolg" haben können, wenn man diesen alleine an der - oft nur vorübergehenden - Gewichts-Abnahme mißt). Es muß zwar nicht immer so schlimm enden wie bei dem bekannten Schauspieler Günther Strack, den eine von ihm selber ausgiebig beworbene "Wunder"-Diät unlängst das Leben gekostet hat; aber Hunger-Kuren führen generell zu Mangel-Erscheinungen, weil dem Körper zu wenig Vitamine, Mineralien und andere für die Gesundheit wichtige Substanzen zugeführt werden. (Starkes Untergewicht oder gar Magersucht sind noch gefährlicher als ein wenig Übergewicht!) Das Ergebnis ist Müdigkeit und Leistungsabfall. Sportliche Betätigung soll jedoch zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen, und zu letzterer gehört auch gutes Essen und Trinken. Dafür brauchen wir nicht täglich in den Bio-Laden oder zum Öko-Bauern zu pilgern (deren Produkte zeichnen sind ohnehin oft mehr durch gehobene Preise als durch gehobene Qualität aus), auch nicht ins Delikatessen-Geschäft. Aber auch beim Einkauf im Supermarkt kann man einige einfache Grundregeln beherzigen:
Fleisch ist ein Stück Lebenskraft, sagt die Werbung. Gewiß braucht unser Körper Eiweiß - der Bedarf daran wird allerdings schon mit 1 l Milch (nach Möglichkeit fettarme) am Tag gedeckt. Doch nehmen wir ruhig an, daß ein Sportler etwas mehr braucht. Aber muß es denn jeden Tag gleich eine Schweinshaxe, ein Rinderschmorbraten, ein Holzfällersteak oder eine Hammelkeule sein? Leichtes Geflügel (aber keine fette Gänsekeule!) und Fisch (möglichst Seefisch; wer den typischen Fischgeruch oder -geschmack nicht mag, sollte es mal mit frischem Thunfisch versuchen) ist viel gesünder. Wer Innereien mag - die sind gesund (u.a. wegen des hohen Gehalts an Vitamin B). Wer Angst vor "Rinderwahn" (BSE) und Schweinepest hat, kann auf Geflügelleber und -herzen ausweichen. Öfter als einmal pro Woche sollte man allerdings keine Leber oder Nieren essen, da dort konzentriert die Schadstoffe eingelagert werden, die ein Lebewesen heutzutage nun einmal aufnimmt.
Man kann auch ruhig einen oder zwei fleischlose Tage pro Woche einlegen - das macht einen noch nicht zum Vegetarier. Nudeln mit einer Sauce aus frischen Tomaten, Zwiebeln, Pepperoni, Knoblauch und Käse (mein persönlicher Favorit) oder Reis mit Paprika, Pilzen und Múngbohnen-Sprossen sind eine gute Alternative. Oder Eier - keine Angst vor dem Cholesterinspiegel: An einem Omelett oder 2-3 Rühr- oder Spiegeleiern pro Woche ist noch niemand gestorben! (Für bedenklich halte ich dagegen die angelsächsische Praxis, sich jeden Morgen gebratene Eier mit Schinken, Speck oder Würstchen 'rein zu ziehen.) A propos: "Echte" Vegetarier essen nicht nur kein Fleisch von Säugetieren, sondern auch keinen Fisch, kein Geflügel und keine Eier. Darin sehe ich keinen Sinn, weder physiologisch noch moralisch. Säugetiere mögen unsere "Mitlebewesen" sein, aber Geflügel und andere Vögel sind Nachkommen der Saurier; ihre Vorfahren hatten auch keine Skrupel, unsere Vorfahren zu verzehren; allenfalls würde mich das Argument überzeugen, daß Geflügel heute weitgehend mit Fischmehl gemästet wird, man also auch gleich Fisch essen kann. Vor der noch strengeren Form des Vegetarismus, der auch den Genuß von Milch und Milch-Produkten ausschließt, kann ich nur dringend warnen. Die oft als leuchtendes Beispiel angeführten "Millionen Inder", die ihm frönen, tun dies meist nicht aus Überzeugung, sondern indem sie aus ihrer materiellen Not eine Tugend machen. Oft vegetieren diese Vegetarier mehr als daß sie leben; und ernst zu nehmende Untersuchungen haben ergeben, daß sie überhaupt nur überleben, weil sich in ihrer Nahrung genügend Insekten, Käfer und Würmer verirren, die unbemerkt mit gegessen werden. Und vor allem: diese Leute treiben keinen Sport! (Es gibt auch die These, daß die Körper von Asiaten und Afrikanern nur im Kindes-Alter Milch-Eiweiß sinnvoll verwerten können, im Gegensatz zu Weißen, die das bis ins hohe Alter können. Es ist hier nicht der Ort, solche Theorien auszudiskutieren; fest steht, daß wir den Kühen große Euter mit hoher Milchproduktion angezüchtet haben; also sollten wir die Milch und Milch-Produkte sinnvollerweise auch konsumieren.)
Obst und Gemüse sind gesund. Allerdings nicht, wenn man sie aus der Tiefkühltruhe, der Konservendose oder Omas Einweckglas holt oder sie stundenlang zu Brei, Kompott oder Eintopf zerkocht - dann sind die Vitamine dahin. Obst sollte grundsätzlich roh verzehrt werden; das gilt auch für Gemüsearten wie Erbsen, Möhren, Sellerie, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Paprika, Pepperoni, Knoblauch und Petersilie. Kohl sollte man nur leicht dünsten.
Den Hauptbedarf an Kohlehydraten wird man aus dem decken, was in der DDR "Sättigungsbeilage" hieß. Auch hier gilt es wieder auf die Zubereitung zu achten: Keine Pommes aus der Tiefkühltruhe, kein geschälter Beutelreis, keine Dosenravioli aus Weicheinudeln und keine Semmel- und Kartoffelknödel aus der Plastikfolie! Die Alternativen heißen Pellkartoffeln, ungeschälter Naturreis und Vollkornnudeln.
Und womit bereiten wir das alles zu? Jedenfalls nicht mit tierischen Fetten (Butter, Schmalz), auch nicht mit schwerem Olivenöl oder gar gehärteten Fetten (Kokos), sondern mit leichtem Pflanzenöl (Walnuß, Sonnenblumen, Färberdistel) und Apfelessig. Und würzen sollten wir weder mit der Suppenwürze aus der notorischen Flasche noch mit Fertigpulver aus dem Streuer (in dem es neuerdings sogar schon getrocknete - also wertlose - und granulierte Zwiebeln, Pepperoni und Knoblauch gibt), sondern mit frischen Zutaten - auch wenn man zu diesem Zweck z.B. erst eine Pfeffermühle anschaffen muß. Zwei Ausnahmen: Statt Zucker kann man auf Süßstoff-Tabletten zurückgreifen (die Behauptung, diese erzeugten Krebs, ist eine gezielte Fehlinformations-Kampagne der Zucker-Industrie), und wessen Zähne keine frischen Zitronen vertragen, kann sie durch Vitamin-C-Pulver (in Drogerien erhältlich) ersetzen, das sich ohnehin viel besser dosieren läßt. Keine Angst vor Salz - die Panikmache davor ist unberechtigt! Wer viel Sport treibt, schwitzt viel (ist gesund!) und hat daher einen erhöhten Salzbedarf. Bevorzugt sollte man jodiertes Salz nehmen, das kostet kaum mehr und beugt dem leider weit verbreiteten Jodmangel vor.
Man braucht übrigens nicht jeden Tag warm zu essen, vor allem nicht im Sommer, wenn es heiß ist. Ein Vollkorn-Müsli (wobei Haferflocken den Cornflakes aus Mais vorzuziehen sind) am Vormittag kann nicht nur ein Frühstück, sondern auch ein Mittagessen ersetzen. Auf letzteres kann man auch verzichten, wenn man das Abend-Brot auf den späten Nachmittag vorverlegt. A propos: Brot ist in Mitteleuropa ein Grundnahrungsmittel. Umso erschreckender ist, wie gedankenlos sich viele Menschen bei seiner Auswahl verhalten: Da werden weiche Brötchen gekaut, labberiges Toastbrot geröstet und vorgeschnittenes Elend aus dem Plastikbeutel gemuffelt, alles aus womöglich 100% ausgemahlenem Weizenmehl. Mit dieser Grundlage sind Mangelkrankheiten geradezu vorprogrammiert! Dabei gibt es gerade in Deutschland eine Reichhaltigkeit an Brotarten, die weltweit ihresgleichen sucht. Am besten ist natürlich Vollkornbrot. Wem das zu hart ist, der kann auf Mehrkornbrote o.ä. ausweichen. Da gibt es fast alles, von Nuß- über Sonnenblumen- bis Kürbiskernbroten. Oder für den, der davon satt wird (ich zähle leider nicht dazu) Knäckebrot. Dazu eine Pflanzen-Margarine (wer es mag: mit Joghurt-Kulturen) und ein nicht zu fetter Käse (oder einfach nur Frischkäse) oder leichter Geflügelaufschnitt. Oder, wer es japanisch mag: Sushi (roher Fisch).
Soviel zur allgemeinen Ernährung. (Weitere Tips gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V., der an dieser Stelle für einige wertvolle Anregungen gedankt sei.) Was tun wir aber speziell vor dem Training, der Prüfungsabnahme oder dem Wettkampf? Wir schlagen uns auf keinen Fall den Magen voll, d.h. die letzte Mahlzeit sollte mindestens 2, noch besser 3-4 Stunden zurückliegen. Für den kleinen Hunger zwischen den Übungen empfehlen sich Äpfel (die man übrigens - wie Birnen - ungeschält essen sollte), Bananen und Müsli-Riegel (z.B. von Knusperone; deren Früchte-Riegel enthalten nur 3 gr. Fett; ich persönlich esse dennoch lieber die mit Schokolade.)
Und was trinken wir dazu? Das ist eine Philosophie für sich. Die meisten Amateur-Sportler glauben, daß eine Kanne Kaffee oder Tee (womöglich noch mit reichlich Zucker) vor der sportlichen Betätigung "aufputscht" und die Leistung steigert. In klugen Büchern liest man ja auch Sätze wie: "Koffein wirkt anregend auf das Atemzentrum und beschleunigt die Herztätigkeit." Wohl wahr, und deshalb empfiehlt sich seine Einnahme für "Schreibtischtäter", die sich den lieben langen Tag kaum bewegen und darob Angst haben müssen, bei der Autofahrt zum Briefkasten oder zur nahen Arbeitsstelle am Steuer einzuschlafen. Aber vor sportlicher Betätigung regt nichts das Atemzentrum und die Herztätigkeit so gut an wie eine paar Runden einlaufen (s.u.). Für Sportler ist Koffeingenuß sowohl überflüssig als auch schädlich: Die Leistungsfähigkeit des Körpers wird vor allem durch die Sauerstoffversorgung der Muskulatur bestimmt, die durch das Eisen in den roten Blutkörperchen erfolgt. Das Koffein im Kaffee bewirkt aber eine Blockade der Eisenverwertung im Körper. Das gleiche Argument spricht gegen den Genuß von Tee, Cola (Koffein, Tein und Cola sind chemisch baugleich - Trimethylxanthin -; Kaffee enthält etwa 3x soviel wie die gleiche Menge Tee und etwa 6x soviel wie die gleiche Menge Cola) oder Milch (sonst sehr gesund) vor dem Training oder Wettkampf. Viel besser ist Kakao - aber nicht das Fertig-Getränk (mit bis zu 80% schlecht verdaulichem Kristallzucker, der den Magen belastet), sondern ein selbst angerührter, aus echtem Kakaopulver, 50:50 gemischt mit Traubenzucker. (Wem das nicht süß genug ist, nehme Fruchtzucker, der süßt etwa doppelt so stark; wer Angst vor Verstopfung hat, rühre einen Löffel Milchzucker ein; der süßt zwar ähnlich schwach wie Traubenzucker, fördert aber die Verdauung.) Nach der Anstrengung muß der Körper ausgeschwitztes Wasser und verbrauchte Mineralien ersetzen. Da kann man getrost eine Cola oder ein Bier trinken (wohlgemerkt ein alkoholfreies; gute Sorten unterscheiden sich im Geschmack praktisch nicht mehr von "echtem", d.h. alkoholhaltigem Bier). Noch besser ist allerdings eine Mischung aus Fruchtsaft (vor allem Apfelsaft, wegen des Kalium-Gehalts) und Mineralwasser. (Wer zu faul ist, das selber zu mixen, kann die als "Nektar" bezeichneten fertigen Fruchtsaft-Wassermischungen kaufen.)
A propos: Alkohol ist für sportlich aktive Menschen durchaus nicht tabu; die im Rotwein enthaltenen Riboflavoide sollen sogar sehr gesund sein, ebenso gewisse Stoffe im Kölsch (sagt jedenfalls die Wein- und Bier-Werbung), und manch einer schwört gar auf den "Schlummertrunk" aus wertvollen Kräutern (und bis zu 40% Alkohol) verschiedener Anbieter. Aber der Reihe nach: Die ach-so-wertvollen Riboflavoide gibt es inzwischen auch in Tablettenform (z.B. von Plosspharma), ebenso Bierhefe (z.B. von Biolabor); wenn man sie im Original zu sich nimmt, genügt ein Fingerhut pro Tag. Die positiven Wirkungen des Biers (füllt den Kohlehydrat-Speicher wieder auf) hat auch alkoholfreies, und wer tagsüber rechtschaffen gearbeitet und Sport getrieben hat, braucht abends keinen "Schlummertrunk", um einzuschlafen. Wer Alkohol als "Genuß"- und soziales Bindemittel trinken will, sollte das möglichst nicht vor dem Sport tun (beeinträchtigt das Reaktionsvermögen - z.B. beim Start - und die Koordinations-Fähigkeit - z.B. beim Hochsprung und Kugelstoßen) und auch nicht unmittelbar danach (beeinträchtigt die Regeneration des Körpers), sondern die Party auf einen trainingsfreien Tag legen und anschließend gut ausschlafen (der Körper baut pro Stunde nur 0,1 bis 0,15 Promille ab, d.h. wer 1 Promille im Blut hat, sollte mindestens 7 bis 10 Stunden schlafen). Übrigens: Apfelwein enthält weniger Alkohol als Wein aus Trauben, prickelt genauso schön wie Sekt (ist aber billiger) und hat weniger Kalorien als Bier.
Was sind der "Sünden" mehr? Natürlich Schokolade (auch meine große Schwäche). Die im Kakao-Bestandteil enthaltenen Stoffe (die Chemiker nennen sie Serotonin, Phenylethylamin und Theobromin) sollen für gute Laune sorgen; und das Polyphenol soll sogar die Arterien schützen. So weit so gut. Die Sünde liegt aber gar nicht im Kakao, sondern in den anderen Stoffen, aus denen Schokolade für gewöhnlich besteht, vor allem Fett (ca. ein Drittel) und Zucker (ca. die Hälfte, bei Bitter-Schokolade etwas weniger, bei "weißer" Schokolade etwas mehr; von "Diät-Schokolade" halte ich gar nichts: die ist meist teuer, schmeckt nicht und macht nicht satt). Wer Schokoladengenuß pur mag, der mixt sich einen schönen Kakao (s.o.), in dem all die eben erwähnten Stoffe auch enthalten sind. Und wer unbedingt zwischendurch etwas "knabbern" will oder Appetit auf Süßes hat, braucht ja nicht gleich zur Keksdose, zum Zuckerkonfekt oder zur Tüte mit den Kartoffelchips zu greifen, es gibt nämlich Alternativen: Sonnenblumen- und Kürbiskerne knabbern sich auch sehr gut und sind überdies gesund; Rosinen, Datteln und Feigen sind zuckersüß, belasten den Magen aber viel weniger. (Natürlich sind frische Weintrauben und Feigen besser als ihre getrockneten Verwandten; aber erstere gibt es nun mal nicht das ganze Jahr über.) Im Prinzip sind auch Nüsse und Mandeln sehr gesund - allerdings nicht mehr, wenn sie stark geröstet und versalzen monatelang plastikvertütet oder eingedost im Regal herumgelegen haben. Nüsse (und Pistazienkerne) also immer frisch mit Schale kaufen und selber knacken! Auch für's Müsli; es ist zwar bequem, fertige Mischungen zu kaufen; aber die beste Mischung ist immer nur so gut wie ihr schlechtester Bestandteil (viele Hersteller sparen vor allem an den Nüssen - oft 2. oder 3. Wahl von der türkischen Schwarzmeer-Küste); also: selber mischen, dann weiß man, was drin ist!
