Taiwan-Info

Chronologie der politischen Entwicklung Taiwans

 
 

Januar - Juli 1990

   
20.1.1990: Wahl der Abgeordneten der Kreisparlamente (1) und der Gemeindevorsteher (2). Die Wahlbeteiligung erreicht 71%:
(1): KMT 61,9% (Sitze: 69,83%), DFP: 11,3% (5,82%), andere Oppositionelle: 26,8% (24,35%).
(2): KMT 71,7% (85,11%), DFP: 9,6% (1,94%), andere Oppositionelle: 18,7% (12,9%): der KMT-Anteil an den zu vergebenden
Ämtern verringert sich um 9% im Vergleich zur Vorwahl, doch erzielt sie ein prozentual besseres Ergebnis als bei den Dezemberwahlen. Die KMT behält in allen Kreistagen außer dem Kreis Gaoxiong die absolute Mehrheit.
   
11.2.1990: Tagung des Zentralen Exekutivkomitees der KMT: Nominierung des Präsidentschaftskandidaten: Li Denghui will Li Yuancu als Vizepräsidenten. Li Huan, Hao Bocun u.a. Gegner der "Doppel-Li"-Lösung wollen Lin Yanggang (ebenfalls ein einheimischer Taiwanese) und Jiang Weiguo als Präsidentschaftskandidaten. In dem daraufhin entbrennenden Streit fordern Konservative daher eine geheime Abstimmung "im Geiste der Demokratisierung". Li Denghui reagiert darauf mit dem Vorschlag der Vermittlung durch acht prominente Honoratioren der Partei ("ba dalao" <八大老>), die zu folgendem Kompromiß führt: Li will den Stil der "Alleinherrschaft" ändern, in der Partei soll ein System der "kollektiven Führung" eingeführt werden und die Regierung soll wie ein Kabinettssystem funktionieren.
   
19.2.1990: Proteste für die vollständige Direktwahl des Parlaments. Bei der Eröffnung der Nationalversammlung kommt es zu Tumulten.
   
9./10.3.1990: Lin und Jiang ziehen ihre Präsidentschaftskandidatur zurück.
   
12.3.1990: DFP-Abgeordnete werden von der Nationalversammlung - deren Funktion praktisch nur darin besteht, den Präsidenten zu wählen - ausgeschlossen (in ihrer Eidesformel hatten sie vom "Volk von Taiwan" statt dem "Volk der Republik China" gesprochen).
   
14.3.1990: Die Nationalversammlung erweitert ihre eigenen Befugnisse und erhöht die Diäten.
   
14.-21.3.1990: Es kommt zu einer Serie von Demonstrationen, zu einer "Belagerung" des "Yangmingshan" <陽明山> (der Nationalpark im Norden Taipeis und Sitz der Nationalversammlung) mit der Hauptforderung, daß die "alten" Abgeordneten, die immer noch die Mehrheit in der Nationalversammlung haben, abtreten sollen. Die Opposition versucht praktisch, die Präsidentenwahl zu verhindern.
   
19.3.1990: Treffen von des KMT-Generalsekretärs Song Chuyu <宋楚瑜> mit dem DFP-Vorsitzenden Huang Xinjie <黃信介>.
   
21.3.1990: Der Präsident trifft mit 50 Studentenvertretern zusammen und kündigt eine "Konferenz über nationale Angelegenheiten" ("guoshi huiyi" <國是會議>), eine Art "runder Tisch" von Regierungspartei und Opposition, um sich über weitere Reformschritte zu einigen. Li Denghui und sein Stellvertreter werden von der Nationalversammlung mit über 90% gewählt Zugleich nimmt die Nationalversammlung ihre erweiterten Befugnisse zurück.
   