Gewiß, Vollwertnahrung kostet mehr Zeit und Geld als Junk-food. Der letztere Punkt ist aber kaum stichhaltig: Der Preisunterschied z.B. zwischen Vollkornreis und Pappreis beträgt pro Pfund gerade mal soviel wie eine Zigarette kostet (bei Vollkornnudeln sind es zwei Zigaretten pro Packung). Wer sich also das Rauchen abgewöhnt, tut nicht nur seiner Gesundheit, sondern auch seinem Geldbeutel einen Gefallen und kann aus der Ersparnis leicht die Mehrkosten für ordentliches Essen bestreiten, schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe. (Wer auf's Rauchen partout nicht verzichten will, sollte es sich wenigstens vor dem Training verkneifen, denn es verklebt die Poren, verhindert also, daß die Haut richtig atmen und schwitzen kann.)
Wer nun aber nicht die Zeit hat, Vollwertkost zuzubereiten (Formfleisch aus der Tiefkühltruhe, Pommes, Dosenravioli und Kochbeutelreis gehen nun mal schneller, Fast food und Kantinenessen tun ein übriges), mag daran denken, mit ein paar Vitaminen und Mineralien extra nachzuhelfen. Um es vorweg zu nehmen: Doping und alle seine Vorstufen beruhen größtenteils auf Placebo-Effekten, d.h. auf Einbildung und Selbstbetrug. Die meisten Körper sprechen nicht darauf an, das gilt insbesondere für weibliche Körper. (Selbst bei den sogenannten Hochleistungs-Sportlerinnen handeln sich die meisten bloß Spätfolgeschäden ein; "erfolgreiche" Gegenbeispiele vornehmlich aus dem DDR-Sport wie v. Almsiek, Breuer, Drechsler, Krabbe, Kumbernus, Lösch, Otto, Pippig und Wyludda stehen zwar im Rampenlicht, sind aber bei näherer Betrachtung der Szene Ausnahmen, die nur die Regel bestätigen). Das gilt auch für Männer: Natürlich (oder vielmehr unnatürlich) kann man(n) sich mit Anabolika etliche Muskelmassen anfuttern. Aber es gilt nun mal die Formel: "Kraft = Masse x Beschleunigung", und was der Körper durch solche Gewaltkuren an Masse gewinnt, verliert er in der Regel an Beschleunigungsfähigkeit. Im übrigen hängt die Leistung selbst beim Kugelstoßen (und erst recht bei den anderen "technischen" Disziplinen, wie schon deren Name sagt) viel mehr von der Technik ab als von der Kraft.
Finger weg auch von Mode-Drogen, die (noch) nicht nachweisbar oder (noch) nicht verboten sind, wie Telekoms Liebling, Erythropoietin ("Epo"), oder dem Favoriten der Fußballer und Tennisspieler, Kreatin (man kann es auch "Creatin" schreiben, aber davon wird es nicht besser). Das steht zwar (noch) nicht auf der Doping-Liste, und seine Befürworter meinen, zwei Tabletten täglich ersetzen zehn Steaks; aber erstens dürfte es ziemlich ungesund sein, täglich zehn Steaks zu essen; und zweitens würde ich, wenn ich denn ein Anhänger von Steaks wäre, diese lieber in natura verzehren als ersatzweise irgendwelche (womöglich noch mit anderen Substanzen "verunreinigte") Tabletten zu schlucken. Und wenngleich die FIFA kürzlich auch das anabole Steroid Nandrolon von der Liste der für Fußballer verbotenen Substanzen gestrichen hat (vgl. den Artikel Aktuelle Entwicklungen im Sportrecht) würde ich dennoch niemandem empfehlen, es sich auf die Zahnpasta zu schmieren. Epo erhöht den Hämatokritwert im Blut (d.h. den Anteil der roten Blutkörperchen gegenüber dem Plasma) um ca. 10%, d.h. ungefähr so wie ein scharfer 400-m-Lauf. Wer das Gefühl danach kennt, weiß, daß ein solcher Blutwert auf Dauer tödlich sein muß - das reinste Teufelszeug, das zudem für Freizeit- und Seniorensportler völlig nutzlos ist. Ich habe ausführlich mit Sportlern gesprochen, die es nehmen und befürworten. Das einzige, was sie am Ende noch als Vorteil geltend machten, war die Fähigkeit der schnelleren Regeneration nach der körperlichen Anstrengung, d.h. sie konnten intensiver und länger trainieren, und das praktisch jeden Tag (so wie Tour-de-France-Fahrer 3 Wochen lang täglich in Höchstgeschwindigkeit durch Frankreich strampeln können), während ein ungedopter Körper dazwischen größere Ruhepausen benötigen würde. Für ältere Menschen ist tägliches scharfes Training aber gar nicht machbar, weil es Sehnen (vor allem die Achillessehnen) und Gelenke viel zu sehr belasten würde; dieser vermeintliche Vorteil löst sich also in Wohlgefallen auf. (Manche meinen, daß Lecithin, Ginseng und Enzyme die gleiche Wirkung haben; mag sein oder nicht, jedenfalls sind sie weniger schädlich.) Kreatin ist ein Milchsäure-Blocker, der ebenfalls die Regeneration nach körperlicher Belastung verbessern soll. Aber das tun auch ein paar Runden auslaufen (s.u.), es handelt sich also um ein Mittelchen für Faule - und für den Berufssportler, der nach einem anstrengenden Fußball- oder Tennismatch keine Zeit mehr hat, sich ordentlich auszulaufen, weil rücksichtslose Reporter direkt nach Spielschluß schon mit lukrativen Interviews warten, die auszulassen den eigenen Markwert drücken könnte. (Wenn er dann als Frühinvalide das Gnadenbrot als "Stadion-Sprecher" fressen darf, kennt ihn von der Journaille niemand mehr.) Im übrigen sind die Spätfolgen von Kreatin (Nierenschädigung durch das Abfallprodukt Kreatinin?) noch nicht erforscht; auf lange Sicht dürfte es ähnlich schädlich sein wie Epo. Es gibt ganz einfach Menschen, deren Körper von Natur aus mehr rote Blutkörperchen, mehr muskelbildende Hormone usw. haben als andere. Diese Leute können guten Gewissens Profi-Sportler werden. Die anderen sollten sich ernsthaft fragen, ob sie nicht andere natürliche Fähigkeiten zu anderen schönen Berufen haben und ob der Versuch, aus ihren Körpern sportliche Höchstleistungen durch "unterstützende Mittel" herauszuholen, wirklich Sinn macht. Das gleiche gilt, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit mit Anfang oder Mitte dreißig natürlicherweise (!) abzunehmen beginnt. Macht es wirklich Sinn, "nachzuhelfen", um noch mit 18-jährigen mithalten zu können? Oder sollte man sich da nicht vernünftigerweise auf den Breiten- und Seniorensport beschränken? Um das Sportabzeichen zu machen braucht man nicht als "wandelnde Apotheke" herum zu laufen!
Man kann aus seinem Körper keine Leistung herausholen, die nicht in ihm steckt; man kann nur Fehler vermeiden, die dazu führen, daß man die Leistung, die potentiell im Körper steckt, nicht vollständig aus ihm herausholen kann.
Wohlgemerkt: Vitamine und Mineralien sollen hier nicht verteufelt werden. Für manche Leute, z.B. "echte" Vegetarier (s.o.), ist es sogar absolut lebensnotwendig, dem Körper zusätzlich zur pflanzlichen Nahrung Vitamine (vor allem B) und Mineralien (vor allem Eisen) zuzuführen. Für Normalverbraucher gilt folgendes: Vitamin C + E verlangsamen den Alterungsprozeß (weil sie die sogenannten "freien Radikale" abfangen), und Vitamin A ist gut für die Augen - aber die sportliche Leistungsfähigkeit erhöht ihre Einnahme kaum. Das gilt auch für die meisten Mineralien - sie können aber den Regenerations-Prozeß unterstützen (besonders Magnesium und Kalium). Wer also meint, Mangelerscheinungen ("Frühjahrsmüdigkeit", "Migräne" o.ä.) zu haben und etwas mehr für seinen Vitamin- und Mineralien-Haushalt tun zu müssen, soll das getrost tun, aber mit Verstand: Eisen muß man morgens auf nüchternen Magen, mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück zu sich nehmen, sonst nimmt der Körper es nicht auf; eine Mischung mit Vitamin C verbessert (angeblich) die Aufnahme. (Den gleichen Effekt hat allerdings der Verzicht auf den morgendlichen Kaffee. Wer keinen Kakao mag, versuche es mal mit Salbei-, Pfefferminz-, Hagebutten- Kamillen- oder Anis-Fenchel-Tee.) Es gibt Kombi-Präparate aus Vitamin-A-C-E und Selen, davon morgens und abends je eine Tablette (gibt es z.B. bei dm) reicht vollkommen aus. Wer gelesen hat, daß Vitamin B und E gut für die Potenz sein soll und kein Viagra schlucken will, kann mittags eine Tablette davon nehmen (z.B. von Abtei) - mehr dürfte eher schädlich sein. Vitamin E soll auch gut für die Gelenke sein; aber da kann man sich ebensogut einen Löffel Gelatine in den morgendlichen Kakao schütten (oder zwischendurch ein paar Gummibärchen naschen, die ja hauptsächlich aus Gelatine bestehen). Calcium stärkt die Knochen; aber wer täglich einen Liter Milch trinkt, hat seinen Bedarf damit vollauf gedeckt, auch in höherem Alter. Mistel, Knoblauch und Weißdorn sollen gut für Herz und Kreislauf sein; wer keinen frischen Knoblauch mag, kann darauf ausweichen (es gibt Kombi-Präparate, z.B. von Kneipp), soll sich aber nicht zuviel davon versprechen: Die Dosierung ist meist recht niedrig, und diese Art Tabletten kann Training nur fördern, aber nie ersetzen. Nebenbei gibt es noch viele andere schöne Pillen, die, wenn schon nicht nützlich, so jedenfalls auch nicht schädlich sind, z.B. zur Förderung der guten Laune (um die Schokoladen-Kalorien zu sparen) Johanniskraut (auf das ich im Sommer allerdings verzichten würde, da es die Sonnenempfindlichkeit der Haut erhöht), Zink (Vorsicht - in Überdosen giftig!), Lecithin, Ginseng (neuerdings in Japan als Arzneimittel anerkannt - was den japanischen Ministerpräsidenten freilich nicht vor dem Tod durch Herzinfarkt bewahrt hat) usw.
Vorsicht: Auch Mittelchen, die für sich (ein-)genommen harmlos sein mögen, können sich in Kombi-Präparaten bisweilen zu gefährlichen Wirkungen potenzieren. So bewarb der altbekannte Schauspieler Günter Pfitzmann unlängst ein geheimnisvolles Präparat, das die "grauen Zellen in Schwung" bringen und gegen alle möglichen "Altersbeschwerden" von eingeschlafenen Füßen bis Schwerhörigkeit gut sein sollte und nahm es angeblich "mit einem Augenzwinkern" auch selber. Das Augenzwinkern verging ihm bald darauf, als er mit einem schwerem Herzinfarkt gerade noch kurz vor dem Exitus ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wo die Ärzte ihm nur mit Mühe das Leben retteten.
Das einzige Mittel, das nachweislich Sinn macht - sowohl vorbeugend als auch heilend - ist Acetylsalicylsäure, besser bekannt als Aspirin. Es muß allerdings nicht dieses teure Markenprodukt aus dem Hause Bayer sein; billige - und chemisch identische - Alternativen sind z.B. die ASS-Tabletten von Ratiopharm. Wer die (vorgestanzten) 500-mg-Tabletten viertelt und täglich 125 mg zu sich nimmt (möglichst zum Essen, da es sonst leicht die Magenwände angreift), ist auf der sicheren Seite. Zweimal im Jahr zum Wetterwechsel (also zu Frühlings- und Herbstbeginn) kann man eine Echinacea-Kur zur Stärkung der körpereigenen Immunkräfte machen.
Noch ein paar Kleinigkeiten am Rande, da es so schwierig ist, sich von alten, liebgewonnenen Vorstellungen und Vorurteilen zu trennen: Man sollte alles vergessen, was noch bis vor einer Generation an Ernährungsgewohnheiten gepredigt wurde. (Früher, als es noch Kriege und Hungersnöte gab, mußten die Menschen beim Essen - wenn sie denn überhaupt die Wahl hatten - ganz andere Ziele verfolgen als unsere überfütterte Wohlstandsspeck-Gesellschaft!) Noch meine Großtante meinte, Spinat sei gut für Kinder, sie bekämen davon rote Bäckchen, da er Eisen enthielte. Nun ist es zwar richtig, daß Spinat (etwas) Eisen enthält, allerdings ist das für den menschlichen Körper kaum verwertbar. In Wirklichkeit ist Spinat ein ausgesprochener Eisen-Killer; zudem enthält er, besonders wenn er im Freien gezüchtet wird, soviele Schadstoffe, daß man fast sagen kann: Wer heutzutage regelmäßig Spinat ist, wählt eines der sichersten Mittel, seinen Körper systematisch zu vergiften. (Kinder haben von Natur aus eine Abneigung gegen Spinat, und das ist kein Zufall!) Das schreibe ich aus gegebenem Anlaß: Beim Inkrafttreten des neuen Bodenschutzgesetzes am 1.3.99 hat ein Kollege in Euskirchen festgestellt, daß er ab sofort keine Spinatabfälle mehr auf den Komposthaufen werfen darf, ohne gegen dieses Gesetz zu verstoßen, da diese den Boden zu stark mit Schwermetallen belasten würden. Dann der Spruch: "Frühstücke wie ein König, esse zu Abend wie ein Bettler." Dümmer kann man sich kaum verhalten als sich morgens gleich den Magen vollzuhauen, der einen dann stundenlang bei allen möglichen Aktivitäten behindert; das gleiche gilt für üppiges Mittagessen, das hauptsächlich zu Ermüdungserscheinungen führt. Die beste Zeit für die Hauptmahlzeit ist der Abend, kurz vor dem Zubettgehen. (Die Mittelmeervölker wissen das und verhalten sich entsprechend.) Im Schlaf hat der Körper nicht viel anderes zu tun, er kann also die Nahrung am besten verdauen - allerdings setzt er dann auch am besten an. Also gilt auch beim Abendessen: Leichte, gutverdauliche Gerichte, die nicht schwer im Magen liegen. A propos: Unser Körper braucht zur Regeneration pro Tag mindestens 8 Stunden Schlaf. Unser Körper (manche Wissenschaftler meinen: jede einzelne Zelle unseres Körpers) enthält eine Art "biologische Uhr". Wer sie mutwillig verstellt, riskiert Schlafstörungen, Bluthochdruck, Magengeschwüre und allgemein eine um Jahre verkürzte Lebenserwartung. Die 8 Stunden müssen übrigens nicht am Stück genommen werden, sondern es ist im Gegenteil viel wirkungsvoller (und wohl auch von der "biologischen Uhr" vorgegeben), Mittags und/oder am späten Nachmittag (also vor dem Training) eine halbe Stunde zu schlafen; das bringt mehr als die meisten Vitamine und Wunderdrinks à la "Red Bull" zusammen. Zurück zur Nahrungsaufnahme: Am besten ist es, wie wir heute wissen, gar keine "Hauptmahlzeiten" anzusetzen, sondern mehrere leichte Imbisse über den Tag zu verteilen. (Auch da können uns Kinder, die ihrem natürlichen Instinkt folgen, ein Vorbild sein. Das altmodische Bemühen vieler Eltern, ihnen "feste Essenszeiten" an- und "Naschereien zwischendurch" abzugewöhnen, ist unnatürlich und ungesund.)
Ausrüstung
Und nun betreten wir also, inzwischen gesund, rank und schlank, den Sportplatz. Hoffentlich richtig gekleidet. Das fängt bei den Schuhen an. Was wir da brauchen, hängt von unserem Laufstil ab. Im wesentlichen gibt es zwei Methoden: Entweder man setzt mit der Ferse auf und rollt über den ganzen Fuß ab, oder man setzt nur mit den Ballen auf. Beide Stile haben Vor- und Nachteile. Wer mit der Ferse aufsetzt und über den ganzen Fuß abrollt, verteilt dadurch das Gewicht mehr oder weniger gleichmäßig auf den ganzen Körper, über die Knie und Hüfte bis in die Wirbelsäule. (Was mir persönlich Probleme in den Knien verursacht.) Wer mit den Ballen aufsetzt, federt den Körper besser ab, belastet dadurch aber die Muskelpartien von der Wade bis zu den Achillessehnen überdurchschnittlich. Die meisten Amateure können diesen Laufstil, mit dem man schneller läuft als mit dem anderen (Jesse Owens war meines Wissens der einzige Spitzen-Sprinter, der auch die 100 m über den ganzen Fuß abrollte) nicht über längere Zeit durchhalten. Ihnen ist ein Kompromiß zu empfehlen: Die Langstrecke über den ganzen Fuß laufen, die Kurzstrecke auf den Ballen. Dementsprechend brauchen wir auch mindestens 2 Paar Sportschuhe: Ein Paar mit gut gefederter Sohle (aber nicht zu schwer) für die Langstrecke, ein Paar mit dünnen Sohlen und Spikes unter den Ballen für Sprint und Sprung. Zum Kugelstoßen können wir ein Paar alte Latschen mit möglichst abgetretenen, glatten Sohlen nehmen, zum Angleiten. (Wer noch ein paar alte Ballett- oder Jazzdance-Schuhe im Schrank herumstehen hat, die ihm nicht zu schade sind, kann es auch damit mal versuchen. Aber auf keinen Fall schwere Treter mit modisch-dicker "Sportsohle" - die bremsen die Angleit-Bewegung!) Was tragen wir sonst noch? In erster Linie müssen die Sachen bequem sein, d.h. nicht zu eng anliegen. Was in sogenannten "Sportboutiquen" oder "Sportkaufhäusern" unter "Sportkleidung" angeboten wird, müßte eigentlich "Sportmode" heißen, denn es besagt nur, daß die Modezaren solche Kreationen für "sportlich" halten - auf dem Sportplatz haben sie in der Regel nichts verloren. Es spricht nicht von Professionalität, wenn kürzlich sogar bei einem Verein der Fußball-Bundesliga Trikots aufgetaucht sind, die neben anderen Farb- und Konservierungs-Stoffen das hochgiftige TBT (Tributylzinn) enthielten. Textilien, die als "knitterfrei", "filzfrei" oder "antibakteriell" gekennzeichnet sind, sind oft problematisch - denn irgendwie muß dieser Effekt ja erzielt worden sein, und meistens mit Chemie. Insbesondere in synthetischen Fasern können allergie- oder krebsauslösende Substanzen enthalten sein, z.B. die sogenannten Azor-Farbstoffe, deren Verkauf zwar seit 1999 gesetzlich verboten ist - aber wer kontrolliert das schon, wenn noch Lagerbestände vorhanden sind? Merken wir uns also: Es kommt weder auf die Farbe an noch auf den modischen Schnitt noch auf die glänzende Kunstfaser, sondern darauf, daß man sich gut bewegen kann und daß die Sachen Schweiß aufnehmen - denn ins Schwitzen müssen wir schon kommen. Also im Zweifel ungefärbte Baumwolle, die man ohne chemische Reinigung leicht waschen und bügeln kann. Auch eine leichte Kopfbedeckung macht Sinn, wenn die Sonne allzu unbarmherzig vom Himmel knallt (ein Stirnband verhindert, daß uns der Schweiß in die Augen läuft), ferner für Brillenträger eine Sportbrille. Das muß keine teure Spezial-Anfertigung mit angeblich unzerbrechlichen Kunststoff-Gläsern sein; es genügt eine möglichst leichte, billige Zweitbrille mit Sportbügeln, die verhindern, daß sie uns beim Springen von der Nase rutscht. Von Kontaktlinsen halte ich gar nichts. Gewiß, sie behindern einen beim Sport etwas weniger als eine Brille, aber um den Preis eines wesentlich erhöhten Risikos. Das hat zuletzt wieder der furchtbare Unfall des Kölner Rad-Profis Marcel Wüst gezeigt, den beim Sturz eine zersplitterte Kontaktlinse das rechte Augenlicht gekostet und damit seine Karriere beendet hat. Mit Brille wär' das (wahrscheinlich) nicht passiert!
Training
So ausgerüstet, können wir nun endlich mit dem Training beginnen. Eigentlich ist das ja Sache eines guten Übungsleiters - und das sollten alle sein, die zur Abnahme des Sportabzeichens berechtigt sind. Aber es könnte ja sein, daß jemand auch außer der Reihe mal die eine oder andere Trainingseinheit einschieben will. Leider gibt es Sportfreunde, die bewußt nicht zu den angegebenen Trainingszeiten erscheinen, um sich vor dem Aufwärmen (Einlaufen, Dehnungs-Gymnastik) zu drücken - das sind meist dieselben, die sich schnell eine Muskelzerrung oder Bänderdehnung holen und dann mehr oder weniger beleidigt den Sport aufgeben. Hier sei wenigstens versucht, ihnen den Sinn des Einlaufens nahezubringen und zugleich zu erklären, warum das entgegen weitverbreiteter Meinung ("dann bin ich ja schon müde, bevor es richtig losgeht") keine spätere Leistungseinbuße bewirkt - im Gegenteil! Der menschliche Körper braucht - individuell verschieden - ca. 7-10 Minuten Bewegung, um warm zu werden, d.h. um zu schwitzen. Das sind, je nach Einlauftempo, 4-5 Runden à 400 m. Mit einem Rundentempo zwischen 2:00 und 2:15 min., je nach Alter, liegt man richtig. Wer langsamer läuft, wird nicht richtig warm, wer schneller läuft, riskiert die berüchtigten "Seitenstiche" und Atemnot durch Sauerstoffdefizit. In diese Phase fällt meist auch der sogenannte "tote Punkte", den man durch leichtes Zurücknehmen des Tempos überspielen kann - beim Einlaufen; wenn er einen unaufgewärmt z.B. beim Kaltstart über 400 m auf Zeit überrascht, ist die Prüfung mit einiger Sicherheit verdorben.
Einige Zeitgenossen verfallen auf die vermeintlich schlaue Ausrede: "Ich komme mit dem Fahrrad, bin also schon aufgewärmt." Das mag stimmen, was die allgemeine Betriebstemperatur des Körpers anbelangt, aber nicht, wenn es um die Muskulatur geht, die man auf dem Sportplatz braucht: Beim Radfahren wird nämlich in erster Linie die hintere Oberschenkel-Muskulatur beansprucht, beim Laufen dagegen die vordere. Auf vor allem im Sommer gehörte Sprüche wie "es ist doch schon so warm draußen, warum soll ich mich da noch aufwärmen?" wollen wir lieber gar nicht näher eingehen.
Nach dem Einlaufen kommt die Gymnastik zur Dehnung der Muskeln und Bänder. Dabei sollte man allerdings nicht übertreiben, sonst schadet man dem Körper mehr als man ihm nutzt. Wir müssen beim Vornüberbeugen nicht mit den Handflächen bis zum Fußboden, wir brauchen keinen Spagat zu können und müssen die Gymnastik weder mit 80 Kniebeugen noch mit 50-55 Liegestützen abschließen, wie das ein ehemaliger Bundesfinanzminister von sich behauptete (ansehen tat man es ihm freilich nicht). Was wir dehnen sollten, sind die Waden, die vorderen und hinteren Oberschenkel, eventuell noch die Adduktoren und die Hüfte, dazu ein paar Lockerungs-Übungen und Sprünge, das reicht.
A propos übertreiben: Wie oft pro Woche sollte man eigentlich trainieren oder sonst sportlich aktiv sein? Das hängt von der individuellen Belastbarkeit ab; man sollte da auf seinen Körper hören. Einmal pro Woche ist sicher zu wenig, aber eine pausenlose Belastung muß man ihm auch nicht zumuten. Am besten variiert man das Trainings-Programm so, daß die einzelnen Muskelgruppen abwechselnd beansprucht werden, z.B. pro Woche 1x Laufen, 1x Radfahren, 1x Schwimmen, 1x gemischtes Sportabzeichen-Training. An den Tagen dazwischen kann man etwas Gymnastik zu Hause machen. Vom Besuch sogenannter Fitness-Studios (auch zur Gewichtsredukution, s.o.) rate ich ab, insbesondere wenn es in Gewichthebertraining ausartet: Man sieht dort immer wieder Leute (vor allem männlichen Geschlechts), die einander damit imponieren wollen, daß sie möglichst hohe Gewichte stemmen, drücken oder reißen. Man tut seinem Körper nichts Gutes, wenn man sich dabei ein paar jener großen, eckigen Muskeln antrainiert, mit denen man dann kaum noch geradeaus gehen, geschweige denn schnell laufen kann (aber dafür verletzungsanfälliger wird). Wer glaubt, Krafttraining nötig zu haben, lege sich ein Paar kleine (!) Hanteln (je 1 kg bis maximal 3 kg) zu und übe damit zuhause. Es bringt viel mehr, eine Übung mit leichten Gewichten mehrmals zu wiederholen, als sie mit schweren Gewichten nur wenige Male zu absolvieren. Die Übung sollte einen nur so leicht belasten, daß man sie "nebenbei" vor dem Fernseher, z.B. zur Tagesschau, durchführen kann - dann kostet sie nicht einmal zusätzliche Zeit. Übrigens geht es auch ohne Hanteln, und viel wichtiger als das Trainieren des Bizeps ist das der Bauch- und Rücken-Muskulatur. (Es gibt eine alte Regel: Hochsprung wird im Kopf entschieden, Kugelstoßen und Weitsprung im Bauch!)
Wenn ich eben geschrieben habe, daß wir den Sportplatz betreten, so gilt das natürlich nur im Sommer-Halbjahr (die Verletzungs- und Erkältungsgefahr beim Außentraining ist im Winter für Freizeitsportler zu groß). Aber das heißt nicht, daß wir uns den Rest des Jahres auf die faule Haut legen und Winterspeck ansetzen sollen. Im Winter-Halbjahr kann man in der Turnhalle laufen, im Hallenbad schwimmen (einer Sauna sollten sich nur Sportfreunde aussetzen, die bereits topfit sind - und die brauchen es dann ja eigentlich gar nicht mehr) und zuhause auf dem Hometrainer (gibt es inzwischen relativ preisgünstig) radfahren. Laufen wird meist in Spielform durchgeführt, wobei Hallenfußball und Volleyball sich besonderer Beliebtheit erfreuen. Vor beidem kann wegen der hohen Verletzungsgefahr nur gewarnt werden. (Beim Volleyball braucht man sich nicht einmal zu verletzen; die permanente Belastung der Sprung-Gelenke reicht aus, um sie nach einigen Jahren nachhaltig zu schädigen.) Viel schönere Spiele sind Handball und Basketball - vorausgesetzt man betreibt sie, wie früher üblich, als "körperlose" Spiele, und nicht, wie heute leider immer mehr verbreitet, als eine Art Raufball.
Prüfungen
Kommen wir nun zur Sportabzeichen-Abnahme. Es werden Leistungen in fünf Gruppen geprüft. Vier dieser Gruppen enthalten mehrere Disziplinen zur Auswahl, d.h. wir können uns jeweils diejenige aussuchen, die wir am besten beherrschen. Vorweg wollen wir uns aber noch fragen, in welcher Reihenfolge wir die Übungen am besten absolvieren. Im Idealfall kommt man wie gesagt nicht nur einmal im Jahr zur Abnahme, sondern mindestens so oft, daß man pro Termin nur eine Disziplin richtig scharf "auf Leistung" betreiben muß - wobei man immer damit rechnen muß, eine Prüfung nicht gleich auf Anhieb zu bestehen; man sollte also im Idealfall mindestens 10 Termine pro Halbjahr veranschlagen. Einschließlich Urlaubs- und/oder Verletzungspausen (manche Stadien sind in den Sommerferien geschlossen) kann sich das Trainingsprogramm so schon mal vom kühlen Frühling über den heißen Sommer bis in den nassen Herbst erstrecken. Bei kühlen Temperaturen sollte man weder Kurzstrecken sprinten noch springen; da kann man den Langlauf üben und - eingeschränkt - den Wurf. In der Hochsommerhitze ist es dagegen genau umgekehrt; da sollte man sich den Langlauf ersparen. Wenn es naß ist, sollte man die Finger von Wurfgeräten lassen. Abgesehen davon, daß der Kugelstoßring meist unter Wasser steht, besteht die Gefahr, daß man ausrutscht und sich verletzt. Laufen kann man dagegen - allerdings besser nur auf Spikes (s.o.).
Falls wir aus irgendwelchen Gründen (hoffentlich nicht aus Trainingsfaulheit) doch mehrere Prüfungen am selben Tag ablegen müssen, stellt sich die Frage nach der günstigsten Reihenfolge. Leider ist es vielfach noch üblich, sie so anzusetzen wie bei einem professionellen Mehrkampf: Erst Sprung und Sprint, dann die Geräte, und zum Schluß die Lang- oder Mittelstrecke. Dabei ist es ausgesprochen dumm, am Anfang die kraftraubendsten und verletzungsgefährlichsten Übungen zu absolvieren und am Ende, wenn man schon abgekämpft und müde ist, die Ausdauerübung. Umgekehrt wird ein Schuh' draus: Wer sich fünf Runden à 2:00 Minuten einläuft, den Prüfer dabei auf die Uhr zu sehen bittet und anschließend noch ein paar Runden mit leicht forciertem Tempo dranhängt, hat in den meisten Altersklassen schon die Bedingungen für die Langstrecke erfüllt - und ist gut aufgewärmt für die nächsten Disziplinen. Danach soll man nicht lange herumstehen oder gar herumliegen (sonst kühlt der Körper wieder aus), sondern sich einen leichten Pullover oder eine Trainingsjacke überziehen und weiter langsam bewegen. Nach maximal 5-10 Minuten Pause (in denen man gut die Dehnungsgymnastik absolvieren kann) sollte man sich gleich zum Sprint begeben. Wenn man diesen mit einem anderen Laufstil angeht und daher andere Muskelpartien belastet als beim Langlauf (s.o.) ist das völlig unproblematisch - und die Puste wird für 75-100 m auch noch reichen. Danach sollte man die Wurfdisziplin ansetzen; insbesondere beim Kugelstoßen verbraucht man noch einmal kräftig Kalorien, und je weniger wir wiegen, desto besser für den Sprung - den man ganz ans Ende setzen sollte, schon weil die Verletzungsgefahr dabei am größten ist: Eine Zerrung zu Beginn der Übungen verdirbt den ganzen Tag; ein Zerrung am Schluß ist zwar auch ärgerlich, kann aber nicht mehr soviel verderben. Außerdem weiß man beim Hochsprung ja nie, wielange der Spaß noch dauert: Es gibt keinen vernünftigen Grund, diejenigen, die eine Höhe gerissen haben, herumstehen zu lassen, bis auch die Cracks fertig sind, bevor man zur nächsten Disziplin übergeht. In allen anderen Disziplinen haben alle Teilnehmer die gleiche Anzahl von Versuchen; beim Hochsprung dagegen ist das Ende offen; und wer fertig ist, kann sich auslaufen, duschen und nach Hause begeben. (Die Langstrecke am Schluß zu laufen ist auch deshalb eine Schnapsidee, weil sich danach kaum noch jemand zum Auslaufen aufraffen mag, was indes fast ebenso wichtig ist wie das Einlaufen, um die Milchsäure abzubauen, die sich infolge der Kraftanstrengung als Abfallprodukt in der Muskulatur angesammelt hat. Es kann etwas langsamer sein als das Einlaufen, ca. 2:30 min./Runde.) Dort kann man dann zur Verbesserung der Regeneration ein heißes Bad nehmen, um die Poren zu öffnen, und anschließend die Beinmuskulatur massieren. Ich persönlich bevorzuge dazu Arnika-Balsam; andere schwören auf Franzbranntwein, Latschenkieferextrakt o.a.; es ist wohl letztlich Geschmackssache.