2.5.1990: Li Denghui kündigt an, den General, früheren Generalstabschef und jetzigen Verteidigungsminister, Hao Bocun <郝伯存> am 20. Mai zum Ministerpräsidenten zu ernennen, wozu er jedoch die Zustimmung des Gesetzgebungs-Yuans benötigt. Daraufhin kommt es zu Demonstrationen gegen die Beteiligung von Militärs an der Regierung.
Probleme: im Gesetzgebungs-Yuan sind
über 60% der Abgeordneten nicht legitimiert (in der Nationalversammlung 89%), nur 8% der Abgeordneten werden von der Opposition gestellt. Nun wenden sich auch jüngere KMT-Mitglieder gegen die alten Abgeordneten.
Seit 1969 fanden wegen der Bev
ölkerungzunahme Wahlen von "ergänzenden" ("zeng'e" <增額>) Abgeordneten statt, ab 1972 Wahlen "zusätzlicher" Abgeordnete für Taiwan statt.
Der Gouverneur der Provinz Taiwan sowie die B
ürgermeister von Taipei und Gaoxiong werden von der Zentral-regierung ernannt, zumindest für die Bürgermeister werden nun allgemeine Wahlen angekündigt.
Ein weiteres Problem ist der Kompetenzstreit zwischen Pr
äsident und dem Exekutiv-Yuan, da aufgrund von Unklarheiten in der Verfassung nicht geklärt ist, ob Taiwan nach einem Präsidialsystem oder nach einem Kabinettssystem arbeitet.
Li Denghui verf
ügt über keine Hausmacht, regiert aber mit "starker Hand".
In der Frage der Unabh
ängigkeit Taiwans fährt Li einen Zick-zack-Kurs: offiziell ist das Eintreten für die Unabhängigkeit verboten, öffentliche Forderungen werden aber geduldet.
   
19.5.1990: Deng Xiaoping erklärt gegenüber einem alten KMT-Veteranen bei einem Besuch in Beijing, daß innerhalb von zwei bis drei Jahren zur "Wiedervereinigung" kommen werde.
   
20.5.1990: Amtsantritt von Li: er kündigt an, die "Periode der Mobilmachung" ("kanluan shiqi" <勘亂時期>)zu beenden, die damit zusammenhängenden "provisorischen Bestimmungen" ("linshi tiaokuan" <臨時條款>) aufzuheben, eine vollständige Neuwahl der Nationalversammlung durchzuführen, die Selbstverwaltung auf Provinzebene zu verwirklichen und ein gleichberechtigtes Verhältnis mit China anzustreben, wenn dort Demokratie und Marktwirtschaft herrschen und auf Gewaltanwendung gegen Taiwan verzichtet wird. 27 politische Gefangene werden begnadigt (Xu Xinliang, Shi Mingde <許信良、施明德>). Die "Konferenz über nationale Angelegenheiten" ("guoshi huiyi" <國是會議>) soll von 28.6.-2.7. stattfinden.
   
29.5.1990: Wahl von General Hao Bocun zum Ministerpräsidenten: es kommt zu Demonstrationen mit Sachschäden und Verletzten und handgreiflichen Auseinandersetzungen im Gesetzgebungs-Yuan. Hao wird mit 81,58% gewählt. Keine größeren Konflikte mit Li. Hao kümmert sich wenig um die "große Politik", sondern mehr um die Kriminalitätsbekämpfung u.a. Fragen der Innenpolitik. Zwei parteilose Oppositionelle werden Minister: Huang Shicheng (Minister ohne Geschäftsbereich) und Frau Zhang Boya (Amt für Gesundheitswesen).
   
16.6.1990: Gemeinderatswahlen: die KMT erhält 76,9% der Sitze, DFP: 1,95%, Parteilose: 20,97%. Dorf- und Nachbarschaftsälteste: KMT: 79,89%, 0,18% DFP, Parteilose 24,98%: der hohe Anteil von Parteilosen geht auf die Wahl einflußreicher Lokalgrößen zurück, wobei auch Bestechung, Stimmenkauf und Erpressung eine Rolle spielen. Der geringe Anteil der DFP liegt an ihrer organistorischen Schwäche an der Basis, am Mangel geeigneter Kandidaten und daran, daß auf der lokalen Ebene persönliche Beziehungen eine wichtigere Rolle spielen als die große Politik. Dennoch erhält die KMT 4-7% weniger Stimmen als vier Jahre zuvor.
   
21.6.1990: Der "Rat der Hohen Richter" des Justiz-Yüan, der die Verfassung auslegt, bestimmt, daß alle "alten" Abgeordneten bis Ende 1991 zurücktreten müssen. Zuvor schon hatte die KMT beschlossen, die Neuwahlen in drei Stufen zu verwirklichen). In der Nationalversammlung sitzen 612 "alte" Abgeordnete und 80 "zusätzlich" gewählte, im Gesetzgebungs-Yuan ist das Verhältnis 138:129, im Kontroll-Yuan 19:31.
   
   
   
   
 
   
   
 

Juli - Dezember 1989

Juli - Dezember 1990

     
 

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