Beim Schwimmen gelten übrigens die gleichen Überlegungen in Sachen Reihenfolge wie beim Laufen: Als ich noch jung und knackig war, schwamm ich alle vier Distanzen in einer Schwimmbadstunde nacheinander: 1000, 500, 200 und 100 m - in dieser Reihenfolge. Der Bademeister schüttelte den Kopf: "Wie kann man nur so dumm sein, die Kurzstrecke am Ende zu schwimmen, wenn man schon müde ist? Das verschlechtert doch die Zeit!" Doch der gute Mann irrte: Die Langstrecken wärmen den Körper schön langsam auf (was im kalten Wasser noch wichtiger ist als an der Luft!), und hinterher ist man richtig fit für die schnellere Kurzstrecke. (Zugegeben, ich schwimme die 100 m im Schnitt nicht viel schneller als die 1.000 m, aber daran hat sich auch nichts geändert, seit ich mir in reiferen Jahren angewöhnt habe, die vier Strecken an vier verschiedenen Terminen - und manchmal noch öfter, um die Zeiten zu verbessern - zu schwimmen.)
1. Gruppe: Schwimmen
Schwimmen ist objektiv betrachtet die gesündeste und vielseitigste Sportart. Leider nehmen einem vielerorts verdreckte Gewässer oder nach Chlor stinkende Bäder die Lust, sie auszuüben. Aber es hilft nichts, da muß man durch, denn das Schwimmen der 1. Gruppe kann durch keine andere Sportart ersetzt werden. Die Anforderungen sind höchst unterschiedlich ausgestaltet: Beim Deutschen Sportabzeichen (200 m) enthält sie die mit Abstand leichteste Anforderung, eigentlich nur den Nachweis, daß man überhaupt schwimmen kann. Wer nicht gerade Nichtschwimmer ist, wird sie problemlos bestehen, da bedarf es keiner besonderen Tips. Ganz anders beim Bayerischen Sportleistungsabzeichen, wo sie die schwierigste Übung darstellt. Zwar muß man da "nur" 100 m schwimmen, aber dafür richtig schnell. (Jedenfalls empfinde ich als Nicht-Spezialist das so; jahrelang war dies die einzige Übung, bei der ich die "Sonderleistung" für das Bayerische nicht geschafft habe. Bis heute fehlt mir die vermaledeite 1 Sekunde an der Gold-Norm für 18-jährige, und es wurmt mich noch immer, obwohl ich es in meinem Alter ja längst nicht mehr brauche.) Das gleiche gilt, wenn man die "Kraftübung" (4. Gruppe, s.u.) durch Schwimmen ersetzen will: Da verlangt auch das Deutsche Sportabzeichen eine schnelle Zeit - in höheren Altersklassen sogar schneller als die Sonderleistung beim Bayerischen - eine Übung für Spezialisten halt. Aber auch denen kann man ja etwas abgucken: Z.B. sollte der Startsprung nicht tief und "sauber", sondern flach und weit erfolgen - auch wenn es dabei den sogenannten "Bauchklatscher" gibt - damit kann man mehrere Sekunden gutmachen. Ein wichtiger Zeitfaktor ist auch die Wende - wer da Probleme hat sollte nach Möglichkeit auf einer langen Bahn (50-m-Becken) schwimmen, das spart auf 100 m immerhin zwei (gegenüber dem 25-m-Becken) oder sogar drei (gegenüber dem 20-m-Becken) Wenden. In der Regel verbessert sich die Wende, wenn man sie unter Wasser ausführt. Das gilt überhaupt für das Schwimmen insgesamt: Wer Angst hat, den Kopf unter Wasser zu halten, wird nie ein guter Schwimmer. (Wer Angst um seine/ihre Frisur hat, kann eine Badekappe aufsetzen; wem das Chlorwasser in den Augen brennt, kann eine Schwimmbrille aufsetzen.) Der Körper einschließlich des Kopfes muß flach im Wasser liegen und nur zum Atmen nach oben kommen. Da das immer Zeit kostet, sollte man versuchen, nicht nach jedem Zug Luft zu holen. Wer statt nach zwei Halbzügen nur alle drei oder vier Halbzüge Luft holt (100 m kann man das schon mal durchhalten) spart ebenfalls Zeit. Wer Probleme mit dem Atem-Rhythmus hat, sollte es mit Rückenschwimmen versuchen (das gilt auch für diejenigen, die partout keinen Startsprung hinbekommen) - dabei ist der Mund immer oberhalb der Wasseroberfläche, und man kann sich die Atmung frei einteilen. Weitere Tips zum (Ausdauer)-Schwimmen gibt es bei der 5. Gruppe.
2. Gruppe: Sprung
Auch Springen ist eine vielseitige Übung: Es erfordert Geschwindigkeit, Kraft und Technik; leider birgt es - anders als Schwimmen - auch vielfältige Verletzungsgefahren. Objektiv sind die Anforderungen im Hochsprung niedriger als im Weitsprung. Wer jedoch die Technik des Wälzers ("Straddle") oder des Rückwärtssprungs ("Flop") nicht richtig erlernt hat, sollte vom Hochsprung entweder die Finger lassen oder es mit dem altbewährten Scherensprung versuchen - dann sind allerdings die Anforderungen speziell für das Bayerische Sportabzeichen nicht mehr so leicht zu erfüllen. Besonders beim Flop sollte man auf eine mindestens 90 cm hohe Matte achten, die bei der Landung vor Verletzungen schützt, ferner auf eine Lattenhalterung, die gewährleistet, daß die Latte nach dem Reißen senkrecht herabfällt und nicht unter oder auf den Springer (ist bei der Sportabzeichenabnahme - anders als im Wettkampf, wo die Latte frei liegen muß - zulässig). Im übrigen gilt: Hochsprung wird, wie schon angedeutet, im Kopf entschieden. Also nicht zu schnell und blindlings anlaufen, und vor allem keine Angst vor der Höhe! Auch beim Weitsprung kann man viel falsch machen: Beim Anlauf sollte das Tempo allmählich gesteigert werden, um beim Absprung die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen; wer am Anfang zu schnell anläuft, riskiert - gerade wenn er einen weiten Anlauf wählt - müde zu sein, bis er am Balken ankommt. Überhaupt sollte man den langen Anlauf den Profis überlassen (für Amateure haben sich 17 Schritte bewährt, wobei man mit dem Absprungbein beginnen sollte; beim Ausmessen sind das ungefähr 100 Schuhlängen), ebenso den Ehrgeiz, das Brett auf den Millimeter genau zu treffen - besser ein paar Zentimeter verschenken als übertreten! Und nicht zu oft springen - wer nach 3-4 Versuchen noch keine ordentliche Weite erreicht hat, sollte sich nicht weiter herumquälen, sondern die Fortsetzung auf das nächste Training verschieben. (Man merkt mir vielleicht an, daß ich kein besonders begeisterter Weitspringer bin - wenn mir ein Versuch gelingt, verzichte ich auf alle weiteren; aber es ist nicht nur meine subjektive Abneigung, sondern wirklich auch eine objektive Frage der Vernunft, seinen Körper hier nicht zu überfordern.) Eine gelenkschonende Alternative für die höheren Altersklassen ist der Standsprung - da muß man nur lernen, richtig Schwung zu holen und den richtigen Absprungwinkel (nicht zu hoch, nicht zu flach) zu finden.
3. Gruppe: Schnelligkeit
Diese Fähigkeit wollen die Erfinder des Sportabzeichens nur am Kurzstreckenlauf messen - er kann durch keine andere leichtathletische (geschweige denn nicht-leichtathletische) Disziplin ersetzt werden. Sowohl beim Deutschen Sportabzeichen als auch - neuerdings - beim Bayerischen Sportabzeichen können Männer und Frauen zwischen 100 und 400 m wählen, beim ersteren können sie außerdem 1.000 m laufen, wobei man sich angesichts der Zeitvorgaben für Frauen fragt, was das noch mit Kurzstrecke oder Schnelligkeit zu tun haben soll - was da einer 18-jährigen "abverlangt" wird, läuft z.B. beim TuS Köln-rechtsrheinisch noch eine 80-jährige (sie ist Senioreneuropameisterin ihrer Altersklasse, aber trotzdem). Alten Leuten wird offiziell empfohlen, diese ach-so-anstrengende Distanz nicht mehr zu laufen. (Das sind nach den Vorstellungen der Verantwortlichen beim Deutschen Sportbund Frauen ab 40 und Männer ab 45; in Bayern, wo die Menschen offenbar länger jung bleiben, müssen dagegen 45-jährige die 400 m noch in derselben Zeit laufen wie beim Deutschen Sportabzeichen 18-jährige. Dabei beschränkt sich der DSB darauf, den "alten Leuten" die 400 m durch die vermeintlich prohibitive Bestimmung zu verleiden, auch in höherem Alter die Zeitvorgabe für 40-jährige erfüllen zu müssen; der BLSV dagegen verbietet sie ab 50 ganz und ersetzt sie durch die 1.000 m.) Statt dessen soll man auf die Kinderdistanz (sonst nur für 8-12-jährige!) 50 m umsteigen. Dabei belastet gerade diese superkurze Strecke, die praktisch nur aus Start und Beschleunigungsphase besteht, Muskeln und Gelenke weit überdurchschnittlich; davon ist - in jedem Alter - dringend abzuraten. Bei den 100 m kommt alles auf eine gute Startphase an (das Starten aus Startblöcken kann man üben). Wer erst richtig in Fahrt kommt, wenn die anderen schon halb im Ziel sind (wie ich), hat dabei schlechte Karten. Für gesunde Menschen sind die 400 m die einfachste Laufübung des Deutschen Sportabzeichens. (Aber hier schreibt ein ausgesprochener Spezialist, der die 400 m 12 sec. unter der Norm für 18-jährige läuft - vielleicht bin ich voreingenommen.) Wer dagegen Probleme mit Herz, Lunge oder Kreislauf hat, sollte - unabhängig vom Alter - die Finger und die Füße davon lassen. (Man braucht dafür nicht den Onkel Dokter zu bemühen, sondern kann das selber auf dem Hometrainer testen: Wer nach einer gewissen Trainingszeit nicht mindestens 1 Minute - oder die Zeit, die er auf 400 m laufen will - voll "durchpowern" kann, wird das auch auf dem Sportplatz nicht können.) Zum Trost: Auch die 1.000 m sind leicht zu schaffen. Anders als bei den 400 m bedarf es dafür keiner besonderen physischen Veranlagung, was Grundschnelligkeit oder Stehvermögen anbelangt, und keiner besonderen Geübtheit im Gebrauch von Startblöcken; man braucht nicht einmal Spikes, um die geforderte Zeit zu laufen. Wer es vom Beginn der Freiluft-Saison an mindestens einmal pro Woche brav versucht und nicht gerade 20 Pfund "Bauchmuskulatur" zuviel vor sich herschiebt, wird es bis zum Saisonende sicher schaffen. Das ist übrigens eine Strecke, auf der ein "Tempomacher", der nicht zu schnell und nicht zu langsam vorweg oder nebenher läuft, eine große Hilfe sein kann. Irgendein erfahrener Sportfreund - notfalls einer der jüngeren Altersklassen - wird sich bestimmt dazu bereit finden. (Noch besser, besonders bei Männern, ist eine erfahrene Sportfreundin - aus psychologischen Gründen: wir lassen uns nur ungern von Frauen schlagen und entwickeln, wenn eine solche Niederlage droht, fast automatisch den Ehrgeiz, den inneren Schweinehund zu überwinden und durchzuhalten.) Auch bei 100 m kann es sinnvoll sein, jemanden im richtigen Tempo neben oder knapp vor sich laufen zu lassen. Dagegen habe ich die Erfahrung gemacht, daß ein "Zugpferd" bei 400 m wenig nützt: Wenn man auf Bahnen läuft, fällt es wegen der Kurvenvorgabe gerade Anfängern schwer, den Abstand richtig einzuschätzen; und wenn man in derselben Bahn vorwegläuft, neigen vor allem jüngere Leuten leicht zur Selbstüberschätzung und versuchen, eine(n) am Anfang zu überholen - um dann nach 300 m schlapp zu machen.
4. Gruppe: Kraft
Hatte ich es schon erwähnt? Kraft ist Masse mal Beschleunigung, das kann man gar nicht oft genug wiederholen. Auch leichtgewichtige Sportfreunde sollten also keine Angst vor der Kugel oder dem (eisernen) "Stein" haben - vor dem Schleuderball sowieso nicht. Die Wahl des Geräts ist eine Frage der Geschicklichkeit: Wer in beiden Händen eine (annähernd) gleich gute Koordinationsfähigkeit besitzt, wird erstaunt sein, wie leicht ihm das Steinstoßen fällt (zwei Versuche, einer mit links, einer mit rechts, werden addiert); dazu bedarf es praktisch gar keine Technik, da man zu allem Überfluß auch noch anlaufen und den Stein dabei in beiden Händen tragen darf. Wer aber nun partout nur Rechts- oder Linkshänder ist und sich den Stein mit der jeweils anderen Hand höchstens auf den Fuß fallen lassen kann, muß auf diese einfache Möglichkeit verzichten. (Frauen dürfen sowieso nicht, aber deren Kugel ist so leicht, daß sie mit dieser Gruppe ohnehin keine Schwierigkeit haben. Ich habe nie verstanden, warum ein 1,80 m großer Mann von 70 kg eine 7,5-kg-Kugel 7,50 m weit stoßen muß, eine gleichaltrige, 1,80 m große Frau von 70 kg dagegen nur eine 4-kg-Kugel nur 6 m weit - warum protestiert die Frauenbewegung nicht gegen diese böse Diskriminierung?) Kugelstoßen ist - wie Speer- und Diskuswerfen - eine Frage der Technik, und ich fürchte, wer die nicht schon als Jugendlicher erlernt hat, erlernt sie auch im Alter nicht mehr. Aber zum Schleuderballwerfen müßte es eigentlich bei jedem reichen: Man braucht nur zu lernen, halbwegs geradeaus zu werfen (Übungssache, einfach so lange probieren, bis man weiß, wo man mit der Drehung beginnen muß) und nicht zu hoch oder zu flach. Schwimmen (beim Deutschen Sportabzeichen 100 m, beim Bayerischen 200 m) ist, wie bereits bei der 1. Gruppe angedeutet, eine Alternative vornehmlich für Spezialisten. Die Anforderungen sind hier vergleichsweise hoch (ich schaffe sie nur gerade so) und erfordern ein gewisses Training - wer ungeübt ist, lernt in der dafür erforderlichen Zeit wahrscheinlich eher mit einem der Wurfgeräte umzugehen... Für keine ernst zu nehmenden Alternativen halte ich "Zusatzangebote" wie Klimmzug am Reck, Medizinball-Weitwurf oder gar Gewichtheben. Abgesehen davon, daß ich mir nicht vorzustellen vermag, wie jemand, der es nicht einmal schafft, so eine kleine Kugel von vielleicht 10% seines Körpergewichts ein paar Meter weit zu stoßen, bis zu 125% seines Körpergewichts stemmen soll, riskiert man mit solchen Kraftakten Spätschäden an der Wirbelsäule.
5. Gruppe: Ausdauer
Der Langstreckenlauf war früher eine problematische Übung für Leute (wie mich), deren Kniegelenke zu schmerzen beginnen, noch bevor die 5.000 m absolviert sind. (Früher wurden sogar 10.000 m verlangt - in 50 Minuten. Wer sich das als nicht auf Langstreckenlauf spezialisierter Freizeitsportler antat, verdiente wirklich einen Orden: Hornochse 1. Klasse mit Eichenlaub und Schwertern...) Seit aber auch für das Deutsche Sportabzeichen (wie schon längst für das Bayerische) statt dessen 3.000 m gelaufen werden können, ist diese Übung für jeden (und für jede - Frauen brauchen sogar nur 2.000 m zu laufen) zu schaffen. Wie bereits beim Punkt "Aufwärmen" kurz angedeutet, kann man den Prüfer schon mal beim Einlaufen auf die Uhr sehen lassen und, wenn man warm ist, noch ein paar Runden in leicht erhöhtem Tempo weiterlaufen, das wird in den meisten Fällen ausreichen. Ebenfalls bereits eingangs erwähnt: Man sollte die Langstrecke nicht auf Zeit laufen, wenn es zu heiß ist; eine lauer Frühlings- oder Herbstabend eignet sich dazu viel besser als der Hochsommer, in dem man sich auf die Kurzstrecke konzentrieren sollte.
Die gesündeste Art, seine Ausdauer unter Beweis zu stellen, ist das Langstreckenschwimmen, wobei man beim Deutschen Sportabzeichen etwas weiter schwimmen muß (1.000 m), beim Bayerischen (600-400 m, je nach Alter) dagegen etwas schneller. (Es ist dennoch der einfachste Weg, beim Bayerischen eine "Sonderleistung" zum Ausgleich etwaiger Schwächen in anderen Disziplinen zu schaffen.) Eigentlich ist es nur eine Frage der Überwindung des inneren Schweinehundes: man muß einfach durchhalten, auch wenn es schwerfällt, weil das Wasser naß und kalt ist. Zu letzterem: Es hat keinen Zweck, sich ein überheiztes Becken zu suchen. Es gilt das gleiche wie beim Lauf: Auf der Kurzstrecke ist eine leicht erhöhte Außentemperatur förderlich, auf der Langstrecke führt sie nur zu schnellerer Ermüdung. Da hilft nur eines: vorher warm machen! Dagegen kann man seine Zeit verbessern, indem man sich eine Kurzbahn sucht, auf der man öfter wendet. Das ist anders als bei der Kurzstrecke, auf der die Wende in der Regel Zeit kostet, da man als relativ ungeübter Amateur kurzfristig schneller schwimmt als wendet. Auf der Langstrecke ist es umgekehrt: Jede Wende ist eine kleine Erholungspause für die Arm-Muskulatur, und im Zweifel kommt man beim Abstoßen der Füße vom Beckenende sogar schneller voran als langfristig beim eigentlichen Schwimmen. Außerdem zieht man dabei die Beine an und vermeidet so Wadenkrämpfe (beim Kraulen und Rückenschwimmen bleiben die Waden ja sonst permanent angespannt). Nach weitverbreiteter Meinung entstehen Wadenkrämpfe durch Magnesium-Mangel. Eigentlich entstehen sie eher durch Trainings-Mangel; aber wer sicher gehen will, kann 1-2 Stunden vor den 1.000 m eine Magnesium-Tablette zu sich nehmen (tue ich auch - das schadet nicht und hat mindestens den Placebo-Effekt zu wissen, daß nichts passieren kann).
Wer Mühe hat, die Ausdauerleistung mit Schwimmen oder Laufen zu schaffen, könnte daran denken, es statt dessen mit Radfahren zu versuchen. Das ist an sich eine gute Sache - ich tue es jeden Tag. Die Fahrt ins Wochenende ist bei schönem Wetter auf dem Drahtesel viel angenehmer als in der Benzin-Kutsche, und zumindest im Sommer kann man auch zur Arbeit mit dem Rad fahren. Die Kollegen werden vielleicht erst die Nase rümpfen, aber am Ende werden sie es nachmachen. Nur mit dem Radfahren als Prüfungsfach des Sportabzeichens habe ich so meine Bedenken. Abgesehen davon, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand, der die Anforderungen im Schwimmen oder Laufen nicht schafft, die - jedenfalls auf einem "normalen" Tourenrad oder Citybike - viel schwierigeren Bedingen im Radfahren erfüllen soll, scheint mir das übliche Procedere bei der Abnahme nicht unproblematisch: Wenn man nicht gerade eine Radrennbahn am Ort hat (die letzte in Bonn, das Poststadion, hat man schon vor 30 Jahren dicht gemacht und verkommen lassen), muß man wohl oder übel auf Stadt- oder Landstraßen fahren, und da sollte man sich eigentlich weniger auf's Tempo als auf den Verkehr konzentrieren. Anders als bei Profi-Straßenrennen werden die Straßen wegen der Sportabzeichen-Abnahme nämlich nicht für den Normal-Verkehr gesperrt, und das bedeutet, daß wir entweder an roten Ampeln halten und dabei viel Zeit verlieren, oder - wie von manchen Prüfern unverantwortlicherweise empfohlen - sie ordnungswidrigerweise überfahren müssen. Von letzterem kann ich nur abraten, und bei heruntergelassenen Bahnschranken (alles schon erlebt!) geht selbst das nicht. Von der erhöhten Verletzungsgefahr im Vergleich zum Schwimmen oder Laufen im Falle eines Unfalls mit Sturz ganz zu schweigen.
Aber bitte, wer über ein Rennrad verfügt und glaubt, all diese Handicaps ausgleichen zu können, soll sich den Spaß nicht verderben lassen! Früher war der Einsatz von Rennrädern bei der Sportabzeichen-Prüfung nicht erlaubt; ursprünglich durfte man aus Gründen der Chancengleichheit nichtmal eine simple Dreigangschaltung benutzen. (Zu welch einer Wettbewerbsverzerrung derartige Materialungleichheit führt, zeigt schon der Umstand, daß ich auf einem normalen Tourenrad kaum die Norm des Deutschen Sportabzeichens für meine Altersklasse schaffe; auf dem Rennrad unterbiete ich dagegen leicht und locker die für 18-jährige.) Dabei kommt es gar nicht so sehr auf die 12, 18 oder 24 Gänge an, die eine solche Rennmaschine hat, da ja die Sportabzeichen-Abnahme auf ebener Strecke erfolgen soll(-te), als vielmehr auf's Gewicht: Ein gutes Rennrad wiegt zwischen 7 und 8 kg (also etwa soviel, besser gesagt so wenig, wie eine Kugel für junge Männer). Das liegt nicht nur am Rahmen (der gute Rennräder so teuer macht), sondern auch daran, daß von Schutzblech und Gepäckträger über Klingel und Schloß bis zu Dynamo und Lampen an Ausstattung praktisch alles fehlt, was das Gesetz eigentlich vorschreibt, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. (Heutzutage ist das zu vertreten; ich benutze die praktischen, mit Batterien betriebenen Steck-Leuchten, die man bei Bedarf mit einem Handgriff auf- und abmontieren kann; ebenso ein Steck-Schloß und eine Steck-Klingel. Was ich nicht benutze sind die schmalen, unbequemen Renn-Sättel; ich sitze lieber bequem auf einem breiten Sattel und nehme dafür das etwas höhere Gewicht in Kauf.) Ferner sind die Räder, Speichen und Reifen schmaler, flacher und leichter als bei einem "normalen" Rad. Natürlich läuft auch ein Getriebe ohne eingebaute Rücktritt-Bremse viel besser als eines mit. Aber Vorsicht: Wer (wie ich) 40 Jahre seines Lebens nur auf Rädern mit Rücktritt-Bremse gefahren ist, sollte erstmal üben, mit Handbremsen umzugehen, sonst könnte es ihm ergehen wie unserem Herrn Verteidigungsminister, der meinte, bergab und in scharfen Kurven täte es auch die Vorderradbremse alleine, einen Purzelbaum schlug und sich beim Sturz eine schwere Gehirn-Erschütterung zuzog. (Nur Zyniker behaupten, der sei auch vorher schon auf den Kopf gefallen - mit solchen Dingen sollte man nicht spaßen!) Überhaupt sollte man sich auf so einer Maschine ordentlich einfahren. Manche Freunde von mir haben viel bessere Exemplare als ich... im Keller herumstehen! Wenn sie die dann einmal im Jahr zur Sportabzeichen-Prüfung herausholen dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie keinen nennenswerten Vorteil aus ihrem Einsatz ziehen. A propos: wie teuer muß ein gutes Rennrad sein? Computer-Freunde (zu denen die meisten Leser dieser Seite zählen dürften) kennen das Problem: Wer sein Gerät vorgefertigt im Supermarkt kauft, muß nehmen, was man ihm zusammengestellt hat, also zum schnellen Prozessor eine große Festplatte und ein großer Monitor, zur kleinen Festplatte ein kleiner Monitor und ein langsamer Prozessor - dabei braucht man das womöglich gar nicht in dieser Kombination, führe also besser und billiger mit einer individuellen Zusammenstellung beim Fachhändler. Ähnlich beim Fahrrad: Wir müssen nicht mehrere Tausender für einen superleichten Rahmen ausgeben, um ordentliches Zubehör zu bekommen, und wir müssen uns keine schlechte Ausstattung zu einem billigen Rahmen andrehen lassen. Es mag für den Anfänger unverhältnismäßig klingen, aber es macht durchaus Sinn, sich zu einem Rahmen für 300.- DM einen Umwerfer (das ist das empfindliche kleine Ding am Hinterrad, das die Kette beim Schalten hin und her "wirft") für 100.- DM zu kaufen, besonders wenn man groß und schwer ist und entsprechend kräftig in die Pedale tritt. Auch an den Reifen und Bremsbelegen (kosten nur ein paar Groschen, können aber Leben retten) sollte man auf keinen Fall sparen - lieber ein paarmal zu früh wechseln als einmal zu spät!
Für den Prüfungserfolg viel wichtiger als teures Gerät ist jedoch auch hier: regelmäßig trainieren - aber bitte nicht in der Fußgängerzone oder auf den Fahrradwegen der Innenstadt! Lieber auf eine Landstraße mit wenig Kurven, Steigungen und Autoverkehr ausweichen. Am besten ist es natürlich, gleich die Prüfungs-Strecke abzufahren, Schlaglöcher, Kurven und Ampel(schaltunge)n kennenzulernen, auch mal auf die Uhr zu schauen, wie man so in der Zeit liegt. Wenn man andere Strecken wählt: nicht übertreiben! 20 km werden für's Sportabzeichen verlangt; viel mehr sollte man seinen Knien - vor allem im Alter - auch nicht mehr am Stück zumuten! Beim Bayerischen Sportleistungsabzeichen bekommt man(n) ab 45 einen Rabatt von sage und schreibe 50% - 10 statt 20 km, also die Frauen-Distanz -, der die Prüfung fast zur Farce macht. Und man sollte auch nicht im Auto - mit dem Fahrrad auf dem Dach-Gepäckträger - zur Prüfung anreisen, sondern sich vorher 10-15 Minuten bei mittlerer Geschwindigkeit einfahren. Und während der Abnahme schön die Kräfte einteilen: Immerhin dauert das Radfahren (jedenfalls bei mir) länger als das Langstrecken-Laufen und das Langstrecken-Schwimmen zusammen! Lossprinten wie ein Weltmeister und später müde werden bringt gar nichts; wer dagegen stetig 50 km/h fährt, nutzt die für den Autoverkehr geschaltete "grüne Welle" aus, braucht nicht an roten Ampeln zu warten und spart sich das zeitraubende Wiederanfahren mit all der Schalterei.
Noch etwas: Rennräder mit ihren schmalen Reifen und dem einseitigen Längs-Profil sind nicht dazu gedacht, auf vereisten Straßen, bei Windböen, Regengüssen und Schnee-Stürmen eingesetzt zu werden; wer sich diesem zweifelhaften Vergnügen widmen will (immerhin ist es nicht so gefährlich, aber dafür auch mit weniger Nervenkitzel verbunden als Bungee-Springen), sollte sich zu diesem Zweck ein Mountain-Bike anschaffen, mit breiten Reifen, dickem Profil, einem Lenker und einem Rahmen, der auch die obligatorischen Stürze aushält - nur zur Sportabzeichen-Prüfung sollte er damit besser nicht antreten. (Für Schnee-Begeisterte und -Verrückte gibt es als Ausdauer-Prüfung auch den Ski-Langlauf; aber dazu schreibe ich besser nichts, ebensowenig zur verletzungsgefährlichsten Sportart überhaupt, dem Geräte-Turnen.) Bei solchem Wetter bleibe ich lieber zuhause und benutze den Hometrainer, aber das ist Geschmackssache. (Übrigens: nicht in der miefigen, überheizten Bude vor sich hinstrampeln, sondern Heizung aus und Fenster auf, sonst ist es der Gesundheit eher abträglich als förderlich!) "Profis" mögen die Nase rümpfen; aber das Fahren auf dem Hometrainer trainiert einen Fahrstil, den die meisten Amateure - auch wenn sie Rennräder benutzen - nicht beherrschen, nämlich den mit Pedal-Halterungen. Diese verhindern nicht nur das Abrutschen der Füße im "Eifer des Gefechts", sondern sie beugen auch einer Ermüdung der Unterschenkel-Muskulatur und damit Wadenkrämpfen vor. Es brauchen gar keine superteuren Spezial-Pedale zu sein, für die man noch ebenso teure Spezial-Schuhe braucht - schon ein Paar simple Riemen kann wahre Wunder wirken! Aber auch hier wieder Vorsicht: Wer gewohnt ist, bei plötzlichen Gleichgewichts-Schwierigkeiten mal eben mit den Füßen am Boden entlang zu "bremsen", wird das im Ernstfall nicht mehr können, wenn die Füße in solchen Riemen stecken; also vorher üben, bis man ganz sicher ist. (Das schließt Auf- und Absteigen sowie das An- und Abstreifen der Riemen während der Fahrt ein, und zwar blind - auf den Verkehr schauen, nicht auf die Füße!) Was noch? Profis schrauben den Sattel so hoch und den Lenker so niedrig, daß sie - schön windschnittig - krumm und gespannt wie ein Flitzebogen auf ihrem Gefährt hocken. Davon kann ich nur abraten: es schadet der Wirbelsäule und ist die paar Sekunden, die wir damit einsparen können (wegen des geringeren Wind-Widerstands) nicht wert. Also: Lenker rauf und Sattel runter, bis wir bequem sitzen! Weitere Informationen zum Radsport gibt es hier.
Für Fortgeschrittene
Wenn wir nun alle Sportabzeichen-Disziplinen "geschafft" und das Gefühl haben, unser Leistungspotential noch nicht voll ausgeschöpft zu haben (dieses Gefühl wird sich nach ein paar Jahren fast zwangsläufig einstellen), wollen wir uns fragen, wie weit wir uns vom Ehrgeiz treiben lassen sollten. Auch hier gilt: Nichts übertreiben - das Sportabzeichen zielt auf Vielseitigkeit, nicht auf Höchstleistungen in einer Spezialdisziplin. Man könnte z.B. einmal versuchen, die Prüfungen in den einzelnen Gruppen nicht immer nur mit seinen "Parade-Disziplinen" zu machen, sondern auch mal mit bisher schwächeren - manch einer hat dabei eine neue Lieblingsdisziplin entdeckt! Oder man kann zwei Disziplinen nebeneinander absolvieren, die schwächere für das Deutsche, die stärkere für das Bayerische Sportabzeichen (dessen Anforderungen meist etwas höher sind), also z.B. Weitsprung, Steinstoßen, 100 m und Langstrecken-Lauf für das Deutsche Sportabzeichen, Hochsprung, Kugelstoßen, 400 m und Langstreckenschwimmen für das Bayerische. Allerdings sind die Anforderungen speziell für das Deutsche Sportabzeichen auch dann noch so niedrig, daß sie einen wirklich ambitionierten Freizeit-Sportler unbefriedigt lassen könnten. (Ab der Altersklasse der 45-jährigen gilt das leider auch für das Bayerische Sportabzeichen: ja moi, was samma alt und tatterig! Als ich mir diese Bedingungen zum erstenmal als selber Betroffener ansah, fühlte ich mich fast persönlich beleidigt - gehöre ich denn schon ins Altersheim?) Der "Erfinder" des Sportabzeichens, Carl Diehm, hatte es ja ursprünglich ganz anders gedacht, nämlich so, daß man seine Leistung unverändert bis ins hohe Alter erhalten sollte; für diese gleichbleibende Leistung erhielt man dann, wenn man sie als junger Mensch erfüllte, ein Abzeichen in Bronze, als mittlerer eines in Silber und als älterer eines in Gold - aus diesem Grund wurden die Anforderungen nicht allzu hoch angesetzt, halt so, daß man sie auch im hohen Alter noch erfüllen konnte. Dieser Charakter des Sportabzeichens ist leider in den letzten Jahren völlig verwässert worden, nicht zuletzt durch einflußreiche, aber unsportliche (im doppelten Sinne des Wortes) Politiker, die sich mit dem Erwerb dieses Ordens wichtig tun wollten. (Die blamablen Vorstellungen der Blüm, Scharping, v. Weizsäcker etc. sind uns allen noch in peinlicher Erinnerung.) So wurde denn erst der Altersklassen-Rabatt eingeführt, d.h. je älter man wurde, desto schwächer durfte die Leistung sein, und dann wurden auch diese Leistungsanforderungen Jahr für Jahr noch weiter gesenkt, bis jede Witzfigur sie erfüllen konnte (mit etwas Schummeln, versteht sich, aber das ist ja in der Politik ganz normal). Als Reaktion darauf wurde der "Sportkrone e.V." gegründet, der nach wie vor zu den "alten" Bedingungen von Carl Diehm steht, d.h. es gibt keinen "Altersrabatt". (Mann darf sogar ab 50 noch die 400 m laufen - frau allerdings nicht.) Wer also ambitioniert ist, kann versuchen, auch in reiferen Jahren die Bedingungen für 18jährige zu erfüllen (im Schwimmen sind die Anforderungen sogar etwas höher als beim DSA für 18jährige, da sie bei letzterem besonders stark verwässert wurden, im wahrsten Sinne des Wortes) - weiter braucht der Ehrgeiz eigentlich nicht zu gehen. Und Vorsicht ältere Semester: Man kann - gesunde Lebensführung und regelmäßiges Training vorausgesetzt - zwar 20 Jahre lang leistungsfähig wie ein 40jähriger bleiben (das ist nicht nur so eine Redensart - ich kenne persönlich Leute, auf die das zutrifft), aber mit Mitte 60 nimmt die Physis doch allmählich ab. Die Verantwortlichen der Sportkrone haben daher - sicher gut gemeint, aber wie ich meine unverantwortlich - "zusätzliche Wahlmöglichkeiten" für Sportler ab 65 eingeführt. Ich kann nur dringend davor warnen, sich etwa daran versuchen zu wollen: Wer es nicht schafft, 300 m in 9 min. zu schwimmen, sollte nicht versuchen, statt dessen 3.000 m zu schwimmen; wer die 400 m nicht in 68 sec. laufen kann, sollte nicht auf 25 km (!) umsteigen; und wer die 20 km auf dem Fahrrad nicht in 45 min. schafft, sollte auf keinen Fall 75 km fahren - sei es auch jeweils "ohne Zeitbegrenzung". Wie schnell ermüdet man bei solchen Distanzen, für deren Bewältigung man als Freizeitsportler ca. 1,5 (Schwimmen), 2,5 (Laufen) bzw. 3 Stunden (Radfahren) benötigt! Wer einen Schwächeanfall erleidet, riskiert nicht nur, vom Rad vor den nächsten Lkw zu fallen - ich habe erst letztes Jahr miterleben müssen, wie ein Läufer eben jener Altersklasse, der seine Kräfte maßlos überschätzte (Ex-Marathonläufer) und auf keine Warnung "junger Spunde" hören wollte, auf der Laufbahn tot zusammengebrochen ist. Und wieviele Bade-Urlauber jedes Jahr ertrinken, weil sie sich für "gute Schwimmer" halten und glauben, kilometerweit hinaus schwimmen zu können, kann man regelmäßig in der Zeitung nachlesen (leider meist nur als Dreizeiler auf der letzten Seite und daher wenig abschreckend; dabei beträgt die Zahl der Opfer ihres eigenen Leichtsinns ein Vielfaches der Opfer etwa von Haien, die so oft für Schlagzeilen herhalten müssen). Also: keine Gewalt-Touren! Wirklich gute Schwimmer können sich am Deutschen Schwimmabzeichen versuchen. (Früher hieß die 1. Stufe "Freischwimmer-" und die 2. Stufe "Fahrtenschwimmer-Zeugnis", heute heißt es DSA in Bronze bzw. Silber, und es gibt eine 3. Stufe in Gold - letztere entspricht in etwa den Anforderungen an das DLRG-Rettungsschwimmer-Abzeichen, verzichtet aber weitgehend auf den m.E. überflüssigen - da in der Praxis ohnehin nicht anwendbaren - Krempel der theoretischen Prüfung.) Neuerdings hat man allerdings auch da einen Altersrabatt eingeführt. Weitere (leider nicht immer ganz aktuelle) Informationen zum Schwimmsport gibt es hier. A propos: Wer sich partout nicht aufraffen kann, schwimmen zu lernen, braucht darob nicht auf ein Sportabzeichen zu verzichten: Es gibt noch das DLV-Abzeichen in 3 Stufen; die Bedingungen der mittleren Stufe entsprechen denen des Deutschen Sportabzeichens und sind wechselseitig anrechenbar, die der höchsten Stufe entsprechen in etwa denen des Bayrischen Sportleistungsabzeichens. Wer sich also öffentlich als Nichtschwimmer ausweisen will, kann das DLV-Abzeichen erwerben und spazieren tragen.
Wettkampfsport
Nun könnten wir eines Tages feststellen, daß unser heimatlicher Sportplatz vielleicht nicht im allerbesten Zustand ist, und es könnte uns der Verdacht kommen, daß die Höchstleistungen, die uns im Fernsehen vorgeführt werden, nicht nur auf Jugend, Professionalität und Doping der Athleten zurückzuführen sind, sondern auch auf den besseren Zustand der Laufbahn und/oder der Geräte. Da ist etwas dran. Und es geht gar nicht allein darum, ob man auf Asche oder Tartan läuft und wie dünn oder dick der Belag ist (dünne Beläge erhöhen die Schnelligkeit, belasten aber die Gelenke), sondern darum, wie die jeweiligen Anlagen "in Schuß" sind: Es gibt schlecht gewartete Tartan-Bahnen ebenso wie gut gepflegte Aschen-Bahnen. Bei Sportfesten oder Wettkämpfen darf man davon ausgehen, daß Sportplatz und Geräte vorher in den bestmöglichen Zustand gebracht werden. Man kann da also getrost mal mitmachen (auch wenn man nicht gleich als Sieger vom Platz geht - das muß ja gar nicht das Ziel sein!) und sich die Leistung schriftlich bestätigen lassen - sie zählt für's Sportabzeichen. (Wichtig: Bei Läufen mit elektronischer Zeitmessung dürfen gegenüber der Zeitnahme per Hand drei Zehntelsekunden abgezogen werden.) Solche Veranstaltungen, auch speziell für Junioren und/oder Senioren, finden im Sommer-Halbjahr praktisch jedes Wochenende irgendwo in der näheren Umgebung statt (s.u.).
Wenn wir aber nun doch einmal auf dem Treppchen stehen wollen, sollten wir vorher zum Arzt gehen: Gar manche Pumpe, die noch ausreicht, um gemütlich die eine oder andere Runde für's Sportabzeichen zu traben, macht dieselbe Distanz bei Höchstgeschwindigkeit nicht mehr mit. (Das gilt auch und gerade für ehemalige Leistungssportler, besonders wenn sie ihr Herz schon mit der Einnahme von Androstenedion o.ä. Mittelchen vorgeschädigt haben!) Was der Körper mit 20 oder 30 Jahren noch leicht weggesteckt hat, könnte ihm mit 40 oder 50 Jahren (und entsprechend eingerostet) schlecht bekommen. Auch auf die Waage sollten wir vorher nochmal steigen: Mittelstrecken-Läufer sollten vor dem Wettkampf ca. 5% unter ihrem Ideal-Gewicht haben, Langstrecken-Läufer ca. 10%. (Ich persönlich würde vom wettkampfmäßigen Langstreckenlauf, vor allem vom Marathon auf asfaltierten Straßen, die Finger - genauer gesagt die Füße, Knie- und Hüftgelenke - lassen, will aber niemandem den Spaß verderben). Aber bitte nicht übertreiben! Was sich gewisse Skispringer antun, um noch besser in noch engere, noch windschlüpfrigere Anzüge zu passen, ist geradezu pervers: Wer seinem im Wettkampf bis an die Grenzen belasteten Skelett die notwendige Unterstützung durch eine entsprechende Muskulatur vorenthält und sich statt dessen vorher bis auf Haut und Knochen herunter hungert, darf sich nicht wundern, wenn er später im Rollstuhl landet.
Damit stellt sich die Frage: Welche Disziplinen wählen wir nun aus? Wir sollten uns nicht zum sportlichen "Fachidioten" machen lassen, d.h. nicht auf nur eine Disziplin spezialisieren. Wer regelmäßig für das Sportabzeichen trainiert, ist für den Fünfkampf geradezu prädestiniert - für den wir übrigens unser Idealgewicht behalten können. (Der Zehnkampf, der ein etwas höheres "Kampfgewicht" erfordert, wird in der Seniorenklasse - dazu zählt man ab dem 30. Lebensjahr - kaum noch ausgetragen.) Bei den Frauen sind 4 von 5 Übungen wie beim Sportabzeichen: Weitsprung, 100 m, Kugelstoßen, Hochsprung. Hinzu kommt der 800-m-Lauf. Dies ist merkwürdigerweise diejenige Distanz, auf der die Leistungen zwischen Männern und Frauen am weitesten auseinanderklaffen (viel weiter als auf der Kurz- oder Langstrecke); das gilt vom Freizeitsport bis zur Weltklasse. Als Mann fällt es mir da schwer, kluge Ratschläge zu geben; Interessentinnen empfehle ich Annette's Seite; die Verfasserin (fast mein Alter und mein Tempo) war 1998 deutsche und Europameisterin der Seniorinnen über 800 und 1.500 m und 1997 Weltmeisterin der Seniorinnen über 1.500 m. (Aber Vorsicht: ihr Trainingsprogramm ist nichts für Anfänger; am Ende war es selbst für sie zuviel; sie war lange verletzt und konnte ihre Titel im Jahre 1999 nicht verteidigen. 2000 ist sie wieder Deutsche Meisterin und Europameisterin geworden; aber ihre überragenden Zeiten von früher hat sie dabei nicht annähernd mehr erreicht.) Bei den Männern besteht der Fünfkampf aus Weitsprung, Speerwerfen, 200 m, Diskuswerfen und 1.500-m-Lauf. Beim Weitsprung die dringende Empfehlung, wenn der erste Versuch weniger als 10% unter der üblichen Leistung liegt, auf die folgenden Sprünge zu verzichten. Es ist nicht gesagt, daß die nächsten besser werden, die Verletzungsgefahr ist bei der ersten Disziplin besonders hoch (s.o.) und steigt mit jedem Versuch; und die paar Punkte, die uns da verlorengehen, können wir durch gute Leistungen in den anderen Disziplinen immer noch wettmachen, wenn wir unsere Muskulatur nicht mit zusätzlichen Sprüngen ermüden. Die Laufdistanzen unterscheiden sich von denen des Sportabzeichens. Beim 200-m-Lauf sieht man immer wieder 100-m-Spezialisten, die auf den letzten Metern "verhungern"; gelernte 400-m-Läufer sind da im Vorteil, schon wegen der ähnlichen psychologischen Situation, die aus der Kurvenvorgabe resultiert. Aber nicht nur der auf der Innenbahn Laufende muß sich bis zuletzt immer wieder einhämmern: Nur nicht aufstecken, auch wenn der Rückstand noch so hoffnungslos scheint, der Läufer vor mir kann auf den letzten Metern noch einbrechen - ich habe immer wieder erlebt, daß er es tatsächlich tut! (Wegen meines miserablen Starts bin ich nach 100 m fast immer letzter, aber im Ziel fast immer erster.) Die 1.500 m muß man schlicht im 1.000-m-Tempo durchlaufen (50-jährige müssen beim Bayerischen Sportabzeichen 1.000 m in 4:30 min. laufen; das wären also hochgerechnet 6:45 min; für jüngere Altersklassen darf es 1-2 Minuten schneller sein). Das ist reine Übungssache, und wer solche Wettkämpfe wirklich in Angriff nehmen will, muß halt vorher etwas mehr trainieren als allein für das Sportabzeichen. Noch etwas: Beim 1.500-m-Lauf erlebt man leider - auch im Amateurbereich - immer wieder, daß kurz nach dem Start kräftig mit den Ellbogen gerangelt wird, um in eine vermeintlich bessere Ausgangsposition zu kommen. An solchen kraftraubenden Manövern sollte man sich tunlichst nicht beteiligen, nicht nur aus Fairness, sondern auch aus Eigennutz: Die da vorne rangeln sind meist die Kraftmeier, deren Paradedisziplin das Kugelstoßen ist, und die frustriert sind, weil das nicht zum Fünfkampf zählt; wenn wir sie sich anfangs austoben lassen, holen wir sie nach 2-3 Runden mühelos wieder ein und haben unsere Kraft für einen flotten Endspurt gespart. Diskus- und Speerwerfen muß man lernen; es ist - mehr noch als Kugelstoßen - keine Frage der Kraft, sondern der Technik. Diese leichten Geräte kann jeder halten und werfen - fragt sich halt nur wie weit. Wer den Dreh im Diskusring nicht richtig 'rausbekommt, mag getrost aus dem Stand werfen - habe ich sogar schon bei deutschen Seniorenmeisterschaften gesehen; das ist immer noch sicherer als 3x überzutreten oder die Scheibe ins Seitennetz zu werfen. Speerwerfen ist nicht mehr so problematisch, seit der Schwerpunkt der Speere verlagert wurde; die Spitze senkt sich nun am Ende des Fluges fast automatisch nach unten, so daß ungültige Würfe der Vergangenheit angehören dürften. Dafür fliegt der neue Speer nicht mehr so weit - aber auch das kann Freizeitsportlern nur recht sein, denn es verringert ihren Abstand zu den Spezialisten. Vorsicht mit komplizierten, vermeintlich "professionellen", Wurf- und Grifftechniken: Ein Sportfreund von mir (erstklassiger Mann, dem ich im Sprint und Sprung nicht das Wasser reichen kann) hat es mal fertiggebracht, sich beim Speerwerfen einen Finger zu brechen. Am einfachsten ist es, das Ding wie einen Besen in die Faust zu nehmen und auf Experimente zu verzichten, es zwischen zwei Fingern einzuklemmen o.ä. Und auf den Wind achten: Wenn er von vorne kommt, etwas flacher werfen, wenn er von hinten kommt, etwas steiler.
Inzwischen gibt es auch im Schwimmsport Meisterschaften für Senioren - leider viel zu wenig beachtet. Dabei sind die Schwimm-Weltmeistertitel einer Gabi Reha-Ottke (über 100 und 200 m Schmetterling, ihrer Spezial-Disziplin; aber als Allrounderin hat sie auch die 200 m Lagen gewonnen, in gut zweieinhalb Minuten!) ideell und sportlich viel höher zu bewerten als der - finanziell natürlich attraktivere - Box-Weltmeistertitel ihres drei Jahre jüngeren (und einen halben Kopf kleineren) Ehemannes. Um zu erkennen, welche Sportart der Gesundheit förderlicher ist, braucht man sich die beiden nur einmal nebeneinander anzusehen. Aber solange ein(e) gute(r) Schwimmer(in) soviel weniger verdient als jemand, der seine und anderer Leute Gesundheit ruiniert, indem er sich vor einem Haufen blutrünstiger Voyeure in Boxringen herumprügelt, ist es wohl müßig, darüber zu schreiben...
Vorschau und kleine Erfahrungsberichte 2000* (Motto: Was man aus Fehlern lernen kann)
*Die Erfahrungsberichte aus dem Jahre 1999 befinden sich jetzt hier.
Für die 1. Maiwoche waren die Mehrkampftage des ASV Sankt Augustin angesetzt. In früheren Jahren waren zu diesem traditionellen Saison-Auftakt Mehrkämpfer nicht nur aus ganz Deutschland, sondern weit über Europa hinaus angereist, von den britischen Inseln bis zum arabischen Golf. Seit zwei Jahren versuchte nun der ASV, aus diesem Ereignis in großem Umfang Kapital zu schlagen, indem die - ohnehin schon hohe - Startgebühr noch einmal fast verdoppelt wurde. Bereits 1999 war es in den Senioren-Klassen zum Boykott gekommen; und ich hatte an dieser Stelle die Hoffnung geäußert, daß die Vereinsführung aus dieser Erfahrung lernen würde. Leider hatte ich mich getäuscht: Nachdem der ASV in den 90er Jahren bereits nach und nach alle guten Trainer und Aktive aus dem Verein vergrault hatte (vor allem die an Geld und Mitgliedern reichere Balltreter-Abteilung ließ keine Gelegenheit aus, die Leichtathletik-Abteilung zu schikanieren), schaffte er das nun auch mit auswärtigen Sportfreunden: Die gesamten Mehrkampftage mußten mangels Meldungen (auch in den Jugend- und Erwachsenen-Klassen) abgesagt werden! Da fragt man sich nur, ob hinter der Zerstörung dieser schönen alten Tradition nicht noch mehr steckt als bloße Dummheit und Raffgier: Vor allem der neue Abteilungsleiter Leichtathletik, Kevin Hodsman - Langstreckenläufer a.D. -, hat sich wiederholt abfällig über Mehrkämpfer geäußert, die da herumspringen und mit Geräten um sich werfen... vielleicht hat er die Mehrkampftage absichtlich kaputt gemacht?
In der 1. Juniwoche fand die Nordrhein-(Mannschafts-)Meisterschaft im Rahmen der DAMM in Euskirchen statt. 1999 und 1998 hatten wir, wiewohl stark ersatzgeschwächt, gesiegt, indem die gesunden Allrounder die Höchstzahl der erlaubten Starts (3 Einzel-Disziplinen + Staffel) ausschöpften. Diesmal kamen bereits Mitte Mai die verletzungsbedingten Absagen, und wir bekamen beim besten Willen keine Mannschaft zusammen (mit nur 50% der "Fachidioten" an Bord kann auch ein gelernter Mehrkämpfer solche Wettkämpfe nicht "durchbringen"; die beiden anderen Allrounder, mit denen zusammen mir das in den Vorjahren gelungen war, fielen diesmal auch aus). Die Lehren, die aus solchen Pleiten gezogen werden müßten, sind immer die gleichen - und werden leider immer wieder ignoriert: In den Senioren-Altersklassen darf man die Saisonvorbereitung nicht über's Knie brechen, vor allem nicht bei schlechtem Wetter draußen herumtoben, und nicht gleich versuchen, in ein paar Tagen leistungsmäßig von 0 auf 100 zu kommen.
In der 3. Juniwoche fanden die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften der Senioren in Lage statt, einem kleinen Städtchen in Lippe. Nun sind die dort vorhandenen Sportanlagen zwar ganz ausgezeichnet - und das sollte bei der Vergabe einer solchen Veranstaltungen natürlich auch eine maßgebliche Rolle spielen -, aber wenn die verkehrsmäßige Erreichbarkeit so mäßig und auch die übrige Infrastruktur so bescheiden ist, daß schon Wochen vorher kein Hotelzimmer am Ort mehr frei ist (zu allem Überfluß fand dort am selben Wochenende auch noch irgendeine Schachmeisterschaft statt), sondern nur noch in einigen Käffern ringsumher, muß man sich doch fragen, welche weltfremden Funktionäre das wieder ausgebrütet haben. (Aber es geht noch schlimmer: 2001 sollen die DSMM in Zittau im tschechisch-polnisch-sächsischen Dreiländereck stattfinden - ein Glück, daß es auf dem Mond keine deutsche Kolonie gibt, sonst hätte man dort vielleicht einen noch ungünstiger gelegenen Ort ausfindig gemacht!) Auch die Startzeiten - 09:00 h morgens Weitsprung - waren unzumutbar und führten allenthalben zu schlechten Leistungen. Nach drei Jahren hatten wir erstmals wieder eine Mannschaft (drei Leute) für die kombinierten Altersklassen M 40+45 zusammenbekommen, von denen uns allerdings einer - derselbe wie im Vorjahr - ohne Vorankündung im Stich ließ. Zwar hatten wir einen Ersatzmann dabei, aber der war eigentlich nur angereist, um die 1.500-m-Qualifikation für die Einzel-DM zu laufen, die er im Vorjahr verletzungsbedingt verpaßt hatte. Wir stellten einen neuen Rekord auf: Drei Leute verpatzten in drei Disziplinen (Weitsprung, Speer- und Diskuswurf) jeweils alle drei Versuche, dazu kamen noch drei verpatzte 200-m-Läufe, also insgesamt 30 Fehlleistungen. Es war wie verhext: Beim Weitsprung blieben wir jeweils 25 cm unter unseren normalen Leistungen zurück, im Speerwurf "nur" 2-3 m. Über 200 m hatten wir eigentlich alle drei damit gerechnet, unsere jeweiligen Läufe zu gewinnen - es gelang keinem von uns - nicht weil die anderen schneller waren, sondern weil wir (viel) langsamer waren als gewohnt (für mich sogar persönliche Schlechtestleistung in einem Wettkampf, auch wenn die noch fast 600 Punkte brachte). Die Katastrophe kam aber beim Diskuswerfen: Meine 25 m waren blamabel genug (normalerweise werfe ich schon aus dem Stand weiter; aber meinen einzigen guten Wurf setzte ich einen knappen Zentimeter neben die Markierung - ungültig); doch meine Mitstreiter brachten es fertig, jeweils nur 17 m zu werfen; und damit hat man halt bei einer DM nichts zu suchen. Nach vier Disziplinen lagen meine Kollegen auf dem letzten bzw. vorletzten Platz in der Einzelwertung, und ich irgendwo im hinteren Mittelfeld; in der Mannschaftswertung lagen wir auf dem 8. und letzten Platz. Angesichts dessen war es ein Wunder, daß wir uns für den abschließenden 1.500-m-Lauf überhaupt noch motivieren konnten, der um 13:20 in brütender Mittagshitze ohne jeden Schatten ausgetragen wurde. Zwar landeten wir in der M 45 einen haushohen Doppelsieg, und auch unser Ersatzmann gewann - natürlich, als Spezialist - seinen M-40-Lauf überlegen; aber er verpaßte "seine" DM-Quali um sage und schreibe 0,8 Sekunden, so daß wir uns nichtmal darüber freuen konnten. Ach ja, in der Endabrechnung hatten wir uns noch auf einen bescheidenen 5. Platz verbessert. Welche Lehren soll man nun aus so einem Wettkampf ziehen? Mir fällt nichts ein; aber ich habe mir vorgenommen, den Organisations-Irrsinn des DLV im nächsten Jahr nicht zu unterstützen und in Zittau nicht zu starten.
In der 4. Juniwoche fanden die Nordrhein-(Einzel-)Meisterschaften der Senioren in Kevelaer statt - am selben Tag wie die berühmte Fronleichnams-Prozession. Beide Veranstaltungen waren erschreckend schwach besetzt; ich vermißte viele alte Bekannte. Herumfragen bei den wenigen Sportfreunden, die angereist waren, brachte nur Hiobs-Botschaften: außer Form, krank, verletzt, einer (ein Weltklasse-Kugelstoßer) war sogar gestorben - mit 57 Jahren, an Nierenversagen, der Preis für's "Schlucken"... Irgendwie drückte das bei mir auf die Stimmung, ich erwischte erneut einen grottenschlechten Tag; dabei gab es so viele Ausfälle, daß ich "auf dem Papier", d.h. nach den Bestleistungen vom Vorjahr, in den fünf Einzel-Disziplinen, für die ich gemeldet hatte, 2x Gold und 3x Silber hätte gewinnen müssen. Aber schon beim Hochsprung patzte ich böse - ich nahm eine der Höhen, die ich im Training jederzeit problemlos bewältige, einfach nicht ernst genug. Im Speerwerfen brachte mir eine mittelmäßige Leistung den 3. Platz - ein läppischer Meter mehr hätte zur Vizemeisterschaft gereicht. Im 400-m-Lauf (eigentlich meine Parade-Disziplin) konnte ich meinen miserablen Vorjahres-Platz nicht verbessern - dabei hätte zumindest für die Vizemeisterschaft eine Zeit gereicht, wie ich sie im Training jederzeit laufen kann. Um die 200 m zu gewinnen, hätte schon meine bisherige persönliche Schlechtestleistung aus Lage gereicht - ich brachte es fertig, die noch zu überbieten und nur 2. zu werden. Auch die 800 m waren auf dem Papier leicht zu gewinnen, da der Titelverteidiger nach dem 400-m-Lauf verletzt ausfiel und auch die früheren Meister allesamt nicht gemeldet hatten; wie ich es geschafft habe, am Ende nur 3. zu werden, war allen - auch mir selber - schleierhaft. Am relativ großen Feld lag es nicht - das hatte ich vom Start weg angeführt, so daß mich niemand behinderte -, sondern einfach daran, daß ich in der Zielgeraden meinen Endspurt nicht wie gewohnt zum Tragen brachte. Was dann? Nein, so schnell bin ich nicht "alt geworden", auch wenn das der sofortige Kommentar aller Beobachter war. Vielleicht wollte mein Unterbewußtsein nicht um jeden Preis gewinnen, und vielleicht unterscheidet dieser unbedingte Siegeswille den ehemaligen Profi-Athleten vom Freizeit-Sportler. Meine Mannschaftskameraden - Ex-Profis - gewannen ihre 200-, 400- und 800-m-Meister-Titel (mit z.T. glänzenden Leistungen), aber sie traten nur in jeweils einer Disziplin an und waren danach so fertig, daß sie darob die 4x100-m-Staffel platzen ließen. Man mag argumentieren, daß es ja der Sinn einer solchen Veranstaltung ist, bei voller Konzentration auf eine Disziplin dort seine beste Leistung zu bringen, und nicht, sie zum "Mehrkampf" umzufunktionieren; da will ich nicht streiten. Aber ich hätte auch nach 5 Einzel-Disziplinen noch die Staffel laufen können, derentwegen die anderen nur für jeweils ein Einzel gemeldet hatten; und dann fielen auch noch alle drei Ersatzleute aus (die wir immerhin hatten!), darunter unser Benjamin. Da er in Lage die DM-Quali für die 1.500-m knapp verpaßt hatte, wollte er die nun hier nachholen und weigerte sich standhaft, für die 4x100-m-Staffel einzuspringen, die - unmögliche Organisation - direkt vor dem 1.500-m-Lauf stattfand. Was er mit dieser Quali wollte, wußte ohnehin niemand, denn wer schon damit Schwierigkeiten hat, läuft bei der DM bloß hinterher; und auch wenn "Dabeisein alles" ist - hier hätten wir endlich mal Meister werden können. Aber wenn er nach der Staffel im Solo gepatzt hätte, wären wir es schuld gewesen... So hatte er keine Ausrede, außer vielleicht einer schlechten Taktik: Drei Runden lang lieferte er sich mit dem Titelverteidiger (und Deutschen Vizemeister) einen aussichtslosen Kampf um die Führung; dann hängte der ihn kaltlächelnd ab, und er wurde "durchgereicht" - die Quali verpaßte er wieder. Auch unser 800-m-Meister M 50 wäre als Ersatzmann für die Staffel in Frage gekommen, aber der baute darauf, daß man ihn für die 4x100 m der M 50 aufstellen würde, die vermeintlich bessere Titelchancen hatte. Aber wie der Zufall es wollte, verletzte sich in der M 50 diesmal niemand (wer angeschlagen war, hatte gar nicht erst gemeldet), und als die Meldefrist für die M 40 abgelaufen war, sah er als Zuschauer, wie die M-50-Staffel ohne ihn lief (und versagte) und wie bei den M 40 - wie jedes Jahr - die LG Hünxe gewann. Die hatte zwei angeschlagene Läufer aufgeboten, die auf alle anderen Disziplinen verzichtet hatten und nur angereist waren, um ihren Staffel-Titel zu verteidigen - das ist Mannschaftsgeist! Auf dem Papier waren es zwar meine bisher erfolgreichsten Nordrhein-Meisterschaften, und ich war wohl auch erfolgreichster Teilnehmer meiner Altersklasse, da man die Monheimer 4x100-m-Staffel um Sportfreund Greimann (der die 200 m gewonnen hatte) wegen Überschreitens der Wechselmarke disqualifizierte; aber in meine persönliche Statistik als Sportler ging das als ein ganz schwarzer Tag ein.
Zwei Tage später wollte ich mich beim Fünfkampf in Kleinenbroich für meine miserable Vorstellung in Lage rehabilitieren - aber der Wettergott war dagegen. Beim Weitsprung schien noch die Sonne, der verlief passabel. Beim Speerwurf begann es leicht zu regnen, aber auch da gelang mir noch eine kleine Verbesserung. Beim 200-m-Lauf auf nasser Aschenbahn (es hatte auch die 24 Stunden zuvor durchgeregnet) und unbequemen 9-mm-Spikes wiederholte ich meine schlechte Leistung von Kevelaer. Beim Diskuswerfen goß es in Strömen - im Ring stand immer ein halber Zentimeter Wasser, der sich auch durch fleißiges Wischen nicht beseitigen ließ. Und die Geräte waren museumsreife Krücken: der Speer an der Spitze abgebrochen, der Diskus aus dem Lot - das einzige bessere Exemplar (made in Ossiland - ein Sportfreund aus Halle hatte es mitgebracht) war beim Einwerfen zu Bruch gegangen. Ein besonderes Erlebnis war der 1.500-m-Lauf im Regen, den ich mit halblangem Radler-Dress (wasserabweisend!) und Schirmmütze bestritt. Alle 7 Teilnehmer des Fünfkampfs hielten tapfer durch. (Die Dreikämpfer hatten mehr Glück gehabt - sie waren die Kurzstrecke noch im Trockenen gelaufen, und Mittelstrecke gab es für sie ja nicht.) Da nach 4 Disziplinen ein Sportfreund in der Gesamtwertung vor mir lag, mußte ich auch noch Tempo machen. Es war ein grausamer Lauf durch die Wasserpfützen der Innenbahn, wieder auf 9-mm-Spikes; aber ich siegte (in bescheidener Zeit) leicht und überrundete sogar noch den letzten Sportfreund vom Hauptfeld - die Zeitdifferenz reichte auch zum Gesamtsieg. Trotz dieser widrigen Bedingungen war es ein netter Nachmittag; für's Wetter konnten die Veranstalter ja nichts; sie hatten sich immerhin Mühe gegeben mit Kaffee und Kuchen - und nach der Siegerehrung gab es sogar Freibier. (Und, für alle Sankt Augustiner Funktionäre, die hier mitlesen: Das Startgeld betrug ganze 8.- DM!) Nächstes Jahr zum 50-jährigen Vereins- und 25-jährigen Wettkampfjubiläum hoffen wir einfach mal auf besseres Wetter.
In der 1. Juli-Woche fanden die Senioren-Einzelmeisterschaften des Kreises Aachen im dortigen Waldstadion statt. Eigentlich ist das eine meiner Lieblings-Bahnen - wenn sie denn trocken ist. Aber auch hier hatte es (entgegen dem Wetterbericht) den ganzen Tag geregnet; gute Zeiten waren da also von vornherein nicht zu erwarten. Kurz vor dem Start zum 800-m-Lauf hörte es auf zu regnen; während ich noch überlegte, ob ich das Radler-Dress wieder ausziehen sollte, wurde zum Start gepfiffen. Da gleich vier Altersklassen - M 30-45 - zu einem irregulären Evolventen-Start ohne Bahneinteilung zusammengefaßt worden waren, gab es gleich zu Beginn ein ziemliches Gedrängel, das ich völlig verschlief; und obwohl ich Ellbogen habe und diese zur Not auch einsetzen kann, hatte ich danach keinen Nerv mehr, mich gegen die jungen Leute "durchzuboxen", und ließ sie laufen. Fünf Minuten vor dem 200-m-Lauf setzte der Regen wieder ein; wir verkrochen uns unter die nächsten Bäume und warteten - solange, bis auch die die Wassermassen nicht mehr abhalten konnten. Die Meisterschaften wurden abgebrochen, und wir fuhren größtenteils unverrichteter Dinge nach Hause - wo dann wieder die Sonne schien.
In der 3. Juli-Woche fanden die Senioren-Europameisterschaften in Finnland statt. Schon im Vorfeld hatte es böses Blut gegeben, denn nicht nur in Sankt Augustin sitzen Halsabschneider. Die Preise für Unterkunft und Verpflegung waren anläßlich des Ereignisses kräftig in die Höhe geschraubt worden. Da Finnland überdies nicht zur Euro-Zone gehört und der Euro mittlerweile weicher ist als die einst so schwache Finnmark, fuhren viele Sportfreunde gar nicht erst hin. (Eigentlich schade, denn die Finnen sind traditionell sehr deutschfreundlich, und auch in Sachen Organisation können sich einige inzwischen mehrere Scheiben bei ihnen abschneiden.) Die aus dem Ostblock konnten es sich meistenteils nicht leisten (Senioren-Sportler sind Amateure!), die aus dem Westen wollten nicht (bis auf die Finnen selber und die Engländer, die ebenfalls nicht zur Arme-Leute-Zone des Euro gehören). Dementsprechend waren, von einigen löblichen Ausnahmen an der Spitze abgesehen, auch die Leistungen, nämlich vielfach grottenschlecht - insbesondere in den Altersklassen M 40-45. Mit der Zeit, in der z.B. die polnische (!) 4x400-m-Staffel Bronze holte, wäre sie bei der vorjährigen Deutschen Seniorenmeisterschaft nicht auf's Treppchen gekommen - unsere Vereins(!)-Staffel war schneller... Weitere Einzelheiten finden sich auf Annette's Seite (s.o.)
In der 1. August-Woche fanden die Deutschen Seniorenmeisterschaften I in Ludwigshafen statt. Meine 400-m-Pechsträhne setzte sich fort. Ich kann einfach morgens nicht laufen (ich trainiere frühestens in der Mittagspause, meist spät nachmittags oder abends), schon gar nicht, wenn ich um 5 Uhr aufgestanden bin. Wenn ich nicht wüßte, daß meine Trainingszeiten gut waren (sehr gut sogar), hätte ich mich gefragt, ob ich nicht doch allmählich alt werde. Andere werden anderes gefragt haben - so wie ich selber es bei manch merkwürdigen Leistungseinbrüchen anderer Sportfreunde tue: Haben die sich schon kaputt gedopt, oder haben sie das Doping plötzlich abgesetzt und daher nichts mehr drauf? Warum trat der zur Zeit beste Leichtathlet meiner Altersklasse in Deutschland, der für alle drei Sprintstrecken gemeldet war, die Startplatzkarte schon abgegeben hatte und der von einem Sportfreund sogar schon im Stadion gesehen worden war, nicht an sondern verschwand spurlos? War er etwa über den großen Schriftzug "Doping-Kontrolle" im Eingangsbereich gestolpert? Andere schienen da weniger Skrupel zu haben; gar mancher Sportfreundin sah man wieder deutlich an, wie gut männliche Hormone anschlagen... Bei den Männern waren die Leistungen erneut miserabel, besonders in den Altersklassen M 40-45, und ganz besonders in unserem Team: Weder unser Hochsprung-Meister noch unser 200-m-Meister konnten ihre Titel verteidigen. Unser Jüngster wurde 27. und vorletzter im 800-m-Lauf (da konnte ich als vorletzter des 400-m-Laufs mit Platz 10 noch von Glück sagen), unsere 1.500-m-Läuferin wurde letzte, ebenso unsere einst so überragende 3x1.000-m-Staffel M 60. Nur für den - lange verletzten - Ex-Weltmeister im Dreisprung, den unser Teamchef zu Beginn der Saison gekeilt hatte, reichte es trotz für ihn nur bescheidener Leistung knapp zum Sieg, ebenso für die 3x1.000-m-Staffel M 50 - bei der hätte freilich Alfred Hermes auch alleine 3.000 m laufen können und gewonnen.
In der 3. August-Woche fanden die Deutschen Seniorenmeisterschaften II in Kevelaer statt. Erneut ein Festival der Enttäuschungen. Unsere 4x400-Staffel M 40, die im Vorjahr Vizemeister geworden war, konnte nicht antreten: Ein Sportfreund hatte seine sportliche Karriere aus gesundheitlichen Gründen beendet, ein anderer war 50 geworden, ein dritter hatte keine Lust mehr, sich zu "quälen". Und so mußten wir denn zähneknirschend mit ansehen, wie eine Gurkentruppe, die Ewigkeiten langsamer lief als wir im Vorjahr, neuer deutscher Meister wurde. Für die 3x1.000-m-Staffel M 40 stellte unser Teamchef ganz ungeniert zwei Leute aus unserer Meisterstaffel M 50 auf. Zwar dürfen Ältere im Prinzip bei den Jüngeren mitlaufen - allerdings nicht, wenn sie schon in derselben Disziplin in einer anderen Altersklasse gestartet sind; wenn also eine der anderen Staffeln Protest eingelegt hätte, wären wir disqualifiziert worden. Aber das war gar nicht nötig... es reichte gerade mal zum 5. Platz, und den neidete uns niemand! Auch unser stärkster 800-m-Läufer erwischte einen schlechten Tag und wurde nur 4. - in Normalform wäre er leicht Meister geworden. Unsere 4x100-m-Staffel überstand den Vorlauf nicht. In der M 50 war allein Alfred Hermes - wer sonst - für einen Titel gut (über 1.500 m), und auch unser ältester Oldie gewann, wie jedes Jahr, den Diskuswurf M 75 - wenigstens das Abonnement auf diesen Titel war also noch nicht abgelaufen.
In der 4. August-Woche fand das Abendsportfest der LG Rhein-Wied in Neuwied statt, auf dem ich einmal testen wollte, ob es wirklich nur an den ungünstigen Tageszeiten lag, daß ich dieses Jahr bei Wettkämpfen dermaßen versagt hatte. Aber davon wurde ich auch nicht schlauer - außer vielleicht im Erfinden von Ausreden. Zwar schaffte ich sowohl über 200 m als auch über 400 m persönliche Jahresbestzeit, aber was besagte das schon in diesem Jahr - an meine Vorjahrsleistungen kam ich nicht annähernd heran. Gewiß, die 200-m-Zeit hätte zur Nordrhein-Meisterschaft gereicht; aber die 400-m-Zeit... Nun ja, abends kurz vor 21 Uhr läuft es sich halt im Ergebnis ebenso schlecht wie morgens um 9 Uhr (die Temperaturen sind in etwa die gleichen); und wenn die Konkurrenz so schwach ist, daß man im Ziel rund 50 (!) m Vorsprung vor dem Zweitplazierten hat, kann halt auch die Zeit nicht berauschend sein.
Eine Woche später fand das Seniorensportfest des PSC in Pulheim statt. Die äußeren Bedingungen waren gut, niemand konnte sein Versagen auf das Wetter oder die Laufbahn schieben - umso schlimmer: Die 100 m konnte ich zwar gewinnen (in äußerst bescheidener Zeit, die anderen waren halt noch langsamer), aber über 400 m mußte ich mich erneut dem Nordrheinmeister geschlagen geben (die Zeit: noch langsamer als in Neuwied). Ein Trost im Hinblick auf die Endrunde der DAMM blieb uns: Einer schlechten Generalprobe folgt ja oft ein gelungener Auftritt, und viel schlimmer konnte es eh kaum noch kommen.
In der 2. September-Woche fand die Endrunde der DAMM in Gütersloh statt. Auf dem Papier hatten sowohl unsere 40er als auch unsere 50er die stärksten Mannschaften allen Zeiten, und wir gingen erstmals als Favoriten ins Rennen. Zumindest in der M 40 verbarg sich hinter dieser schönen Fassade allerdings nur ein trauriges Lazarett. Unser bester Hochspringer hatte seit dem Frühjahr keinen Wettkampf mehr bestritten und trat nicht an - mit ihm fiel zugleich unser 3. Weitspringer, Sprinter und Staffelläufer aus. Unser bester 800-m-Läufer (und 2. Mann in der Staffel) hatte sich beim Fußballspielen eine Rippenprellung zugezogen und konnte zur zuschauen. Unser bester Sprinter - frisch gebackener Vize-Europameister mit der 4x100-m-Staffel - hatte Adduktoren-Probleme und sah ebenfalls nur zu. Unser bester Weitspringer und Kugelstoßer war verletzt, ebenso unser 2. Kugelstoßer; aber mangels Ersatz wollten sie die Zähne zusammenbeißen und antreten. Dennoch spielte unser Teamchef wohl bis kurz vor Wettkampfbeginn mit dem Gedanken, die M 40 zurückzuziehen; erst 10 Minuten vor dem Start trudelte ich ein, und sage und schreibe 1 (!) Minute vor dem Start unser zweiter Mehrkämpfer. In aller Eile wurde ein Notprogramm aufgestellt: Die Mehrkämpfer machen Hochsprung, Sprint und Staffel; die 800 m läuft unser 2. Langstreckenläufer, und am Ende bei der Staffel hilft der liebe Gott und jeder, der noch auf zwei Beinen stehen kann. Wie durch ein Wunder waren wir nach 800 m und Hochsprung wieder in Führung, wie jedes Jahr, aber unsere verletzten Kugelstoßer warfen uns auf Platz 3 zurück. Unser bester Diskuswerfer leistete sich den Luxus dreier Fehlversuche, den letzten warf er auf Sicherheit mit für ihn jämmerlichen 33 m - unser 2. Mann schaffte es sogar, noch 3 m weniger zu werfen. Beim Sprint waren wir chancenlos; an diesem Tag waren wir beiden Mehrkämpfer einfach nicht in der Lage, den Spezialisten der anderen Teams Paroli zu bieten, und schon gar nicht, unseren verletzten Crack zu ersetzen. Inzwischen waren wir auf Platz 4 in der Gesamtwertung zurückgefallen. Aber unsere M 50 schien einer ungefährdeten Titelverteidigung entgegen zu laufen. Allein Alfred Hermes war schon die halbe Miete. Wiewohl er unter der Woche die 3.000 m wettkampfmäßig (und in einer Weltklassezeit) gelaufen war, gewann er die 800 m souverän. Der beste Sprinter war verletzt (als einziger), und seine Vertreter patzten, aber sie machten das im Hochsprung wieder gut. 3.000 m. Alfred war eine Bank. Und just am Morgen hatte sich der 2. Langstreckenläufer, der lange Zeit verletzt war, wieder einsatzbereit gemeldet, so daß wir uns den Luxus leisten konnten, den 3. Mann (der auch schon die 800 m in den Beinen hatte) für die Staffel zu schonen. Für ihn lief der 4. Kugelstoßer, da er schon mal angereist war, nur aus Spaß, um mal zu sehen, ob er 3.000 würde durchhalten können, und sei es als letzter - der 3. Mann kommt ja nicht in die Wertung. Aber dieser Schachzug sollte sich bitter rächen: Nach 1.000 m brach bei unserem 2. Mann die Verletzung wieder auf, und er mußte aufgeben. "Das kostet die Meisterschaft," wußte unser Teamchef gleich, denn unser Kugelstoßer schaffte es zwar, überrundet und abgeschlagen als vorletzter durchs Ziel zu kriechen; aber der Punkteverlust war nicht zu verkraften - zumal die LG Bielefeld durch zwei Aufsteiger aus ihrer vorjährigen Meistermannschaft M 40 in die M 50 auch ein starkes Team hatten, das schließlich verdient Meister wurde und unsere M 50 auf Platz 2 verwies. Unsere M 40 hatte der Teamchef unterdessen schon abgeschrieben; aber fast unbemerkt hatten unsere Langstreckenläufer und Weitspringer zwar keine überragenden, aber sehr solide Leistungen abgeliefert - und auch die anderen kochten ja nur mit Wasser und beklagten verletzungsbedingte Ausfälle. Ich studierte den Punktezettel: "Wir brauchen nur Quelle Fürth in der Staffel um 23/100 zu schlagen, und Bürstadt muß den Stab verlieren, dann sind wir Meister." - "Welche Staffel? Wir haben ja gar keine!" Am Ende mußte sich unser verletzter 800-m-Läufer doch noch das Sportdress überstreifen - und an ihm hätte es nichtmal gelegen. Aber unser zweiter Mehrkämpfer verpatzte - wie schon zwei Jahre zuvor bei den Nordrhein-Meisterschaften - den Wechsel (an mir lag es nicht!), und der kostete uns ziemlich genau die 3 Zehntel, die uns am Ende fehlten. Eine der Bürstädter Staffeln ließ tatsächlich den Stab fallen, aber sie hatten zwei (welch ein Luxus!) - und der Punktevorsprung war einfach zu groß. So wurden sie endlich Meister, nachdem sie im letzten Jahr so unglücklich und knapp gescheitert waren, und wir wurden wieder Dritter - angesichts unserer Verletzungsmisere immer noch ein mittleres Wunder.
Und die Lehren aus dieser Veranstaltung? Die 1. ist immer die gleiche: Vor einem Wettkampf nicht mehr scharf trainieren - Verletzungsgefahr. Wenn man sich dennoch verletzt und/oder sonst gesundheitlich nicht 100%ig fit ist: NICHT ANTRETEN, denn man tut damit weder seinem Körper noch seinen Mannschaftskameraden einen Gefallen. Uns hat es "nur" eine Meisterschaft gekostet, zwei Läufer am nächsten Tag beim Berlin-Marathon das Leben :-(((.
2. Alter schützt vor Leistung nicht. Bei den Frauen startete für Heidelberg Altmeisterin Brigitte Berendonk im Kugelstoßen und Diskuswurf, die einsame und mutige Ruferin in der Doping-Wüste. Sie trat bei den 30ern an, obwohl sie selber schon Ende 50 ist - die man ihr übrigens nicht ansieht. Sie wirkte auch gar nicht wie eine Werferin (die man sich ja heute nur noch als anabolisierte Mastkälber und Matschkühe vorstellen kann), sondern fast zierlich, und dennoch war sie den meisten ihrer jüngeren Konkurrentinnen noch immer haushoch überlegen. "Was hast Du bloß für Latschen an?" fragte ich sie. "Oh, ich habe ganz kurzfristig erfahren, daß ich einspringen muß, da habe ich meine alten Sportschuhe nicht mehr wiedergefunden." Trainiert hatte sie also auch nicht... Und wie erklärt sich diese tolle Leistung im hohen Alter? Für mich nur dadurch, daß sie sich ihren Körper in jungen Jahren nicht durch Doping ruiniert hat - und das ist zugleich die 3. Lehre aus diesem Tag.
In der 2. Dezember-Woche fand das Hallen-Hochsprung-Meeting des TuS Wessling in Wesseling statt, das erste, an dem ich seit 31 Jahren teilnahm. (Damals hatte ich die regelmäßig gewonnen - Hochsprung war die einzige Disziplin, in der es bei mir als Jugendlicher mal zu Meisterehren reichte -, aber da sprang ich auch noch höher...) Leider war es erschreckend schlecht besucht - praktisch war es ein Städte-Vergleich Wesseling gegen Pulheim. Angesichts der zurückliegenden Saison hatte ich mir schon mal ein paar Ausreden zurecht gelegt, warum es wieder nichts werden konnte: Die Halle war nicht mit Tartan-Matten ausgelegt, wir mußten also in Turnschuhen springen, und ich hatte eine Woche wegen Grippe nicht trainieren können. Aber ganz so schlimm wurde es dann doch nicht, ich gewann meine Altersklasse sogar in persönlicher Jahres-Bestleistung (was zwar in diesem Jahr nicht viel besagt, aber mit der Höhe, wenn ich sie denn im Sommer gebracht hätte, wäre ich immerhin Nordrhein-Vizemeister geworden). Und in der Gesamtwertung sprangen auch nur zwei 17-jährige höher als ich - davon einer so hoch, wie ich schon mit 13 Jahren gesprungen war... Tagesbester war ausgerechnet der einzige Teilnehmer, der nicht aus Wesseling oder Pulheim kam - so eine Blamage! Aber wir waren uns alle einig, daß es nächstes Jahr nur besser werden kann. ;-)
P.S.: Verschiedentlich bin ich gefragt worden, warum ich diese Seite "am Stück" geschrieben habe, also ohne "Frames" zum schnelleren "Springen" von einem Textbaustein zum (über-)nächsten. Die Antwort ist ganz einfach, aber durchaus ernst gemeint: Ich möchte mir nicht vorwerfen müssen, irgendjemanden zur Unvernunft verführt zu haben. Wer in den Wettkampfsport einsteigt, ohne zuvor das Sportabzeichen erworben zu haben, wer sich an dessen Prüfungen versucht, ohne zuvor ordentlich trainiert zu haben, wer scharf trainiert, ohne sich ordentlich aufgewärmt zu haben, wer sich ohne die richtige Kleidung, das richtige Schuhwerk oder die richtige Ernährung auf den Sportplatz begibt und sich dabei gesundheitliche Schäden zuzieht, kann jedenfalls nicht behaupten, daß die Reihenfolge, mit der ich diese Punkte hier abgehandelt habe, daran schuld sei.
Und nun all denen (hoffentlich der Mehrheit), die diese Ratschläge vollständig gelesen und beherzigt haben: viel Spaß und gutes Gelingen!